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Wissenschaftlicher Leiter des Schlafabors am Zentralinstitut für Seelische
Gesundheit Mannheim, Sprecher der AG Traum der Deutschen Gesellschaft
für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
www.dgsm.de
Träume spiegeln das Wachleben wieder
Interview mit Prof. (apl.) Dr. phil. Michael Schredl
::
Wozu sind Träume gut?
Die Frage lässt sich nicht
richtig beantworten. Wir
können sagen, dass Schlafen für
die Gedächtniskonsolidierung –
also das Einspeichern der Dinge,
die tagsüber gelernt wurden –
notwendig ist. Den Wissenschaft-
lern ist noch nicht klar, ob Träu-
me dabei auch eine Rolle spielen.
Die Grundhypothese ist, dass im
Traum neue mit alten Informati-
onen vermischt und dann abge-
speichert werden, das ist aber mit
Vorsicht zu genießen.
Worin liegt der Unterschied zwi-
schen Schlaf- und Traumforschung?
Schlafforschung betrifft eher den
elektrisch messbaren Teil. Bei
der Traumforschung ist der ein-
zige mögliche Zugang, Personen
zu wecken und zu befragen – es
geht um das subjektive Erleben.
Werden Kinder auch erforscht?
Ja, in der letzten Studie haben wir
erfragt, wie viel sie mit anderen
über Träume reden. Es gibt die
Erkenntnis, dass junge Mädchen
mehr Erinnerung an Träume ha-
ben als junge Männer. Das könnte
daran liegen, das Mädchen mehr
über Träume reden – und diese
deshalb auch stärker erinnern.
Träumen Kinder grundsätzlich
anders als Erwachsene?
Wir gehen davon aus, dass Träu-
me von Kindern nicht so ausge-
malt sind und nicht so ausführ-
liche Geschichten erzählen, je
kleiner sie sind. Auch die The-
men sind andere, weil das Kind
auch eine andere Erfahrungswelt
hat. So träumen Kinder deutlich
mehr von Tieren als Erwachsene.
Viele Träume, an die Kinder wie
Erwachsene sich erinnern, sind ne-
gativ geprägt. Können Eltern Kin-
derträume positiv beeinfussen?
Bei den Erwachsenen ist das nicht
ganz richtig, da gibt es auch an-
dere Daten. Bei Kindern bleiben
tatsächlich Albträume intensi-
ver im Gedächtnis haften. Bei
Kindern gibt es sicher auch ein
Gleichgewicht, aber die norma-
len oder positiven Träume wer-
den schneller vergessen. Gegen
sich wiederholende Alb- oder
Angstträume wiederum können
Eltern etwas tun, da haben wir in
einer Studie ein Verfahren ent-
wickelt. Das Kind zeichnet die
entscheidende Angstszene aus
seinem Traum und wird dann be-
fragt, was es in das Bild einzeich-
nen könnte, um keine Angst mehr
zu haben. Das Bild mit dem neu-
en Element wird dem Kind dann
über zwei Wochen immer wieder
vorgelegt. Wir bezeichnen das
als Konfrontations- und Bewäl-
tigungsansatz. Mehrere Studi-
en haben die Wirkung bestätigt.
Ist es für Eltern sinnvoll und
wichtig, Kinder an Träume zu er-
innern und darüber zu sprechen?
Träume können ein Gespräch über
Sorgen und Bedürfnisse des Kin-
des ermöglichen. Aber da gibt es
auch viele andere Zugangswege.
Wann sollte man Erzählungen
von Kindern über Träume beson-
ders ernst nehmen?
Ganz klar: Alles was das Kind be-
lastet, wo Ängste auftreten. Eltern
sollten Gefühle des Traums ernst
nehmen – und genau hinschau-
en, was das mit dem Wachleben
zu tun hat. Der Traum bildet nur
einen Einstieg in die Erfahrungs-
welt des Kindes, sodass negative
Träume auf Stress und Konfikte
imWachleben hinweisen können.
Wie steht die moderne Wissen-
schaft zur Traumdeutung?
Die klassische Art von Traumdeu-
tung wird heute weniger prak-
tiziert. Man glaubt mehr daran,
dass Gefühle und Handlungsmus-
ter, die im Traum ablaufen, keine
symbolische Bedeutung haben,
sondern etwas mit dem Wachzu-
stand zu tun haben. Die Idee ist,
das auch bei Kindern Träume die
Sorgen, Ängste aber auch schö-
nen Seiten des Wachlebens wie-
der spiegeln. Da verwende ich
eher den Begriff „Traumarbeit“.
www.dreamresearch.de
Ratgeber :: Seite 27