lausebande-09-2022

90 › Titelthema für alle Kinder. Leider gibt es in unserer Leistungsgesellschaft, die schon ab der ersten Klasse Kinder mit Zensuren vergleicht, den Trend, immer alles besser machen zumüssen. Das spüren auch unsere Kinder. Umso schöner ist es, wenn sie zu Hause so sein können wie sie sind, ohne Vergleiche und Maßstäbe, ohne Leistungsstreben. Fördern Sie stattdessen die Talente, Interessen und Stärken jedes einzelnen Kindes. Geschwister versuchen sich ohnehin voneinander abzugrenzen und ihre eigene Identität zu finden. Umaus diesem ständigen Vergleichs- und Konkurrenzdenken herauszukommen, sollten Geschwister ihre Nischen haben, in denen nur sie glänzen können und ihre Erfolge erzielen. Bei ausgeprägter Rivalität ist es daher wenig ratsam, dass Geschwister dem gleichen Hobby nachkommen. Das gleiche Hobby kann einerseits den Alltag stressfreier machen, weil so weniger Fahrten im Elterntaxi und Termine anfallen. Aber der direkte Vergleich bei Wettkämpfen oder Auftritten kann für das unterlegene Geschwisterkind ziemlich frustrierend sein. Geschwister vergleichen sich ohnehin ständig: Sie achten ganz genau darauf, ob die elterliche Zuneigung gleich verteilt ist, ob einer größere Geschenke zu Weihnachten bekommt, ob eine das größere Stück Kuchen bekommt. Dieses Vergleichen sollten Eltern nicht noch befördern, sondern allen Kindern immer wieder klar machen, dass sie sie genau so mögen, wie sie sind. Streit und Rivalität: schlichten oder richten? Wer mehrere Kinder hat, kennt die gesamte Spielwiese geschwisterlicher Hassliebe: Sie können sich aneinander reiben, streiten bis es Tränen gibt, um kurz darauf einträchtig miteinander ein Lego-Haus aufzubauen, sie können sich gemeinsam gegen die Eltern verbünden, sie können auf dem Schulhof aufeinander achtgeben. Der kleine Bruder kann heute tierisch nerven und morgen bester Kumpel sein. Kaum eine Beziehung ist so facettenreich wie die von Geschwistern und wohl in kaum einer anderen Beziehung vollzieht sich der Wechsel zwischen Zwist und Zusammenhalt so oft und so schnell wie unter Geschwistern. Sind sich die beiden eben noch fast an die Gurgel gegangen, spielen sie zwei Minuten später einträchtig miteinander. Für Eltern kann das durchaus nervenaufreibend sein. Denn beim Streit wird es oft laut, da fliegen schon mal Spielzeugautos oder Türen – und nie weiß man so genau: Sollte ich jetzt eingreifen oder regeln die Beiden das unter sich? Die Antwort von Fachleuten ist recht eindeutig: streiten lassen. So lange nicht ein Kind deutlich körperlich unterlegen ist oder kein Blut fließt, halten sich Eltern besser heraus. Der Versuch des Schlichtens oder gar des Richtens scheitert meist ohnehin. Wenn wir vergebens versuchen, den Schuldigen zu finden oder herauszubekommen, wer denn nun angefangen hat, hilft das keinem der Beteiligten weiter. Wenn wir trotzdem das Gefühl haben, dazwischen gehen zu müssen oder wenn sich eines der Kinder lautstark bei uns über sein Geschwisterkind beschwert, sollten wir die Streithähne ermuntern, selbst eine Lösung zu finden: „Was schlagt ihr vor, was ihr jetzt machen könntet, damit ihr weiterspielen könnt?“ So unterstützt man Kinder, eine Streitkultur zu erlernen. Manchmal hilft es schon zu trösten und eines der Kinder aus der Situation herauszunehmen. Noch mehr Tipps für den Umgang mit Geschwisterstreit finden Sie am Ende des Themas im Interview mit dem Sozialpädagogen Ulric Ritzer-Sachs. Im Idealfall kommen die Kinder mit der Zeit immer seltener „petzen“ und einigen sich allein. Das so im geschützten Raum der Familien erlernte Verhandlungsgeschick kann später außerhalb der Familie nützlich sein. Denn einen Vorteil hat das Streiten mit Geschwistern: Egal wie böse der Zoff war, man kann sich ziemlich sicher sein, dass man einander verzeiht. Freundschaften dagegen können an einem Streit im Zweifel auch zerbrechen, Geschwisterbande aber bleibt. Trotzdem kann es hilfreich sein, ein paar grundlegende Streitregeln einzuführen, die für alle Familienmitglieder gelten. Wie streng diese sind, hängt vom Temperament der Kinder (und auch Eltern) So innig ist die Geschwisterbeziehung nicht immer. Dann braucht es Geduld und Gelassenheit.

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