Seite 34 - lausebande_09-2013

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Titelthema :: Seite 34
cher und über die Schulkonferenz sogar teilhaben.
Wenn Kinder nach der vierten oder fünften Klasse
nicht richtig schreiben, hat das nicht nur mit der
jeweiligen Methode zu tun. Dann hätten Eltern viel
früher einschreiten und das Problem mit Lehrern
und Schule klären müssen.
Auszudiskutieren, welchen Sinn es macht, an-
statt der Schreibschrift nur noch eine vereinfach-
te Grundschrift zu vermitteln, würde hier den
Rahmen sprengen. Dahinter steckt der Versuch,
die persönliche Handschrift bei Kindern mit dem
Zwischenschritt über die Grundschrift einfacher
zu entwickeln als über das komplizierte Erlernen
der Schreibschrift. Sozusagen entwickeln Kinder
ihre persönliche Handschrift mit einem Zwischen-
schritt direkt aus Druckbuchstaben. Daran wird
allerdings auch viel Kritik geübt. Ebenso beim laut-
getreuen Schreiben und dessen Erlernen mit der
Anlauttabelle. Nicht umsonst wird diese Methode
in einigen Bundesländern als alleinige Methode
bei der Vermittlung des Schreibens untersagt.
Nicht wenige Bildungsexperten machen das laut-
getreue Schreiben dafür verantwortlich, dass sich
die Rechtschreibung deutscher Schüler katastro-
phal verschlechtert hat. Herkömmliche Fibelklas-
sen zeigten in Tests durchgängig bessere Ergeb-
nisse und das lautgetreue Schreiben ist scheinbar
wissenschaftlich kaum evaluiert. Die Methode an
sich kann Schülern aber auch helfen, hier sind wir
wieder bei der individuellen Förderung. Wie so oft
können viele Wege nach Rom führen, es wäre El-
tern aber sicher eine Hilfe, wenn es mehr Klarheit
über diese Wege und die richtige Wahl gäbe. Dazu
sind leider weder in Brandenburg noch anderswo
verständliche Erklärungen zu finden.
Wie bei den Methoden gibt es auch bei Schul-
büchern inzwischen eine kaum überschaubere
Vielfalt – allein in Brandenburg haben Schulen
Bei Inklusion gerade im Zusammenhang mit Schule haben die meisten El-
tern die Integration behinderter Kinder in „normale“ Klassen im Hinterkopf.
Dabei reicht Inklusion viel weiter. Inklusive Pädagogik bedeutet vielmehr,
dass alle Kinder mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften, von Lernschwä-
chen über Verhaltensauffälligkeiten oder Behinderungen bis zu ganz nor-
malen Leistungsunterschieden eine individuelle Förderung erfahren, mit
der sie ihre ganz persönlichen Möglichkeiten so gut es geht entfalten können. Bildung und Erziehung
erfolgen somit im Klassenverbund nicht im Gleichschritt, sondern gemeinsam, aber sehr individuell. Da-
bei geht es nicht um Integration, das beschreibt nur die Wiedereingliederung und ein „gemeinsam, aber
nebeneinander“. Bei Inklusion passt sich die Struktur den individuellen Bedürfnissen an, die Schüler er-
leben die Vielfalt ihrer Klasse also als gemeinsames Ganzes. Im Ergebnis bezieht sich inklusive Pädago-
gik auf die gesamte Bandbreite der Heterogenität einer Klasse, und beinhaltet die besondere Förderung
leistungsstarker oder leistungsschwacher Schüler genauso wie die behinderter oder verhaltensauffälliger.
Instrumente dieser Pädagogik sind das individualisierte Lernen und die individuelle Förderung, die Leh-
rern allerdings mit vielen Methoden in der Ausbildung vermittelt werden müssen. Hier steht Deutschland
leider noch am Anfang. Was für viele Eltern in unserem Bildungssystem nur schwer vorstellbar ist, dass
Lehrer tatsächlich dieser Bandbreite gerecht werden können, ist durch entsprechende Ausbildung in an-
deren Ländern längst Realität. Vorbilder dieser Pädagogik sind z.B. Finnland und Kanada.
Inklusion ist in Brandenburg an 84 Pilotschulen mit zusätzlichem Lehrpersonal in der Testphase. Laut
Landeselternrat stehen erste gute Erfahrungen aber Pilotschulen gegenüber, die aufgrund der knappen
Personallage Inklusion gar nicht umsetzen können. Große Probleme gibt es vor allem beim Förderbedarf
emotionale und soziale Entwicklung (Verhaltensauffällige). Erst jetzt wurde Inklusion im Schulgesetz und
der Lehrerausbildung verankert. Statt vorher die Kompetenzen zu schaffen, wird nun repariert. Die Beden-
ken vieler Betroffener sind noch immer sehr groß. Die Hortbetreuung Behinderter ist ebenfalls noch nicht
gelöst. Kritiker äußern, dass man zuerst die richtigen Strukturen schaffen muss – mit der Fortbildung be-
stehender Lehrkräfte und zusätzlichem Personal sowie räumlicher und materieller Ausstattung – und erst
dann mit der Inklusion beginnen kann. Das sehen viele in Brandenburg so nicht umgesetzt.
Exkurs: inklusion