Seite 36 - lausebande_09-2013

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und wird entsprechend seinen Möglichkeiten ge-
fördert. Es gibt kein Sitzenbleiben wie in Deutsch-
land, stattdessen setzt eine individuelle Förderung
ein. Schon in finnischen Kitas herrschen ganz
andere personelle und materielle Ausstattungen
vor. Die öffentliche Schule genießt hohes Ansehen
und großes Vertrauen. 1972 wurde in Finnland das
Bildungssystem umgestellt. Seitdem lernen die
Kinder bis zur 10. Klasse ohne Wechsel der Schul-
form gemeinsam und trotz des Ausgleichs sozia-
ler Defizite ist die Abiturquote hoch und die Leis-
tungsspitze sehr breit, Lust und Leistung passen
hier zusammen. Für die Bildung der Kinder werden
hohe Steuern akzeptiert. Schule wird nicht nur als
Vorbereitung auf den Beruf und die Wirtschaft ver-
standen, sondern als Lebensschule und Bildung
als Wert an sich. Schulen und Schüler bestimmen
in hohem Maß selbst die Art und Intensität ihres
Lernens. Auch hat der Lehrerberuf und die Schule
als Lebensort in diesen Ländern einen viel höheren
Status. Diese Qualität wird zudem mit geringem
Verwaltungsaufwand durch eine starke Kommuna-
lisierung umgesetzt, die Verantwortung bleibt vor
Ort. Die Kommunen bekommen das Geld für die
Schulen und entscheiden ohne Landesbürokratie,
ob sie es in Schwerpunkte, Personal, Fortbildung
oder Ausstattung stecken. Dass in Deutschland 16
Länderinstitute zur Qualitätsentwicklung arbeiten,
dürfte in Finnland niemand verstehen. Ironie: PI-
SA-Ergebnisse und der internationale Wettbewerb
spielen ausgerechnet bei Europas Besten keine tra-
gende Rolle in der Diskussion über Schule.
Früher bestimmten in deutschen Gemeinden der
Bürgermeister, der Pfarrer und der Lehrer die Ge-
schicke, heute gelten viele „Pauker“ eher als das
notwendige Übel. Auch hier hat Deutschland viel
Aufholbedarf. Die Wahl zum Lehrer des Jahres in
einigen Bundesländern wie auch Brandenburg
wird daran nichts ändern. Viel wichtiger scheint
es, die Lehrer früh auf den Umgang mit der eben-
so zunehmenden Vielfalt der Eltern vorzubereiten
und wie für die Schüler auch hier die richtigen
Methoden und die Unterstützung an die Hand zu
geben. Denn auch das zeichnet die Bildungsgewin-
ner aus: Die hochqualifizierten Lehrer arbeiten im
Team mit Sozialarbeitern und Sonderpädagogen
und die Schulen gehen sehr offen mit Ergebnissen
um. Das reicht soweit, dass Eltern im Internet ge-
nau nachlesen können, wo die Schule im Vergleich
zu anderen steht und was gut und was weniger gut
läuft. Diese Transparenz sucht man bei deutschen
Schulen vergebens.
Im Vergleich zu den Bildungsgewinnern macht
sich Deutschlands Bürokratie als starkes Hinder-
nis bemerkbar: 16 Systeme mit Landesinstituten,
Schulaufsicht, Schulämtern etc. – selbst im Föde-
ralismus kann man das Verschlanken und mehr
Verantwortung an die Schulen und Kommunen vor
Ort delegieren.
Frühkindliche Bildung
Der Besuch des Kindergartens bereits ab dem drit-
ten Lebensjahr erhöht bei Kindern, deren Eltern
höchstens über einen Hauptschulabschluss verfü-
gen, die Wahrscheinlichkeit des späteren Besuchs
eines Gymnasiums um 80 Prozent! In Deutschland
verfügen 3 Prozent der Gruppenleiterinnen und 22
Prozent der vom Gruppendienst freigestellten Ki-
taleiterinnen über einen akademischen Abschluss.
In Dänemark sind es 60 Prozent, in Schweden 50
Prozent, in Finnland bestimmt das Gesetz, dass je-
der dritte Beschäftigte einer Kita den Bachelor- oder
Masterabschluss hat. Allein diese wenigen Zahlen
machen klar, wie wichtig schon die frühkindliche
Bildung für den späteren Schulerfolg und wie ge-
ring die fachliche Qualität deutscher Kitas ist. Vor
diesem Hintergrund ist das aktuelle Bestreben der
Bundesregierung für flächendeckende Kitaplätze
zwar der wichtigste Baustein für den Erfolg des Bil-
dungssystems. In Brandenburg verfügen wir aber
schon über ausreichend Kitaplätze, hier geht es vor
allem um die Qualität. Viele Erzieher arbeiten zu
Niedriglöhnen in Teilzeit oder beginnen als gering
qualifizierte Quereinsteiger. Wer gerade den Kampf
Deutschen Kitas fehlen Bildungspläne