Previous Page  19 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 19 / 80 Next Page
Page Background

gegenüber Trägern ähnlich, dort wurde Klage gegen

die Stadt eingereicht. Jetzt will die Stadt Cottbus auch

eine Klage durch uns provozieren – für uns viel Arbeits-

zeit, die wir herzlich gern in eine Qualitätsverbesserung

der Kita stecken würden.

Fühlen Sie sich durch das aktuelle Ultimatum der

Stadt erpresst?

Ja, ganz klar. Die Stadt Cottbus sagt:

macht was wir euch sagen oder wir streichen unsere

Zuschüsse, oder sie will uns die Kita gleich ganz weg-

nehmen. Setzt man das um, was angedroht wird, fehlen

uns im Jahr ca. 100.000 Euro beim Betrieb einer Kita.

Da wir in vielen anderen Projekten der Jugend- und Fa-

milienhilfe Zuschüsse der Stadt erhalten, hat das Vor-

gehen der Stadt auch seinen Beigeschmack. Wir woll-

ten in den 26 Jahren unserer Existenz immer ein streit-

barer Partner für die Stadtverwaltung sein, das wird of-

fenbar immer problematischer. Wir sahen uns nie als

Bittsteller und wollen es auch in Zukunft nicht sein!

Warum folgen viele andere Träger der Gebühren-

erhöhung ohne öffentliches Murren?

Einem Groß-

teil der Träger steht nicht die Kraft oder notwendige Ex-

pertise zur Verfügung, um sich diesemKonflikt zuwid-

men. Teils besteht ein der Not gehorchendes Grundver-

trauen in das Handeln der Stadtverwaltung, teils sind

Geschäftsführungen der Träger gar nicht in Cottbus an-

sässig, da gereicht es im Tagesgeschäft nicht zur nöti-

gen Priorität. Man muss wissen, dass Kitas in der Lei-

tungsstruktur (pädagogisch und organisatorisch) sehr

schwach ausgestattet sind. Für eine Kita mit 150 Plät-

zen stehen effektiv 11 Stunden proWoche für die päda-

gogische Leitung zur Verfügung und für die organisato-

rische Sicherung gereicht es gerade einmal zur Finanz-

und Personalbuchhaltung. Alles andere erfolgt ohne fi-

nanzielle Erstattung. Das kann, vor allem für kleinere

Träger, zumgroßen Dilemma werden. Wenn das bereits

angestrebte Gerichtsverfahren der Cottbuser Eltern ge-

gen die Stadt in den nächsten Jahren feststellt, dass El-

Hier können Sie die ausführlichen Beiträge und

Interviews zum Thema Kitagebühren aus unseren

vergangenen Ausgaben noch einmal nachlesen.

Eltern helfen Eltern: Machen Sie mit!

Die Cottbuser Elterninitiative sucht für ihren Kampf

gegen die Erhöhung der Kitagtebühren und für eine

familienfreundliche Stadt weiterhin Unterstützung.

Hier können Sie Kontakt aufnehmen:

www.facebook.com/Petition2016/

E-Mail:

petition@mail.de www.tiny.cc/kitapetition

Kitagebühren :: Seite 19

ternbeiträge verkehrt berechnet wurden, müssen die-

se Träger unter Umständen erhebliche Summen an El-

tern zurückzahlen, die diese auf Grundlage des Urteils

dann vom Träger zurückfordern könnten. Diese Rück-

lage ist bei kleinen Trägern aber einfach nicht da. Sie

können dann auch nichts gegenüber der Stadt fordern,

da sie Einvernehmen hergestellt haben. Das haben vie-

le Träger nicht erkannt, da sehe ich das wirklich aufop-

ferungsvolle Engagement vieler kleiner Träger in gro-

ßer Gefahr. Die Stadt tut so, als würden viele Träger

dem Verfahren aus Überzeugung zustimmen. Das ist

Augenwischerei.

Halten Sie die Stadtpolitik in Cottbus noch für fami-

lienfreundlich?

Die Stadt ist durch das notorische De-

fizit geplagt und die die Politik sieht sich fälschlicher-

weise gezwungen, immer neue Projekte zu finanzieren.

Es ist egal, auf welcher Ebene man Bezüge herstellt,

Verkehrswegeplanung oder ein ordentliches Bundes-

teilhabegesetz, Flughafen oder Kitafinanzierung, Stadt-

museum oder Familienförderung. Auch ist die Politik

immer öfter bereit, in kostengünstige Kampagnen zu

investieren, statt inhaltliche Arbeit zu qualifizieren.

Da entstehen schnell Zerrbilder der Wirklichkeit. Zu-

erst fallen immer die Schwächsten zumOpfer, das sind

Behinderte, dann sozial schwache und bildungsferne

Haushalte, also immer Personen, die doch auch Res-

pekt verdienen! Freie Träger der Jugend- oder Behinder-

tenhilfe sind davon immer mittelbar betroffen und lei-

den vor allemunter dem rapide sinkenden öffentlichen

Qualitätsanspruch. Nicht alle Politiker schauen darü-

ber hinweg, das ist vielleicht ein Hoffnungsschimmer.

Vielleicht stellt ja Politik wieder gesetzlich vorgeschrie-

bene Beteiligungsmöglichkeiten reell her, imörtlichen

Jugendhilfeausschuss zum Beispiel und anderswo.

Wir werden auch in der kommenden Februar-Aus-

gabe zu diesemThema und den Folgen des Ultima-

tums der Stadt berichten.