lausebande-10-2023

Titelthema ‹ 67 Das Deutsche Museum mit mehreren Standorten gilt als das meistbesuchte Museum in Deutschland. Die Bilder zeigen Ausschnitte aus den Ausstellungen auf der Museumsinsel in München. Foto rechts: Reinhard Krause Deutsches Museum, Foto links: Hubert Czech Deutsches Museum Wir nehmen Museen in erster Linie über ihre Ausstellungen wahr. In ihnen kommen sie ihren beiden originären Aufgaben nach: dem Ausstellen und dem Vermitteln von Wissen. Dazu kommen das Sammeln, das Bewahren und das Forschen – jene Aufgaben, die mindestens ebenso wichtig sind, aber öffentlich kaum wahrgenommen werden, es sei denn in den Medien erhitzt sich die Debatte darüber, ob man historische Gemälde umbenennen darf, weil ihre ursprüngliche Bezeichnung heute als rassistisch gilt. Auch die Provenienzforschung schafft es gelegentlich in die öffentliche Diskussion: immer dann, wenn die unklare Herkunft von Objekten erforscht wird, wenn am rechtmäßigen Besitz des Museums gezweifelt wird oder wenn die Rückgabe eines Objekts in dessen Ursprungsland erfolgt. In jedem Fall sind die Sammlungen das wichtigste Kapital eines Museums. Die große Herausforderung für die Museen liegt darin, nicht einfach nur willkürlich Dinge anzuhäufen, sondern eine Idee zu erarbeiten, ein Konzept zu erstellen, das eigene Profil zu schärfen: Was sammeln wir? Was ist es Wert, bewahrt zu werden? Was kann der Nachwelt eine Geschichte erzählen? Damit stehen institutionalisierte Sammlungen vor der gleichen Aufgabe wie private Sammler: Wie definiere und begrenze ich meine Sammlung so, dass sie nicht ins Unendliche wächst? Denn die zweite große Herausforderung für Museen und Kinderzimmer ist ebenfalls die gleiche: Der Platz zum Lagern ist begrenzt. Sammeln im Kinderzimmer Jetzt wissen wir ungefähr, warum Museen sammeln. Doch was genau motiviert Kinder (oder auch Erwachsene), Dinosaurier, Mineralien, Federn, Überraschungseierfiguren, Einhörner, Barbies, Bierdeckel, Kronkorken, Vasen, Teekannen oder Streichholzschachteln zu sammeln? Das Steinzeit-Gen allein reicht als Erklärung nicht aus. Der Kulturwissenschaftler und Museologe Andreas Grünewald Steiger erklärt es mit dem Wunsch nach Ordnung: „Sammeln ist Begrenzung, Zusammenhang, Sinn, Erklärung in der Zerstreutheit, Sammeln ist Ordnung im Unübersichtlichen, Zufälligen, Grenzenlosen, im Unbekannten.“ Sammeln ist für ihn auch der Wunsch, der Vergänglichkeit etwas entgegenzusetzen, wobei das vermutlich eher bei Erwachsenen eine Rolle spielen dürfte: „Sammeln ist der permanente Versuch, damit fertig zu werden, dass die Zeit vergeht: Laufend geht die Zeit verloren“, so Grünewald Steiger: „Das Sammeln stemmt sich dagegen an. Es nimmt die Dinge aus ihrem natürlichen Zusammenhang und beendet damit den sonst unweigerlichen Kreislauf von Werden und Vergänglichkeit. In Sammlungen ,vergeht‘ kein Ding mehr im Lauf der Zeit, es bleibt erhalten für die Ewigkeit.“ Bei Kindern spielen sicher noch weitere Aspekte hinein: Die Neugierde und das Interesse an (neuen) Dingen. Gerade in den ersten Lebensjahren ist die Neugier von Kindern scheinbar grenzenlos, sie saugen neues Wissen förmlich auf und lassen sich leicht für Dinge begeistern. Ihr Kind bringt vom Spazier-

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