Seite 18 - lausebande-10-2013

Basic HTML-Version

Titelthema :: Seite 18
schiedener Lernaufgaben beurteilen können. Nur
so können die Aufgaben und die Vermittlung von
Unterrichtsstoff und Kompetenzen auf Schüler indi-
viduell abgestimmt werden. Dabei ist die Diagnose
ein fortlaufender Prozess, der beständig Lern- und
Leistungsfortschritte, aber auch Lernschwierig-
keiten jedes Schülers oder von Schülern innerhalb
einer Lerngruppe hinterfragt. Dazu müssen Lehrer
nicht nur über Methoden zur Einschätzung von
Schülerleistungen und zur Selbstdiagnose verfü-
gen, sondern auch Wissen über Urteilstendenzen
und -fehler mitbringen. Eine gute Diagnose liefert
erst die Grundlage für Unterrichtsgestaltung und
Unterrichtserfolg, nur durch sie ist eine Anpassung
des Unterrichts an die Lernvoraussetzungen der
Schüler möglich.
Für die auf der Diagnose aufbauende individuelle
Förderung selbst benötigen die Lehrkräfte zudem
fachliche, didaktisch-methodische und pädagogi-
sche Kompetenzen. Sie müssen geeignete Inhalte
und Methoden sowie passende Arbeits- und Kom-
munikationsformen auswählen. Unterrichtsinhal-
te, -methoden und -formen müssen sich dabei an
den Lernentwicklungsständen und dem Vorwissen
der Schüler orientieren, Schülern Methoden des
selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und ko-
operativen Lernens und Arbeitens vermitteln und
bei aller Leistungsheterogenität auch die kulturelle,
soziale Vielfalt in der jeweiligen Lerngruppe beach-
ten. Damit können Schülern ganz unterschiedliche
Wege des Lernens ermöglicht werden. Das klingt
extrem komplex – und das ist es auch. Mögliche
Unterrichtsformen für diese Pädagogik sind z. B.
die Wochenplanarbeit, das Stationenlernen oder
die Freiarbeit. Innerhalb dieser Methoden gibt es
wiederum viele Möglichkeiten der Ausgestaltung.
Allen ist eines gemein: Sie ermöglichen im Gegen-
satz zur stärker instruktiven Form des Frontalunter-
richts oder der faktenbasierten Stoffvermittlung „im
Gleichschritt“ die Berücksichtigung und Entwick-
lung unterschiedlicher Lernstände. Dennoch sind
auch Unterrichtsanteile wichtig und sinnvoll, in
denen lehrerzentriert und mit der gesamten Klasse
gearbeitet wird. Individuelle Förderung beinhaltet
also sowohl offenere als auch stärker instruktivere
Unterrichtsphasen. Hier müssen Lehrer das richti-
ge Maß zwischen lehrergesteuerter Instruktion und
selbstgesteuertem Lernen der Schülerinnen und
Schüler finden, ebenso zwischen individualisierter
Lernzeit und Lernzeit in kooperativen Arbeitsfor-
men wie Lerngruppen, zwischen der Erfüllung des
Lehrplans und der Zeit, die Schülerinnen und Schü-
ler für ihre Lernprozesse brauchen.
Die ganz praktische Umsetzung kann auf vielen un-
terschiedlichen Wegen geschehen. Eines ist dabei
aber klar: Individuelle Förderung macht nur Sinn,
wenn sich eine Schule geschlossen auf den Weg
macht und sie setzt auch eine Teamarbeit im Lehrer-
kollegium einer Schule voraus. Das betrifft nicht nur
die Umsetzung, sondern auch die Absprachen. Eine
große Bedeutung kommt dem Teamwork im Lehrer-
kollegium einer Schule zu, in dem ein Austausch
über die Entwicklungen der Schüler stattfindet und
so der Unterricht im Kollegium aufeinander abge-
stimmt und am jeweiligen Kind ausgerichtet werden
kann. Gerade dieses Teamwork macht skandina-
vische Schulen in der individuellen Förderung so
stark. Deshalb ist die Teamkompetenz bei Lehrern
ein wesentliches Merkmal der individuellen För-
derung. Nur wenn sich Lehrer fächerübergreifend
auf Lernpläne und Methoden verständigen, kann
die Pädagogik sinnvoll auf die individuelle Ent-
wicklung der Schüler abgestimmt werden. Darüber
hinaus reichende Beispiele liefern bereits Schulen,
in denen Lehrerteams Arbeitsmaterialien verschie-
dener Schwierigkeitsstufen für die gesamte Schule
entwickeln, die dann von allen Lehrern genutzt
werden können. Im Kleinen fängt individuelle För-
derung damit an, das ein Lehrer über unterschied-
liche Aufgabenblätter und Arbeitsblätter für unter-
schiedliche Niveaustufen verfügt. Die Erstellung
der Materialien für verschiedene Gruppen ist nur
mit großem Aufwand möglich. Wenn eine Schule
diese aber in Teams erstellt hat, ist es relativ leicht,
im Unterricht damit zu arbeiten. Somit kann der ein-
Stationenlernen an einer Grundschule