lazsuebande-09-2023

Titelthema ‹ 63 Das eine sind die offiziellen Statistiken. Noch mal anders sieht es aus, wenn das Personal in den Kitas direkt befragt wird. Auch dazu gibt es Untersuchungen und hier fällt die Bilanz schon deutlich schlechter aus. Die Gewerkschaft Verdi veröffentlichte 2021 den Kita-Personalcheck. Darin bemängeln die Befragten folgende Punkte in ihrem Arbeitsalltag: • zu viele Kinder pro Gruppe bei zu wenig Personal • kann aus Zeitgründen nicht auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder eingehen • kann die eigenen pädagogischen Ansprüche nicht umsetzen • erledige Aufgaben außerhalb meiner Arbeitszeit • fehlende Zeiten für Vor- und Nachbereitung • hohe Fluktuation in der Einrichtung • habe schon mal über einen Berufswechsel nachgedacht Im Fazit heißt es: „Insbesondere die realen Fachkraft-Kind-Relationen, wie sie sich im Alltag der Beschäftigten darstellen, sind alarmierend.“ In Spitzenzeiten muss sich ein Erzieher auch schon mal um bis zu 15 Krippenkinder kümmern – das sind fünf Mal so viele wie empfohlen. Eine zweite Studie stammt vom Deutschen Kitaleitungskongress und wurde im Frühjahr 2023 veröffentlicht. Auch hier wird fehlendes Personal und fehlende Zeit für die Arbeit mit den Kindern beklagt: • fehlende Wertschätzung durch die Politik • zu wenig Personal • hohe Arbeitsbelastung des Personals führt zu vermehrten Krankschreibungen • Einstellung von nicht ausreichend qualifiziertem Personal • empfohlener Personalschlüssel kann nicht eingehalten werden • hohe Unzufriedenheit unter dem Personal • Öffnungszeiten mussten mangels Personals bereits gekürzt werden • pädagogische Angebote konnten nicht wie geplant durchgeführt werden Allerdings ist diese Studie nur bedingt auf die Lausitz übertragbar. Denn von den 5.000 befragten Kitaleitungen stammen 80 Prozent aus Baden-Württemberg, Bayern und NordrheinWestfalen und nicht einmal zwei Prozent aus Sachsen und Brandenburg. Bedarf in der Lausitz gedeckt Die Bildungsministerien in Sachsen und Brandenburg sehen den Bedarf an pädagogischem Personal in Kitas aktuell als gedeckt an. Minister Christian Piwarz: „Wir sind in Sachsen froh, dass wir so viele Erzieherinnen und Erzieher ausbilden, dass wir unseren Bedarf decken können. Ein Mehr an Fachkräften ist wünschenswert, muss aber auch auf dem Arbeitsmarkt realisiert werden können.“ Damit bezieht er sich auf die Forderung der Bertelsmann Stiftung, 21.000 zusätzliche Fachkräfte einzustellen – für einen kindgerechten Personalschlüssel. Denn wenngleich sich der Personalschlüssel in den letzten Jahren in fast allen Bundesländern verbessert hat, gilt er vor allem in Ostdeutschland als stark ausbaufähig. So kümmert sich in Sachsen rein rechnerisch eine Erzieherin um 5,3 Krippenkinder, empfohlen werden höchstens drei Kinder. In der Praxis ist der Personalschlüssel meist noch schlechter, weil Erzieherinnen krank sind, in Weiterbildung oder im Urlaub. Für Brandenburg empfiehlt die gleiche Studie 11.500 zusätzliche Stellen. Wenngleich Christian Piwarz die Forderungen der Bertelsmann Stiftung für überzogen und unrealistisch hält, so sollten sich gerade die ostdeutschen Bundesländer um eine weitere Verbesserung des Personalschlüssels bemühen. Dabei könnte 5,3 8,8 5,1 8,1 3,9 6,5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Theorie Praxis Personalschlüssel in der Krippe Sachsen Brandenburg Deutschland In Deutschland kümmert sich eine Erzieherin laut Personalschlüssel im Schnitt um 3,9 Kinder unter drei Jahren. Laut Fachkraft-Kind-Relation, in der Elterngespräche, Dokumentation, Urlaub, Krankheit undWeiterbildung rausgerechnet werden sind es 6,5 Kinder. Laut Verdi-Umfrage kümmert sich in Spitzenzeiten sogar ein Erzieher um 13 bis 16 Kleinkinder. Die offizielle Empfehlung für eine gute Betreuung liegt bei drei Kindern. Quelle: Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung

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