Seite 46 - lausebande_11-2012

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Ratgeber :: Seite 46
Wie ist es um das Essen in deutschen Kitas
und Schulen bestellt?
Noch vor einigen Jahren sah das Verpflegungsange-
bot in Kitas und Schulen suboptimal aus. Seitdem
rückt die Bedeutung einer gesunden Ernährung mehr
und mehr in den Vordergrund. Projekte wie der „aid-
Ernährungsführerschein“ in der Grundschule bzw.
„SchmExperten“ für weiterführende Schulen oder
andere Aktionen helfen, das Thema Ernährung in
die Schule zu bringen. Auch das EU-Schulmilchpro-
gramm und EU-Schulobstprogramm unterstützen
diese Bemühungen. In Kindertageseinrichtungen
(Kita) findet ebenfalls ein Umdenken statt. Durch
die steigenden Betreuungszeiten bieten die meisten
Kitas inzwischen ein Mittagessen an und organi-
sieren immer häufiger auch das Frühstück und die
Zwischenmahlzeit am Nachmittag. Dadurch haben
die Kitas eine große Verantwortung und müssen sich
entsprechende Kompetenzen aneignen. Früher war
der Bereich Ernährungsbildung ja ausschließlich im
Elternhaus verankert.
Nach einer Studie sollen sich die Hälfte der deut-
schen Eltern für praktische Ernährungsbildung
der Kinder interessieren, warum spiegelt das weit-
gehende Fehlen dieses Themas in der Bildung der
Kinder dies nicht wieder?
Der Trend der Außer-Hausverpflegung hat seinen Hö-
hepunkt immer noch nicht erreicht. Heute sind meist
beide Elternteile berufstätig, wodurch Fertigprodukte
sehr beliebt sind und oft die Zeit zum Kochen „fehlt“.
Kinder sind somit bei der Zubereitung von Mahlzeiten
aus frischen Zutaten nicht beteiligt. Die Wertschät-
zung von Lebensmitteln und Essen fehlt häufig, da
Essen überall, schnell und günstig erhältlich ist.
Schulen und Kitas müssen – dadurch bedingt, dass
die Kinder immer mehr Zeit dort verbringen – den
Part der Ernährungsbildung 2. übernehmen. Leider
sind die Pädagogen oft überlastet oder haben den
„Auftrag“ noch nicht angenommen.
Ist ein Skandal, wie wir ihn gerade beim Schules-
sen erlebt haben, überhaupt vermeidbar?
Das lässt sich in wenigen Sätzen kaum beantworten.
Generell muss das angebotene Essen bedarfsgerecht
und ausgewogen sein. Und natürlich auch hygie-
nisch einwandfrei. Das gilt für jedes Essensangebot,
egal wie preiswert oder woher es kommt. Natürlich
muss man bedenken: wo Menschen arbeiten, kön-
nen auch Fehler geschehen.
Deutsche Kinder werden immer dicker, liegt das
auch an der Essensversorgung der Einrichtungen?
Nein bzw. nicht zwangsläufig. Obwohl Kinder den
Großteil des Tages in der Kita/Schule verbringen, sind
sie viele Stunden des Tages zu Hause oder unterwegs.
Die Kinder können in der Kita/Schule bedarfsgerecht
essen und trinken und anschließend vor dem Fern-
seher, der Spielekonsole oder dem Computer große
Mengen Chips und Süßigkeiten essen, Brausen und
Limonaden trinken und damit die Kalorienbilanz
des Tages in die Höhe treiben. Wichtig ist somit, dass
Eltern und ErzieherInnen/LehrerInnen eine Erzie-
hungspartnerschaft eingehen und die Mahlzeiten auf-
einander abstimmen. In Kitas wird häufig beobachtet,
dass die Kinder trotz Zwischenmahlzeit am Nachmit-
tag von ihren Eltern mit süßen Getränkepäckchen
und süßen bzw. salzigen Snacks abgeholt werden –
ob aus schlechtem Gewissen, weil sie zu wenig Zeit
für ihre Kinder haben, dem Wunsch, ihnen etwas
vermeintlich Gutes zu tun, der Sorge, dass sie nicht
genug zu essen bekommen oder aus Unbedarftheit.
Zudem ist nicht nur die Ernährung entscheidend,
sondern auch die Bewegung. Während die Kinder in
der Kita meist noch viel Bewegung bekommen, spielt
der Sportunterricht in der Schule meist eine unter-
geordnete Rolle. Wichtig ist, dass sich Kinder in der
Schule und in der Kita ausreichend bewegen und die
Eltern auf ausreichende Bewegung außerhalb dieser
Einrichtungen achten.
Interview mit Nadia Röwe (Oecotrophologin, Master of Science),
Wissenschaftsredaktion aid-Infodienst,
Schwerpunkt Ernährungsberatung und Ernährungsbildung Kita
„Das ist ein weites Feld“
Experten-Interview zum Thema Kita- und Schulessen