lazsuebande-09-2023

66 › Titelthema „Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Lösung“ Seiteneinsteiger derzeit nicht funktionieren, ohne sie könnten einige Bundesländer ihren Bedarf nicht annährend decken. Der Anteil der Seiteneinsteiger an den Neueinstellungen ist in den Ländern sehr unterschiedlich, aber tendenziell überall angestiegen. Noch wissen wir nicht, ob sich die Zahl der Seiteneinsteiger verstetigt und ob sie langfristig im System Schule bleiben. Gibt es mittlerweile belastbare Aussagen dazu, ob sich die teilweise hohe Zahl an Seiteneinsteigern auf die Unterrichtsqualität auswirkt? Die wenigen Studien, die es gibt, zeichnen kein klares Bild. Da braucht es weitere Untersuchungen. Für ganz wichtig halte ich in jedem Fall eine Qualifizierung für diese Personengruppe – sowohl vor als auch während des Einstiegs in den Lehrberuf. Denn sonst sehe ich die Gefahr einer Deprofessionalisierung. Es darf nicht nur darum gehen, diese Gruppe zu mobilisieren, sondern sie muss nachhaltig qualifiziert werden. Es hat sicherlich positive Aspekte, wenn jetzt eine neue Personengruppe von außen an die Schulen kommt. Andererseits darf das nicht dazu führen, dass die grundständige Lehramtsausbildung infrage gestellt wird. Stattdessen sollte man die aktuelle Situation als Anlass nehmen, die Lehramtsausbildung zu verbessern. Die Kultusministerkonferenz will Anfang 2024 ein Gutachten zur Lehrkräfteausbildung vorlegen, an dem Sie mitwirken. Können Sie schon ein paar Einblicke geben: Wie kann man das Lehramtsstudium so verändern, dass sich noch mehr Menschen für ein Lehramtsstudium entscheiden und dass es weniger Studienabbrüche gibt? Zum einen muss man die Ursachen in den Blick nehmen. Denn nicht alle Abbrüche passieren während des Studiums, sondern teilweise beim Übergang zum Referendariat oder sogar danach. Da können viele Faktoren eine Rolle spielen: Passt das gewählte Studium zu mir? Ist der Beruf attraktiv genug? Tun sich vielleicht bessere Alternativen in einem anderen Beruf auf ? Ein stärkerer Praxisbezug schon während des Studiums kann eine Lösung sein. Da muss man allerdings genau schauen, wie das aussehen kann. Aktuell passiert es immer wieder, dass Studierende schon während des Studiums Lehraufgaben übernehmen, die über eine Assistenz Der Lehrkräftemangel wird uns noch viele Jahre begleiten. Warum weder KI noch Seiteneinsteiger allein eine Lösung sind und was es zusätzlich braucht, verrät Prof. Dr. Kai Maaz im Interview. Er ist Geschäftsführender Direktor des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. 2018 stand er uns schon einmal Rede und Antwort zum Lehrkräftemangel. Im Interview mit der lausebande 2018 sagten Sie: „Wir stehen möglicherweise erst am Anfang der kritischen Situation.“ Die Situation hat sich in den vergangenen fünf Jahren nicht entspannt – ganz im Gegenteil. Ist mittlerweile ein Ende der kritischen Phase absehbar? Nein, die Situation ist nach wie vor schwierig. Ich gehe davon aus, dass wir noch 10 bis 15 Jahre Mangelsituationen haben werden. In der Grundschule wird sich die Situation aufgrund der demographischen Situation etwas eher entspannen. Und auch künftig wird der Mangel nicht alle Fächer und Bereiche gleichermaßen betreffen. Derzeit fehlen Lehrkräfte vor allem in strukturschwachen Regionen und in den Naturwissenschaften sowie Musik und Kunst. Zugleich gibt es jetzt schon Bereiche mit einem Überangebot, beispielsweise bei den allgemeinbildenden Fächern an den Gymnasien. 2018 waren bereits erste Maßnahmen ergriffen worden – wie die Erhöhung der Lehramtsstudienplätze und die verstärkte Einstellung von Seiteneinsteigern. Haben diese Maßnahmen Wirkung gezeigt? Teilweise ja, aber wir brauchen auch künftig Geduld. Wer jetzt ein Lehramtsstudium beginnt, steigt erst in etwa sieben Jahren in den Beruf ein. Daher würde es ohne © fotorismus für DIPF

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