Seite 27 - lausebande-10-2014

Basic HTML-Version

Titelthema :: Seite 27
wachsenen zu tun, die sich oft auf genitale Reize
konzentriert. Babys und Kleinkinder erfahren Lust
und körperliche Gefühle auch unvoreingenom-
men, es wirkt noch kein Bewusstsein für Tabus. Sie
können noch nicht zwischen Zärtlichkeit, Schmu-
sen oder genitaler Sexualität unterscheiden. Ge-
nauso fremd sind ihnen gesellschaftliche Normen
und Schamgefühl. Für ein Kind bedeutet Sexuali-
tät, schöne Gefühle zu erfahren – und nicht, Zunei-
gung zu einem anderen Menschen auszudrücken.
Die Entwicklung des eigenen Körpers und damit
auch der Sexualität gehört genauso zur Entwick-
lung des Kindes wie Laufen zu lernen. Hier fangen
die Probleme beim Umgang damit aber an, da El-
tern Sexualität oft noch mit Unanständigkeit und
dem Verlust der Unschuld gleichsetzen. Dabei wer-
den durch Eltern meist nur die vermeintlich nega-
tiven Assoziationen herangezogen und nicht das
lebensbejahende Gefühl und die Bedeutung für
die eigene Identität, die durch Sexualität geprägt
ist. Vor allem die gedankliche Gleichsetzung von
Sex und Sexualität löst bei Erwachsenen in Bezug
auf Kinder Ängste aus. Es fehlt einfach an Wissen,
in welchen Entwicklungsphasen des Kindes wel-
ches Verhalten normal sein darf und wo Grenzen
zu setzen sind – und wie man das vermitteln soll.
Deshalb betrachten wir zuerst die Entwicklungs-
phasen eines Kindes in Bezug auf seine Sexualität.
Phasen der Entwicklung
Sexualität durchzieht das ganze Leben und
äußert sich je nach Alter und Entwicklungsphase
unterschiedlich. Das ist auch der Schlüssel, sie
nicht als bedrohlich oder verwerflich anzusehen,
sondern sie in die jeweilige Phase der Entwicklung
einsortieren und damit umgehen zu können.
Bereits im Bauch der werdenden Mutter führen
gleichmäßige Bewegungen oder ein Wippen zu ei-
nem Wohlbefinden des heranwachsenden Kindes,
das bereits mit ersten Erfahrungen seiner eigenen
Sexualität einhergeht.
Säuglinge erfahren körperliches Wohlbefinden vor
allem dann, wenn ihre Haut als größtes Sinnesor-
gan gestreichelt wird und sie die Berührungen
Kindliche Sexualität ist für viele Eltern ein recht
sperriges Thema, über das ungern nachgedacht
und meist noch viel weniger gerdet wird. Dabei ist
die sexuelle Entwicklung ein ganz wichtiger Teil
der Persönlichkeitsentwicklung und beginnt schon
im Bauch der werdenden Mama. Hier sollten Eltern
vom immer noch wirkenden Bild Abstand nehmen,
das Kinder unbelastet von sexuellen Gefühlen,
Gedanken oder gar Handlungen aufwachsen kön-
nen. Viele Eltern reagieren verunsichert, wenn sie
bei ihren Kindern oder auch bei anderen Kindern
einen sexuellen Kontext beobachten – und tun
sich schwer damit, solche Situationen richtig ein-
zuschätzen und einzuordnen. Meist greift dann ein
Schutzmechanismus, der sich in pauschalen Ver-
boten und Mahnungen äußert. Dieses Verhalten
ist meist mit der eigenen Familie begründbar, da es
nur in Ausnahmefällen eine Selbstverständlichkeit
ist, über kindliche Sexualität zu sprechen. Mit die-
sem Titelthema wollen wir einen Überblick geben,
was Erziehungsexperten für eine gesunde Entwick-
lung unserer Kinder hinsichtlich kindlicher Sexu-
alität anraten – lassen dabei aber auch praktische
Erfahrungen von Eltern nicht unberücksichtigt.
Einige der Ratschläge der Experten – was ganz
normal für Kinder ist – werden viele Eltern sicher
überraschen.
Gesellschaftlich gesehen begegnet uns Sexuali-
tät in vielen alltäglichen Situationen und ist in
den Medien ein Dauerthema. Das trifft aber nur
auf erwachsene Sexualität zu, über die kindliche
herrscht viel Unklarheit. Sie scheint ein Tabuthe-
ma zu sein. Kinder und Sexualität, das passt in
der Vorstellung der meisten Erwachsenen nicht
zusammen, da der Begriff Sexualität meist mit Sex
assoziiiert wird. Dabei greift Sexualität viel weiter
– und bezeichnet im erweiterten Sinn alle Verhal-
tensweisen, Empfindungen und Interaktionen von
Lebewesen in Bezug auf ihr Geschlecht. Dazu zählt
also schon, wenn dreijährige Mädchen und Jungen
in der Kita untereinander geschlechtliche Unter-
schiede wahrnehmen.
Kindliche Sexualität hat nichts mit der von Er-
Redaktion: Benjamin Andriske, Jens Taschenberger, Fotografie Steffen Schwenk (Foto links)
»
Sei ein Frosch ...
Ein Ratgeber zu kindlicher Sexualität.
»