Seite 50 - lausebande-07-2014

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Kolumne :: Seite 50
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
unser „Herr der Ringe“-Spiel und erzählte immer
wieder, wie spannend die Reise von Frodo durch
die vielen Berge ist, nur komisch, dass nie ein Meer
vorkommt. Ist bestimmt auch nicht so spannend
wie dunkle Berge, tiefe Täler und geheimnisvolle
Höhlen. Dazu gab es Toblerone zum Naschen und
ich brach ihm mit dem Ausruf „Knack dir den Gip-
fel der Genüsse“ immer das größere Stück ab. Ich
sah uns mit einem klaren 3:1 in die Berge reisen
und suchte schon die passenden Angebote zurecht.
Am Tag der Wahrheit kam aber alles ganz anders.
Mit siegessicherer Miene sammelte ich am Abend
des dritten Tages die Blätter ein – und staunte nicht
schlecht, als bei den Kids auf der guten Seite nur
Sand, Strand, Muscheln, Baden, Strand-Drachen-
steigen, Bernstein sammeln und dergleichen mehr
auftauchten. Was sie nicht wollten? Seilbahn fah-
ren, Berge besteigen und schon gar nicht Höhlen
besichtigen. Ich hatte die Rechnung mal wieder
ohne die weibliche Intuition gemacht.
Wie sich herausstellte, hatte meine bessere Hälfte
die Kids früher von der Schule abgeholt und einen
Nachmittag mit vielen TV-Dokumentationen und
einer Diashow vorbereitet. Von Seilbahnunglücken
über tödliche Wanderunfälle in den Bergen bis zum
verunglückten Höhlenforscher war alles dabei.
Wenn selbst ein Forscher nicht mehr aus seiner
Höhle findet, wie sollten wir das dann schaffen?
Selbst meine verzweifelten Versuche mit Geschich-
ten vom lieben Onkel Rübezahl und mystischen
Berggeistern brachten keine Punkte mehr. Auch da
wurde mit Videos von wilden Bären vorgesorgt, die
in den Bergen leben und nur auf leckere Kinder aus
der Lausitz warten.
Schließlich strahlte mich meine Kleine auch noch
an und sagte mir: „Papa, wir haben auch eine ganz
tolle Überraschung, extra für dich“. Weil ich doch
die ganze Zeit von Bergen schwärmte und sang, ha-
ben Sie den Urlaubsort am Nachmittag schon extra
für mich ausgesucht. Es geht nach Bergen, auf die
Insel Rügen. Mit Kreidefelsen und einer geheim-
nisvollen Höhle, fügte mein Kleiner stolz hinzu.
Ich quälte mir ein „Yuhu, das habt ihr aber toll ge-
macht“ ab, meine Frau hatte wirklich ganze Arbeit
geleistet.
Euer lausitzDADDY
Endlich ist die Urlaubszeit ran und in die-
sem Jahr hatte ich eine grandiose Idee.
Alles begann damit, dass meine bessere
Hälfte ans Meer wollte, ich aber in die Berge. Nach
einem Abend Argumentation stand es Unentschie-
den – und ich durfte mir anhören, dass sie ja so-
wieso wieder die ganze Arbeit hat. Mit der Urlaubs-
vorbereitung, der Planung der Unternehmungen,
der Verpflegung. Ich würde ja wieder auf den letz-
ten Drücker aus dem Büro kommen und mich nur
noch ins gepackte Auto setzen. Verdammt, sie hatte
so Recht. Aber ich wollte in die Berge und zog am
nächsten Tag meinen Joker: mit diversen Fachbei-
trägen aus dem Internet, die fürsorglichen Eltern
die vielen Vorteile schilderten, den Familienurlaub
gemeinsam mit den Kids zu planen. Ich redete ihr
erfolgreich ein, dass wir doch pädagogisch vorbild-
lich sein wollen und unsere Kids jetzt groß genug
seien, um mitzuentscheiden und mitzumachen. Ich
nehme mir auch einen Tag früher frei und packe
alle Koffer. Damit hatte ich sie.
Am nächsten Abend berief der Super-Urlaubsdaddy
eine Familienkonferenz ein. Jeder bekam ein Blatt
Papier, das in zwei Hälften unterteilt war. Links
durfte jeder hinschreiben, was er sich für den Som-
merurlaub wünscht und rechts, was er überhaupt
nicht will. Drei Tage hatte jeder Zeit. Meine bessere
Hälfte erahnte zum Glück nichts von meinem Mas-
terplan. Abends legte ich meiner Kleinen immer
Heidi-Hörspiele ein „Heidi, Heidi, deine Welt sind
die Berge“ sang ich fröglich mit. Mit meinem Juni-
or spielte ich zu seiner großen Freude stundenlang
Noch nicht genug gelacht?
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