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Kolumne :: Seite 32

lausitzDADDY

Innenansichten eines verzweifelten Vaters

Emojis führen zur Infantilisierung selbst 50-jähriger.

Das merkte ich in der Folgewoche, als ich Geschäfts-

freunden per Whatsapp mal ein paar mehr bunte

Botschaften zumutete – und diese prompt in gleicher

Form reagierten. Wowwar ich am Puls der Zeit!

Im Überschwang der Gefühle kam es dann aber zum

Eklat – und das ausgerechnet bei einem guten Ge-

schäftspartner. Ich hatte gerade einen Emoji-Chat mit

meinem Junior hinter mir und beim Durchstöbern der

aktuellsten Symbolchen ganz die Zeit und einen wich-

tigen Termin vergessen. Verdammt. Per Telefon konn-

te ich dort niemanden erreichen und musste dann

auch schon zum nächsten Meeting. Also schickte ich

auf die Schnelle wenigstens eine Nachricht:

Mir war natürlich glasklar, was das bedeutet. Die Uhr

stand für die Zeit, der Kackhaufen-Emoji mit dem

Schwitze-Emoji für „Scheiße, habe ich verschwitzt“,

der Smiley für „nicht so schlimm“ und der Kalender

für „neuen Termin machen“.

Als ich zwei Stunden später ins Büro kam, fand ich

eine wutentbrannte Nachricht vor. Wer ich denn sei,

anderen auf diese infantile Art zu sagen, dass ich den

Termin scheiße finde, er allein im Meeting schwitzen

soll, ihn dann auch noch auslache und anrate, er sol-

le sich einen Kalender zulegen, obwohl er pünktlich

war. Das wäre ja mal die Oberhärte, von dem Teen-

agergehabe mit diesen bunten Dingern ganz abgese-

hen, die keiner versteht.

Im Nu war ich wieder Mitte Vierzig und tauchte aus

dem digitalen Kaufhaus der Emotionen auf. Ver-

dammt. Ein klassischer Brief musste her, von Hand

und mit dem guten Füller unterschrieben, dazu eine

teure Flasche, am besten Champagner. Ich ließ mei-

ner Assistentin freie Hand. Haben Sie schon gewusst,

dass es von der Nobelmarke „Moét & Chandon“ eine

„Emoj Bottle“ gibt, tatsächlich mit quietschbunten

Emojis drauf? Sie fand die Flasche toll und kannte den

Vorgang ja nicht – bei ihrer persönlichen Übergabe

blieb die Freude beim Gegenüber natürlich aus und

der Brief landete ungelesen imMülleimer. Seit diesem

Tag begrüßt mich als ewige Mahnung jeden Morgen

eine Kaffeetasse – Emoji-Motto „Shit happens“, wenn

man sich mit Dingen schmückt, von denen man ei-

gentlich keine Ahnung hat.

Euer lausitzDADDY

Liebe Eltern, mal ganz ehrlich: in Sachen

digitaler Kommunikation ist für uns doch

längst der Zug abgefahren. Da daddeln

unsere gerade den Windeln entschlüpften Kids

am Smartphone herum und versenden kaum noch

Textbotschaften, sondern eine Aneinanderreihung

quietschbunter Symbole und entfachen so eine ellen-

lange Debatte mit ihren Freunden. Emoticons, oder

liebevoller Emojis, heißen diese Botschafter und sind

für unseren Nachwuchs scheinbar so etwas wie für

den Neandertaler die Höhlenmalerei. Als mein Junior

sein Smartphone vor Kurzem einmal abparkte, ver-

suchte ich das mal in einem seiner aktuellen Chatver-

läufe zu entschlüsseln. Wurde früher mal ein Smiley

an eine SMS angehängt, regieren heute meist zehn

oder mehr Emojis über wenige Buchstaben. Es gibt

sie zu allen Themengebieten und Gefühlslagen. Wa-

ren wir in der realen Community früher total eupho-

risch, wenn es neue Sammelsticker zur Fußball-WM

gab, so geht heute bei den Kids ein Raunen durch die

Smartphones, wenn Whatsapp neue Android-Emojis

ankündigt. Unser Großer hat soger ein Programm, mit

dem man Emojis individualisieren kann – und hat

sich und seine Freunden als personalisierte Emojis

auf demSmartphone. Ich will mir gar nicht vorstellen,

was die da alles treiben, Symbole gibt es inzwischen

ja für jede Aktivität.

Interessiert wie ich bin, fragte ich jedenfalls bei mei-

nem Junior nach und er erklärte mir ein paar Nach-

richten. Als Daddy will man ja zeitgemäß und cool

unterwegs sein – und so begab ich mich am Folge-

wochenende in den Dschungel digitaler Bildchen. Es

ist der helle Wahnsinn, wie schnell ein vermeintlich

gestandener Erwachsener in dieser Welt untergeht.

Noch nicht genug gelacht?

Alle Kolumnen

zum Nachlesen unter

www.lausebande.de