Lausitz-Mummy: Eine Zeltnacht, die ist lustig

Datum: Sonntag, 27. August 2023 14:02

Dieser Sommer machte mich um eine Erfahrung reicher, auf die ich gern verzichtet hätte. Ich durfte bzw. musste zelten. Dabei bevorzuge ich den Komfort einer Matratze samt Daunendecke sowie fließend Warmwasser und WC. Erschwerend kommt meine prinzipielle Abneigung gegenüber Tierchen mit sechs oder acht Beinen hinzu – Marienkäfer ausgenommen, aber ausgerechnet die verirren sich nur selten ins Zelt.

Meine grundsätzliche Abneigung gegen das Zelten finden meine Kinder ziemlich doof. Für die ist eine Übernachtung im Zelt ein echtes Abenteuer. Als sie kleiner waren, reichte es ihnen noch, wenn wir das Zelt auf dem Fußboden unseres Wohnzimmers aufbauten und die darin Schlafenden mit Taschenlampen und Chips versorgten. Die nächste Stufe war die Übernachtung im Garten. Da konnte ich meinen Mann als nächtliche Begleitperson engagieren. Die Kinder haben am nächsten Morgen geschwärmt und mir begeistert vom Vogelkonzert und Sternenzählen berichtet.

In diesem Jahr sollte die dritte Stufe gezündet werden: Eine Nacht in der Fast-Wildnis. Die Kinder waren zum Sommerfest mit Zelten eingeladen, Eltern durften mit. Dieses Mal musste ich ran. Die Kinder erinnerten mich zu Recht an meine regelmäßige Esstisch-Predigt: Erst probieren, dann mäkeln. Auch mein Einwand, dass es bei meiner letzten Nacht auf dem Zeltplatz kein warmes Wasser gab, hielt sie von ihrem Elan nicht ab. Kalt duschen sei sowieso gesünder und warum sollten sie überhaupt duschen. Da nur eine Nacht veranschlagt war und mit dem geplanten Programm ohnehin von einer kurzen Nacht auszugehen war, entschieden wir uns, die Körperhygiene auf das Zähneputzen zu beschränken. Tags zuvor packten wir alles ins Autos: Zwei Reisetaschen mit Wechselsachen und Badezeug, Verpflegung und Sitzgelegenheiten für das geplante Grillen, Zelt, Isomatten, Decken, Kissen, Kuscheltiere, Taschenlampen, Federball- und Tischtennisschläger. Unser Kofferraum war fast so voll wie vor der Abfahrt in den zweiwöchigen Sommerurlaub.

Das Zelt ließ sich glücklicherweise sehr einfach aufbauen. Das hat vermutlich Jemand entwickelt, der selbst schon häufiger beim Zeltaufbau und -abbau verzweifelt ist. Die für mich wichtigste Regel hatten die Kinder schnell verinnerlicht: Beim Rein- und Rausgehen immer das Zelt verschließen, um Mücken, Spinnen & Co. draußen zu halten. Ich war also guter Dinge. Gegen 22 Uhr klagte die Jüngste das erste Mal: „Ich bin müde und will schlafen.“ Doch zwei Programmpunkte galt es zuvor noch zu absolvieren. Die gespenstische Nachtwanderung durch den Wald hat noch mal etwas Adrenalin zu Tage gefördert, so dass die Kinder auch noch das mitternächtliche Stockbrot am Lagerfeuer mitmachten. Danach ging es zum Zähneputzen endlich ins Bad. (Ja, es gab tatsächlich ein Bad mit Waschbecken, Toilette und Warmwasser!).

Nachdem wir im Zelt geklärt hatten, wer welches Kissen bekommt und wer wo liegt, schliefen die Kids sehr schnell ein, ich lauschte noch dem abendlichen Froschkonzert und suchte nach einer halbwegs bequemen Schlafposition. Wider Erwarten schlief ich schnell ein. Nach knapp zwei Stunden war ich wieder war, weil sich mein Kind übergeben musste. Das Stockbrot war wohl doch zu viel gewesen. So schnell wie es wieder herauskam, fand ich leider nicht die Zeltöffnung. Details erspare ich uns an dieser Stelle. Jedenfalls musste ich mich für den Rest der Nacht von Isomatte und Decken trennen, geschlafen habe ich nicht mehr. Immerhin schlief das halbherzig gereinigte Kind wieder ein – im Gegensatz zu mir. Ich sehnte den Morgen, mein Bett und meine Waschmaschine herbei. Immerhin: Das Vogelkonzert, das bereits vor 4 Uhr morgens einsetzte, war um ein Vielfaches beeindruckender als das morgendliche Gezwitscher in unserem grünen Hinterhof zu Hause. Und: Die Kinder fanden das Zelten großartig und haben schon nach einer Wiederholung gefragt. Mein Glück: Beim nächsten Mal ist mein Mann wieder dran.

Kolumne von Anett Linke, Redakteurin der lausebande