Seite 44 - lausebande_070812

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Kolumne :: Seite 44
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stolz unseren neuen Rasenmäher. Zwar von der
Topmarke „Gardena“, aber ein Teil mit Handbe-
trieb. Ich dachte, die Dinger wären im Osten aus-
gestorben. Jetzt verstehe ich auch den Slogan von
Gardena: „Erlebe deinen Garten“. Ja, ich durfte ihn
das ganze Wochenende erleben, denn bei Handbe-
trieb kam nur Papa durch. Wie Achilles kämpfte ich
mich mit der rotierenden Gardena-Rolle durch die
grasgewordenen Hulks. Zentimeter für Zentimeter
wurde ich zum Superdaddy der Landgewinnung.
Nur meine Kleine sorgte für Unterstützung und
klackerte mit ihrem kleinen Plaste-Spielzeugrasen-
mäher in der von mir gemähten Spurrinne hinter
mir her. Als ich nach zwei Stunden schweißüber-
strömt nach Luft schnappte, schaute sie mich ganz
verwundert an. „Das geht doch pipelpopelleicht,
Papa“ – so der Kommentar der Tochter des Hand-
rasenmähermanns.
So schuftete ich mich durchs Wochenende und
machte erst am Folgetag eine Pause, als der erleg-
te Rasen zu mehreren Riesenhaufen aufgeschichtet
war, die man selbst vom Mond aus neben der Chi-
nesichen Mauer betrachten konnte. Eigentlich woll-
te ich die Arbeit erst beenden und die Haufen auf
unserem Abhang hinterm Garten entsorgen. Aber
Kaffee und Kuchen waren stärker – und ich war ja
auch fast fertig. Nach einstündiger Pause mit zwei
Folgetassen Ausrede-Kaffee (Sie wissen schon: Kaf-
fee, den man noch hinterher trinkt, um eine Aus-
rede für wartende Arbeit zu haben) wurde ich für
meine fehlende Konsequenz von unserer Kinder-
schar abgestraft. Die Grashaufen hatten nämlich
zwischenzeitlich als Hüpfburgen, Fluglametta und
für wahre Rasenschlachten gedient. Einer von den
großen Jungs hatte seine helle Freude daran, wie
unser Laubbläser die Luft ringsum mit Gras grünte.
Überall war Gras. Überglücklich strahlte mich mei-
ne Kleine an und dankte mir für den großen Spaß,
den ich allen ein ganzes Wochenende mit dem Ma-
chen der Riesenhaufen vorbereitet habe. Ich sei
doch der beste Papa der Welt. Wie machen Kinder
das nur – auf der Stelle war die Wut weg und but-
terweich machte ich mich ans Aufräumen. Na ja,
nächstes Jahr kaufen wir Schafe!
Euer lausitzDADDY
Ja, ich bin oft ein etwas verkopfter Büro-
mensch. Am Schreibtisch kenne ich mich
aus, hier gehört mir die Welt. Am Wochen-
ende entdecke ich hingegen immer wieder unbe-
kannte Universen, in denen ich als Teilzeitgast mal
besser, mal schlechter funktioniere. Ein solches ist
unser Garten, der mehr ein großer Spielplatz als ein
Pflanzkulturgebiet ist. Ich dachte immer, das wür-
de die Gartenarbeit auch leichter machen – überall
Wiese und keine Radieschen oder Möhren, die man
vereinzeln oder entunkrauten muss. Allerdings
beschenkte uns unser Nachbar in diesem Jahr mit
einem Beutel Rasendünger, den er irgendwo abge-
staubt hatte. Seitdem habe ich den Glauben an pfle-
geleichten Rasen verloren. Wahrscheinlich handel-
te es sich bei dem Dünger um Wachstumshormone
für schnellwachsenden Bambus, die 25 Jahre in
einer Lagerhalle neben dem Reaktor Tschernobyls
vor sich hinmutierten. Jedenfalls wurde aus jedem
einzelnen Grashalm unserer Spielsteppe ein wahrer
Hulk der Pfanzenwelt. Als wir nach einem Kurz-
urlaub von nur einer Woche zehn Tage nach der
Düngung den Garten betraten, kam mir beim Blick
in den Garten jedenfalls der Gedanke, an Ort und
Stelle ein Biomassekraftwerk zu errichten.
Mein einziger Gedanke war: Ein Glück, dass wir
vier Kinder haben. Und das in unterschiedlichsten
Größenverhältnissen, passend für jede Gartenecke.
Doch dann präsentierte mir meine bessere Hälfte
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters