lausebande-03-2024

72 › Titelthema eine Abwanderung von Fachkräften in verwandte Berufsfelder. Als Beispiel für eine kurzfristige Maßnahme wird die Entlastung der Erzieher von hauswirtschaftlichen oder Verwaltungstätigkeiten genannt. Der Bund sieht die Notwendigkeit einer Fachkräftestrategie ebenfalls, verweist aber auf die Zuständigkeit der Länder: „Zuständig für die Ausbildung des pädagogischen Personals sind die Bundesländer, für die Arbeits- und Rahmenbedingungen die Arbeitgeber und Tarifpartner. Deshalb arbeitet das BMFSFJ gemeinsam mit diesen Partnern an einer tragfähigen Gesamtstrategie mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen, um zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Dabei nehmen wir die Ausbildung, Fortbildung, attraktive Arbeitsbedingungen, horizontale und vertikale Karrierewege, Möglichkeiten zum Quereinstieg und die Integration ausländischer Fachkräfte in den Blick.“ Konkrete Empfehlungen will das Bundesfamilienministerium noch im Frühjahr vorstellen. Die Wissenschaft wünscht sich, dass unter diesem Druck nicht auf Personal zurückgegriffen wird, das nicht qualifiziert ist: „Auf keiner Ebene darf es Abstriche an der pädagogischen Qualifizierung geben. Sonst leidet die Bildungsqualität darunter“, mahnt Anette Stein von der Bertelsmann-Stiftung. Schon jetzt passiert nämlich in Kitas das, was auch die Schulen machen: Es werden immer mehr Menschen über den Quereinstieg eingestellt, nicht immer folgt dann noch eine der Berufsausbildung gleichgestellte Qualifizierung. Statt also auf eine höhere Akademisierung zu setzen, wie es in anderen Ländern der Fall ist, wäre es in der aktuellen Situation wichtiger, wieder verstärkt Erzieherinnen einzustellen, die eine entsprechende Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Brandenburg dagegen hat mit einer neuen KitaPersonalverordnung die Tür für Nicht-Qualifizierte weiter geöffnet. So dürfen künftig bis zu 20 Prozent Ergänzungskräfte in einer Kita tätig sein. Das sind Seiteneinsteigende, die eine Qualifizierung über 300 Stunden abschließen. „Damit wird die Qualität der Kinderbetreuung sichergestellt“, heißt es vom Ministerium. Das kann man hinterfragen, zum Vergleich: Die klassische Ausbildung zur Erzieherin umfasst zwischen 2.400 und 2.800 Theorie-Stunden. Derzeit arbeiten sechs Prozent Ergänzungskräfte in Brandenburger Kitas, das Land will künftig bis zu 20 Prozent erlauben. Im Unterschied zu einer Fachkraft dürfen sie nur unter Aufsicht mit den Kinder arbeiten, sie dürfen ein Kindergruppe also nicht allein betreuen. Das Fazit lautet also: Erst wenn durch ausreichend und ausreichend qualifiziertes Personal eine gute, kindgerechte Betreuung in den Kitas abgesichert ist, dann können Kitas ein Ort der Betreuung und der Bildung sein. Davon sind wir in ganz Deutschland noch ein Stück weit entfernt. Ein Trost für Familien: Neben der Kita sind für Kinder die Familie und das Zuhause die wichtigsten Lernorte sind – hier können Eltern ausgleichen, was die Kita vielleicht nicht leisten kann. Die Natur und Spielplätze sind der ideale Lernort für Kinder.

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