Seite 44 - lausebande-10-2014

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Interview :: Seite 44
bildung kennen die Frauen die Auswirkungen von
Alkohol in der Schwangerschaft noch viel weniger.
Ich habe viele geschädigte Babys in Krankenhäusern
gesehen. Das ist furchtbar.
Hat sich diese Erfahrung auch auf Ihre Arbeit als
Schauspielerin ausgewirkt, wird da statt Feiersekt
auch mal eine Schütt-Schorle gereicht?
Ja, absolut. Das ist eigentlich auch unabhängig von
der Branche. Wenn es um berufliche Treffen geht,
sind Getränke meist kostenfrei. Dann neigen Men-
schen dazu, das ein oder andere Glas mehr zu trin-
ken. Ich finde es falsch, dass man Alkohol in berufli-
chen Zusammenhängen für selbstverständlich hält,
denn bei solchen Treffen handelt es sich schließlich
um Arbeitsveranstaltungen.
Sehen Sie es als Widerspruch, dass die Kampagne
vom Premiumspirituosenhersteller Pernod Ricard
finanziert wird?
Ganz im Gegenteil. Viele wischen das vielleicht mit
dem Modewort „green washing“ weg. Dabei nehmen
sie eine große Verantwortung wahr. Sie verkaufen
Alkohol, machen aber klar, dass sie ihn nicht an
Minderjährige verkaufen und auch Schwangere da-
vor schützen wollen. Sie unterstützen eine Bewusst-
seinsveränderung, die heute immer mehr greift. Ich
finde das sehr gut und unterstütze das gern.
Sie sind seit wenigen Wochen schwanger, verbieten
Sie sich tatsächlich bis zum Ende dieser Zeit selbst
das kleinste Gläschen Sekt?
Ja. Ich finde es auch leichter, komplett zu verzich-
ten. Viele Studien zeigen, dass man nie sagen kann,
welche Schäden wann in der Schwangerschaft durch
wieviel Alkohol ausgelöst werden können. Deshalb
wird auch dazu geraten, komplett darauf zu verzich-
ten, denn schon geringe Mengen können Schäden an-
richten. Viele Frauen können in der Schwangerschaft
auch bestimmte Sachen nicht riechen, ich finde z.B.
den Geruch von Wein gerade ganz widerlich. Da hilft
einem auch die Natur. Was ich aber mache: ich trinke
Saftschorlen und andere Getränke aus schönen Wein-
gläsern. Man muss ja nicht immer aus Kindergläsern
trinken, nur weil man keinen Alkohol trinkt.
Bei der Geburt Ihrer ersten Tochter hatten Sie die
Erfahrung der Kampagne noch nicht, waren Sie da-
mals trotzdem schon so konsequent?
Ja, genauso. Die ersten drei Monate war mir jeden
Tag übel, das war diesmal nicht anders. Da konnte
ich den Geruch von vielen Dingen nicht ertragen,
und dazu zählte auch Alkohol. Mein Instinkt hat mir
aber auch gesagt, es wegzulassen. Ich würde Alko-
hol nie in die Babyflasche tun, dann gehört es auch
nicht in meinen Körper, wenn das kleine Leben dar-
in heranwächst.
Nach der Geburt Ihres ersten Kindes, sozusagen auf
dem Höhepunkt Ihrer TV-Karriere, haben Sie eine
lange Drehpause eingelegt. Wie schwer fällt so ein
zeitweiliger Abschied von der großen Bühne?
Das war extrem einfach! Ich liebe meinen Beruf und
hatte davor über lange Jahre sehr viel gearbeitet. Ich
brauchte die Pause für mich, auch ganz unabhängig
von dem neuen Lebensabschnitt als Mama. Für mich
ist es aber auch unheimlich wichtig, mit dem eige-
nen Kind viel Zeit zu verbringen, wenn es noch so
klein ist. Deshalb war es so einfach und hat mir auch
sehr gut getan.
Was halten Sie eigentlich von Müttern, die nach we-
nigen Wochen vollkommen durchtrainiert wieder im
Rampenlicht stehen?
Ich tue mich mit solchen Frauen sehr schwer. Wenn
es für sie selber stimmig ist, dann ist es toll und ich
wünsche ihnen auch viel Glück. Aber sie vermitteln,
gerade weil sie in der Öffentlichkeit stehen, allen an-
deren Frauen ein schreckliches Gefühl. Mutter oder
Vater zu werden, bedeutet einen großen Eingriff in
das Leben eines Menschen. Die Mutter ist dabei mit
der Geburt und dem Stillen natürlich viel stärker ein-
gebunden. Mir liegt es eher am Herzen, dass Frauen
sich diesen natürlichen Instinkten hingeben und
sich die Zeit dafür zu nehmen. Viele Frauen setzen
sich aber unter Druck und versuchen, das alles ne-
benbei zu machen. Sie wollen gut aussehen, Geld
verdienen, Erfolg haben und nebenher auch noch
gute Mutter sein. Sie kämpfen mit selbst auferlegten
Ansprüchen, die durch falsche Vorbilder zu Stande
kommen. Auch deshalb sind es oft die Frauen, die
mit Depressionen kämpfen. Ich würde eher Frauen
unterstützen, die sich Zeit für ihr Baby nehmen und
die nicht zu viel von sich zu erwarten. Weder vom
eigenen Körper, noch vom Baby, von der eigenen
Mutterrolle oder der Beziehung. Eine Geburt ver-
ändert das Leben und das braucht seine Zeit. Es ist
okay, wenn eine Frau drei Monate später eben nicht