Kolumne :: Seite 58
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
anderswo einkaufen, während ich Shirts und Hosen
für die Umkleide sammelte. Ich hatte gerade mal die
dritte Hose anprobiert, da begann mein Junior schon
zu gähnen und sich lautstark zu langweilen. Es ist
beachtlich, wie laut Kinder sich langweilen können,
ohne etwas zu sagen. Ich ließ mich nicht beeindru-
cken und shoppte mich in Ruhe durch den Berg aus
Hosen. Mein Junior moserte. „Mensch Papa, wir woll-
ten noch in meinen Laden, in die Lego-Abteilung.“
Ich packte genüsslich extra noch drei weitere Hemden
zu meinem Anprobestapel. „Erst Daddy-schick, dann
Junior-Lego-Ego“, bekam er seinen Spruch. Die Reak-
tion kam prompt. Offensichtlich hat er sich schon ei-
niges ganz gut von uns abgeschaut. Jedenfalls zog er
heimlich einen Schuh aus und legte ihn neben seinen
Stuhl, zwei Meter weiter entfernt platzierte er seinen
Rucksack auf dem Boden und versteckte sich nach
Absprache mit der Verkäuferin hinter dem Ladentre-
sen. Ich wusste von nichts. Als ich aus der Anprobe
mal wieder einen Kontrollblick machte, sah ich den
leeren Stuhl, den einsamen Schuh und keinen Sohne-
matz. Augenblicklich war alles wie zehn Jahre zuvor:
mein Baby war in Gefahr und Papamusste es beschüt-
zen. Ich rannte aus der Kabine und suchte den ganzen
Laden ab. Nichts zu sehen. Innerhalb von Sekunden
bekam ich einen Schweißausbruch und transpirierte
wie eine Herde TV-Moppel aus The Biggest Looser
bei der ersten Sportplatzrunde. Ich rief immer lauter
nach meinem Junior. Von draußen strömte aufgeregt
eine Damenrunde in den Laden. Schockiert schaute
mich ausgerechnet die Sekretärin eines wichtigen
Geschäfstpartners an. Erst jetzt bekam ich mit, dass
ich in Schlüpfer und Socken umherrann. Ich befragte
die Verkäuferin nach meinem Junior, die aber abspra-
chegemäß nur die Schultern zuckte. Jetzt waren auch
schon zwei Teenies am Start, die gleich mit dem Han-
dy losfilmten. Ich rannte zurück in die Kabine und
warf mich in einer Sekunde in meine Klamotten, um
mein Kind im Einkaufszentrum zu retten. Als ich aus
der Kabine kam, saßmein Junior ganz relaxt imSessel
und freute sich. „Mensch Papa, bist ja schon fertig.
Hast aber auch genug probiert, so wie du schwitzt.“
Er klatschte cool mit der Verkäuferin ab. Ein Dutzend
Zuschauer im Laden applaudierte. Sein späterer Post
„kick den daddy-schick“ erhielt gar 78 Likes. Hilfe, wo
soll das nur hinführen.
Euer lausitzDADDY
Wir Väter sind schon eigenartig, wenn es
um die eigenen Söhne geht. Sind sie noch
klein, dann reagieren wir überaus besorgt
und wollen jede Gefahr von ihnen fern halten. Später,
wenn sie dann beginnen, sich auch mal zu raufen,
schauen wir streng, wenn die bessere Hälfte klare
Ansagen macht. Danach fragen wir den Stammhalter
aber heimlich, ob er wenigstens gewonnen hat – und
klatschen im Erfolgsfall mit cooler Kumpelgeste ab.
Was wir erst in Watte packen, soll ja schließlich mal
ein richtiger Kerl werden.
Bei meinem Junior winkt nun die Pubertät am Ho-
rizont. Die Vorläufer machen sich bemerkbar, was
vorher süß war, ist jetzt cool – und der Humor wird
auch spezieller. Wenn er andere verlädt, grinst Papa
stolz. Ja, wir erkennen uns gern wieder und freuen
uns, wenn die Kleinen keine Langweiler werden. Des-
halb habe ich meinen Junior auch immer dabei un-
terstützt, in letzter Zeit wird ein richtiger Wettbewerb
daraus, sich gegenseitig auf den Arm zu nehmen. So
sind Männer halt. Leider habe ich nicht damit gerech-
net, wie cool mein Junior inzwischen unterwegs ist.
Es passierte am vergangenen Wochenende. Wir wa-
ren nach langer Zeit mal wieder shoppen, undwas das
anbelangt, bin ich in unserer Familie die Frau. Wäh-
rend meine bessere Hälfte wie ein Formel 1-Fahrer in
einen Laden hinein- und wieder hinausdüst und in
Millisekunden alle tragbaren Teile gescannt, die pas-
senden ausgesucht und ohne Anprobe „gerissen“ hat,
geht bei mir alles in Zeitlupe. Mein Söhnchen interes-
siert sich überhaupt nicht für Klamotten, meine Ein-
kaufsgene bemerke ich bei ihm nur, wenn er in einer
Lego-Abteilung herumstöbert. Am letzten Wochenen-
de hatte meine bessere Hälfte jedenfalls mein Söhn-
chen bei mir abgestellt und war mit unserer Tochter
Noch nicht genug gelacht?
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