Kolumne :: Seite 56
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
auswählen können. Sie wissen: Zuckerbrot und Peit-
sche, so funktioniert Erziehung nun einmal. Leider
nicht bei meiner cleveren Kleinen.
Am gleichen Wochenende bekamen wir nämlich Be-
such von Freunden, die sich nach dem Auszug ihrer
großen Kinder als Pflegefamilie bewerben wollten.
Meine Tochter bekam große Ohren und stellte un-
glaublich viele Fragen. Wie das denn sei mit so ei-
nem Kind auf Zeit, ob man das einfach nach ein paar
Jahren rausschmeißt oder für immer lieb haben darf,
ob es auch immer wieder nach Hause kommen darf,
wenn es großgeworden ist. Natürlich erzählten wir
alle, dass so ein Pflegekind immer zur Familie gehö-
ren wird und zu Hause immer gern gesehen ist. Sofort
ging die nächste Fragerunde los: „Mit Tieren ist das
aber genauso, oder Papa?“. Ich führte aus, dass es
ganz auf die Tiere ankommt. Bei 50 Fischen im Aqua-
rium ist das sicher etwas anderes als bei einem Hund.
Ich grübelte und meinte, wenn man ein Tier so innig
liebt, dass man ihm einen Namen gibt, es als Freund
und Persönlichkeit betrachtet, dann wäre das sicher
fast genauso wie ein kleines Pflegekind. Alle Erwach-
senen nickten andächtig und ich war stolz wie Bolle
auf meine kluge Antwort. Auchmeine Tochter strahlte
übers ganze Gesicht und ich freute mich umso mehr,
dass sie offensichtlich ihren Papa für einen weisen
Helden hielt. Da lag ich aber wie so oft weit daneben.
Den Rest des Tages samt nächstem Vormittag bekam
ich meine Tochter nicht zu Gesicht. Dann wollte ich
aber meinen Auftrag fürs Wochenende vollstrecken
und die Plüschbrigade vereinzeln und ging in ihr Kin-
derzimmer. Dort waren alle Plüschtiere aufgereiht,
aber keines trug einen bunten Punkt. Stattdessen
hatte meine Kleine tatsächlich 174 Namensaufkleber
gebastelt und jeder Plüschgeselle schaute mich treu-
doof mit Namensschildchen an. Sie stellte mir ihre
Pflegekinder eins nach dem anderen vor und erzählte
mir deren Lebensgeschichte. Vom Augenblick, als sie
in ihr Zuhause kamen bis jetzt. Sie liebte sie alle. Bei
Nummer 20 gab ich auf. Sie hattemeinen Planmit den
Klebepunkten natürlich durchschaut. Meine bessere
Hälfte meinte, das hätte sich „der Herr Superpädago-
ge“ ja selbst eingebrockt. Den Rest des Wochenendes
durfte ich Kuscheltiere entstauben. Eine Pflegefamilie
ist eben kein Ponyhof.
Euer lausitzDADDY
Bei unseren Herbstaufräumarbeiten habe
ich wieder mal über meine Kleine gestaunt.
Okay, so klein ist sie mit knapp zehn Jah-
ren nun auch nicht mehr, aber nach ihren drei gro-
ßen Brüdern wird sie wohl auch mit 50 Jahren noch
mein Nesthäkchen sein. Aber zurück zumHerbstputz.
Sie kennen das sicher auch: genau wie im Frühjahr
erfolgt auch im Herbst die Umstellung der Kleider-
schrankkollektionen, diesmal von T-Shirt auf Pullo-
ver, von Shorts auf Winterjacke und Schal. In diesem
Zusammenhang versuchen wir jedes Jahr natürlich
auch, unsere Kinder von unnötigem Krempel im Kin-
derzimmer zu befreien. Bei meiner Kleinen sind das
Heerscharen von Kuscheltieren, meist treudoof mit
Glubschaugen um Gnade winselnd. Von meiner bes-
seren Hälfte wurde ich diesmal instruiert, hart durch-
zugreifen und die „Staubfänger“ endlich einmal
auszudünnen. So kündigte ich es meiner Kleinen an
und ließ wieder einmal den Superpädagogen heraus-
hängen. Wir zählten einmal die Plüschbevölkerung
im gesamten Zimmer durch – und kamen dabei auf
erstaunliche 174 Untermieter. Dann erhielt sie vonmir
aus einer Workshop-Collection farbige Klebepunk-
te, und zwar 80 grüne Punkte, 50 gelbe und 44 rote.
Ich gab ihr drei Tage Zeit, die Punkte an ihr kleines
Volk zu kleben, und zwar grüne für ihre Lieblinge,
dann gelbe für die zweitwichtigsten Lieblinge und
rote für die drittwichtigsten Lieblinge. Sie erahnen
sicher schon meinen Plan. Meine Kleine klebte gleich
drauf los und ich war mir sicher, dass sie über mein
brutales Entplüschungsvorhaben hinter den lustigen
Pünktchen noch im Dunkeln war. Die rot beklebten
Plüschtiere wollte ich gleich aussondern, von den
gelben sollte sie noch die Hälfte zum Daheimbleiben
Noch nicht genug gelacht?
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