Seite 34 - lausebande-11-2014

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Titelthema :: Seite 34
hen zu müssen, zum Beispiel bei
der Frage, wann sich das Kind bei
wem aufhält. Hilfen anzunehmen,
ist keine Schande oder ein Zeichen
von Schwäche, eher sogar ein Zei-
chen von Stärke und Weitblick im
Sinne des Kindes.
Gibt es einen Königsweg, wie Paa-
re es ihren Kindern sagen sollten,
dass die Zukunft getrennt statt-
findet?
Beide Eltern sollten die
Nachricht möglichst gemeinsam
übermitteln. Fragen, die das Kind
nicht betreffen, sollten allerdings
von ihm fern gehalten werden.
Die Eltern sollten sich vorher ge-
nau überlegen, was sie dem Kind
sagen und wie. Unterstützung
durch eine dritte Person ist auch
hier im Zweifel durchaus sinnvoll.
Familienberatungsstellen sind der
richtige Ansprechpartner und bie-
ten Unterstützung. Generell sollte
es erst gesagt werden, wenn Ent-
schlüsse feststehen, nicht schon
vorher, wenn Streitigkeiten auf-
kommen oder es „nur“ Überle-
gungen sind. Ganz wichtig ist,
dem Kind nicht das Gefühl zu ge-
ben, an der Trennung der Eltern
schuld zu sein. Eltern müssen dem
Kind vermitteln, dass sie es waren,
die die Entscheidung zur Tren-
nung getroffen haben und dass
sie auch weiterhin Eltern bleiben.
Wichtig ist zu vermitteln, dass kei-
ne Abstriche in der Liebe und Zu-
wendung zum Kind auftreten wer-
den. Kinder fragen sich manchmal
Jörg Maywald, 59, Honorarprofessor an der FH Potsdam,
Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind
„Im Sinne des Kindes“
Wie viele Trennungskin-
der gibt es in Deutsch-
land?
Wir rechnen mit
etwa 200.000 Kindern, die jedes
Jahr neu von Trennungen und
Scheidungen betroffen sind, da-
von etwa 140.000 von Scheidun-
gen. Umgerechnet ist das etwa je-
des vierte Kind im Laufe seines
Kinder- und Jugendlebens. Man
könnte fast meinen, dass es zu ei-
ner gewissen Normalität gewor-
den ist.
Verarbeiten Kinder Trennungen
anders als Eltern?
Die Kinder ha-
ben in aller Regel die Trennung
der Eltern nicht gewollt, sind
aber stark davon betroffen. Es ist
in jedem Fall eine Belastung. Wie
nachhaltig diese ist, das kann sich
sehr unterscheiden. Viele bewälti-
gen sie nach einer Krise sehr gut,
Leistungen steigen wieder an,
emotional wird sie verarbeitet.
Eine Minderheit hat größere Pro-
bleme, gerade bei einem Hin und
Her bei den Eltern. Das ist oft der
Fall, wenn sie instrumentalisiert
werden und wenn Eltern sich ge-
geneinander ausspielen. Daraus
folgen häufig große Schwierigkei-
ten bis hin zur Behandlungsbe-
dürftigkeit des Kindes im thera-
peutischen Sinne.
Sind Trennungen immer schlimm
für Kinder?
Die Scheidung wird
manchmal auch als Entlastung
wahrgenommen. Konflikte, die
vorher vor den Augen des Kindes
ausgetragen wurden, gibt es nun
nicht mehr. Dies kann sogar be-
freiend wirken. Hier gilt gleiches
für Kinder und Eltern. Eltern blei-
ben ein Leben lang Eltern, Paare
können getrennt sein. Immerhin
10 bis 20% der Trennungen sind
hochkonfliktreich und die Situa-
tion für die Kinder entspannt sich
nicht, sie werden instrumenta-
lisiert oder gegen das andere El-
ternteil ausgespielt.
Ein Elternteil das sich vorher zum
Beispiel nur wenig um das Kind
gekümmert hat, will bei einer
Trennung plötzlich alles 50:50 ge-
teilt haben, auch das Kind – eher
aus Rachegründen als aus neu-
em Pflichtgefühl. Möglichst we-
nig Veränderung und so viel Kon-
tinuität wie möglich für das Kind
ist meist das Beste – sowohl ört-
lich als auch zu den Bezugsper-
sonen. Freunde, Vereine, Kinder-
garten und Schule sind hier die
Konstanten.
Selbst gutmeinende und gebilde-
te Eltern kommen bei Trennungen
oft an ihre Grenzen. Sie verlieren
ihr Kind dabei oft aus dem Blick
und viele benötigen dabei durch-
aus Hilfe, die sie in Anspruch neh-
men sollten. Eltern und Kinder
haben hier Rechte, solche Unter-
stützungen in Anspruch zu neh-
men. Mediationen sind auch ein
Mittel, um nicht Gerichte bemü-