Seite 43 - lausebande_11-2012

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Ratgeber :: Seite 43
mindestens einmal je Woche angeboten werden
sollte, sucht man meist vergebens – und wenn man
Fisch überhaupt findet, dann meist geformt, paniert
und in Fett frittiert. Dabei gibt es klare Standards,
mit denen jeder Elternteil das Essen seines Kindes
wirklich realistisch bewerten kann (siehe Qualitäts-
standards).
Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Wäh-
rend Eltern an freien Einrichtungen in der Regel ein
Mitspracherecht bei der Wahl des Essensanbieters
haben, gestaltet sich das in staatlichen oder kom-
munalen Einrichtungen weitaus schwieriger. Im
Grunde ist es hier aber wie in der großen Politik:
Wenn sich genügend Eltern engagieren, dann kann
sich auch etwas ändern! Es ist am Ende ja eine poli-
tische Entscheidung, dem Aspekt Essen in Kitas und
Schulen eine hohe Priorität zu verleihen und ent-
sprechende Investitionen zu ermöglichen – und z.B.
auf Landesebene nicht länger zu jubeln, wenn man
mit einem großen Haus- und Hof-Caterer wie Sodexo
durch entsprechende Massenabnahmen noch mehr
Kosten sparen konnte.
regierung im Jahr 2007 dem Übergewicht, auch und
besonders bei Kindern, den Kampf anzusagen. Der
Beschluss, „die Vermittlung von Wissen über Ernäh-
rung und Bewegung möglichst früh zu beginnen und
lebenslang fortzusetzen“, scheint mit Blick auf die
Entwicklung der vergangenen Jahre allerdings eher
ein Lippenbekenntnis. Zwar basteln Kinder seitdem
im Unterricht, scheinbar als Alibi, auch einmal eine
Ernährungspyramide und reden über gesunde Er-
nährung – die Erkenntnisse werden durch die Praxis
beim Schulessen aber täglich negiert. Dass Ernäh-
rung (und Bewegung) für Kinder eine immense Be-
deutung nicht nur für die Gesundheit, sondern für
ihre gesamte körperliche und geistige Entwicklung
haben, spiegelt sich nur in wenigen Schulen wieder.
Kein Wunder, dass heute in Deutschland jeder fünfte
Heranwachsende Übergewicht hat – so viele, wie nie
zuvor. Zudem bestätigt eine gerade im vergangenen
Monat veröffentlichte Studie der Bundeszentrale für
gesundheitliche Bildung, dass Therapien für Kinder
mit Übergewicht nur äußerst begrenzt wirksam sind
und bei gerade einmal 10 bis 18 % der Betroffenen
zu nachhaltigen Verbesserungen führen. Es gibt
also nur einen Weg: Erst gar nicht dick werden. Hier
wird zuallererst im Elternhaus, aber auch durch die
Ernährung und die Ernährungsbildung in Kitas und
Schulen, der Grundstein gelegt. Aber Schulen, die
sich tatsächlich Inhalten wie Ernährungslehre inten-
siv widmen, sind noch immer die große Ausnahme.
Das Schulessen leistet ganz im Gegenteil meist noch
seinen Beitrag zur ungesunden Ernährung. Es muss
vor allem eines sein: billig. Bei Preisen von ca. 2
Euro pro Mahlzeit in unserer Region ist klar, dass
Großanbieter, die Zutaten in Massen und günstig
von anderen Großanbietern beziehen und die mit
ihren Großküchen tagtäglich Tausende Portionen
herstellen, zur Regel werden müssen. Regionale
und kleine Anbieter können bei dem Preisdumping
meist nicht mithalten – aber selbst da, wo Eltern mi-
tentscheiden können, interessiert sie der Preis meist
mehr als der Inhalt des Schulessens. Die Erkenntnis-
se sagen klar, dass bei Kindern höchstens einmal in
der Woche Fleischerzeugnisse inklusive Wurstwaren
und höchstens ein weiteres Mal Fleisch, dann aber
nur mageres Muskelfleisch, auf dem Speiseplan ste-
hen sollte, die Realität der Schulspeisepläne spiegelt
hingegen etwas ganz anderes wieder. Seefisch, der
Marthas Schulessen
Die neunjährige schottische Schülerin Martha hat
mit ihrem Blog zum Schulessen weltweit Millio-
nen Menschen bewegt. Jeden Tag fotografierte sie
das katastrophale Mittagsmenue ihrer Schule und
veröffentlichte es in ihrem Blog. Dank neuer Medi-
en wurde der Blog irgendwie zum Hype – und die
ganze Welt sah schließlich zu, wie sich das Mit-
tagessen recht schnell ganz grundlegend in eine
gesunde, abwechslungsreiche und vollwertige
Kost änderte. Auch so geht es! Ein Beispiel, dass
Schule machen sollte.
neverseconds.blogspot.de
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