
Familien haben großes Einsparpotenzial
Vor allem Hausbesitzer und Familien können mit ein paar Veränderungen viel Energie sparen. Wie das gelingt und wie man schon Kinder zu einem sorgsamen Umgang mit Energie anhält, darüber haben wir mit Martin Brandis gesprochen, Energieexperte bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale. Sie ist das größte interessen-neutrale Beratungsangebot zum Thema Energie in Deutschland. Bundesweit stehen 550 Energieberater jährlich rund 120.000 Verbrauchern zur Seite.
Die Energieberatung der Verbraucherzentrale gibt es seit 1978 – wie hat sich Ihre Arbeit in dieser Zeit verändert?
Die auffälligste Veränderung ist, dass wir eine stete Zunahme an Themen haben. Das Spektrum der von uns bearbeiteten Themen ist über die Jahre immer breiter geworden. Anfangs kümmerten wir uns vor allem um klassische Themen wie Stromverbrauch und Heizverhalten. In den letzten Jahren sind viele Themen neu hinzugekommen, z.B. Solarenergie, die Eigenerzeugung von Energie oder der Anbieterwechsel. Mit dem Energiemarkt hat sich auch unsere Arbeit verändert. Aber nicht nur die Inhalte unserer Beratung haben sich verändert, auch die Orte: In der Anfangszeit haben wir nur vor Ort in unseren Beratungsstellen beraten, heute kommen unsere Energieberater auch zu den Verbrauchern nach Hause und geben vor Ort Tipps, die zum jeweiligem Zuhause passen.
Gehören Familien zu Ihrer „klassischen“ Kundschaft?
Inwiefern nutzen diese die Energieberatung der Verbraucherzentrale und mit welchen Anliegen kommen Sie zu Ihnen? Unser Angebot richtet sich an alle Verbraucher und damit auch an Familien. In der Tat ist es häufig so, dass junge Familien zu uns kommen. Sobald Kinder zum Haushalt gehören, dann steigt automatisch auch der Energieverbrauch und dann geht es auf die Suche nach Einsparpotentialen. Wir schauen dann gemeinsam, wo die Ursachen für den erhöhten Verbrauch liegen, wo vielleicht Umbaumaßnahmen am Haus oder der Austausch der Heizung den Energieverbrauch senken können.
Wer im Internet sucht, findet jede Menge Energiespartipps, haben Sie Tipps speziell für Familien?
Die meisten Energiespartipps lassen sich in jedem Haushalt umsetzen, unabhängig von der Größe. Aber es gibt auch einige spezifische Empfehlungen, zum Beispiel bei der Waschmaschine. So ist es immer sinnvoll, die Gerätegröße dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Das heißt für Familien kann durchaus die Anschaffung einer Waschmaschine mit acht Kilogramm Fassungsvermögen sinnvoll sein. Genauso sollte man individuell prüfen, ob es sich rechnet den großen Kühlschrank nach dem Auszug der Kinder gegen ein kleineres Modell auszutauschen. Pauschal lässt sich das nicht sagen, das hängt immer von der individuellen Situation der Familie und von verschiedenen Faktoren, wie dem Alter des Gerätes, ab.
Wann lohnt der Austausch eines alten Kühlschranks oder einer Waschmaschine?
Das lässt sich ebenfalls nicht pauschal sagen. Auch da hängt es vom Gerät und dessen Alter ab. Bei Kühlschränken oder Wäschetrocknern, die älter als zehn Jahre sind, würde ich einen Austausch zumindest in Betracht ziehen. Denn dort hat sich durch die technologische Entwicklung viel getan. Die bei Trocknern entwickelte Wärmepumpentechnik ist sehr viel effizienter. Anders ist es bei Waschmaschinen, da ist den vergangenen Jahren nicht so viel passiert, so dass man hier ruhig warten kann, bis die alte Maschinen ihren Geist aufgibt. Als Empfehlung raten wir, vor dem Austausch eines Gerätes sowohl die Umwelt- als auch die Kostenbilanz zu betrachten. Eine Anschaffung, die sich aus Umweltgründen lohnt, muss nicht unbedingt eine bessere Kostenbilanz aufweisen. Eine gute Orientierung finden Verbraucher bei der EcoTopTen-Liste des Ökoinstituts. Dieses vergleicht für Elektrogeräte den gesamten Produktzyklus von der Herstellung bis zur Entsorgung und stellt dann die CO2-Bilanz von Alt- und Neugerät gegenüber.
Es wird häufig empfohlen, die Energiesparprogramme von Waschmaschine und Geschirrspüler zu nutzen – Hygienefachleute wiederum kritisieren genau das, da niedrigere Waschtemperaturen zwar Strom sparen, aber Keimen Vorschub leisten. Was empfehlen Sie?
Nach der Wäsche zurückbleibende Keime sind tatsächlich ein Problem. Allerdings liegt das weniger an der zu niedrigen Waschtemperatur, sondern an der Wahl des richtigen Waschmittels. Wenn in einem Haushalt alle gesund sind, spricht nichts dagegen, im Sparprogramm zu waschen. Wo hygienische Sauberkeit wichtig ist, sollten Verbraucher ein Vollwaschmittel nutzen. Das enthält Bleichmittel, welches Keime auch bei niedrigeren Temperaturen abtötet.
Einerseits werden Verbraucher immer wieder zum Stromsparen angehalten, andererseits steigt die Zahl der Elektrogeräte in Privathaushalten seit Jahrzehnten (z.B. Trockner, zweiter TV, smart home, E-Auto-Ladesäule)? Wie lassen sich fortschreitende Technologie und Nachhaltigkeit miteinander vereinbaren?
Wir beobachten ebenfalls, dass das Einsparpotential von Großgeräten durch zusätzliche Geräte wieder aufgezehrt wird. Diese widersprüchliche Entwicklung ist ein Fakt, auf den wir als Verbraucherzentrale nur bedingt Einfluss haben. Manch ein Router verbraucht mehr Energie als ein moderner Kühlschrank. Daher empfehlen wir, beim Kauf von Geräten wie Router oder Smartphone auf den Stromverbrauch zu achten. Immerhin: EU-weit helfen immer strengere Öko-Design-Verordnungen dabei, den Stromverbrauch neuer Elektrogeräte zu begrenzen. Mit Blick auf die E-Mobilität wird der Stromverbrauch natürlich weiter ansteigen, dennoch ist sie ein bedeutsamer Teil der Energiewende.
Worauf sollten Hausbauer beim Thema Energieeffizienz achten?
Wir beobachten, dass Hausbauer immer weniger auf dieses Thema achten. Dadurch, dass ohnehin die Pflicht zur energieeffizienten Bauweise besteht, verlassen sich private Bauherren gern auf Planer und Baufirma. Dabei ist das Thema so komplex, dass wir unbedingt zu einer externen Beratung raten. Es geht dabei nicht nur um das Thema der passenden Heizung oder Wärmedämmung. Auch beim Grundriss und beim Einbau der Elektrik lassen sich Punkte der Energieeffizienz berücksichtigen. Eine solche Orientierungsberatung sollte idealerweise schon während der Planung stattfinden und nicht erst, wenn der Bau bereits begonnen hat.
Ab wann lohnt sich die private Erzeugung erneuerbarer Energien?
Generell lohnt es sich für jeden Hausbesitzer, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, da die Produktion von Energie für den Eigenbedarf in fast allen Fällen wirtschaftlich interessant ist. Viele denken dabei an Photovoltaik, aber es gibt noch mehr Möglichkeiten wie Miniwindräder oder Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung. Um eine individuell passende Lösung zu finden, sollte man daher eine Energieberatung in Anspruch nehmen.
Viele Verbraucher bleiben über Jahre beim gleichen Strom- bzw. Gasanbieter. Warum kann sich die Mühe eines Wechsels lohnen?
In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Verbraucher, die den Anbieter wechseln, stetig gestiegen. Ein Anbieterwechsel ist heute ein Stück weit Routine geworden. Gleichwohl gibt es viele Verbraucher, die weiter kein Interesse an einem Wechsel haben. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: fehlende Informationen oder Bequemlichkeit. Andere haben sich von Insolvenzen unseriöser Anbieter abschrecken lassen. Wieder andere wollen beim Grundversorger bleiben, könnten aber auch da einsparen, wenn sie den Tarif wechseln. Gerade bei älteren Verbraucher scheitert der Wechsel oft einfach an der Digitalisierung des Energiemarktes. Vieles passiert heute per E-Mail oder über Online-Portale. Verbraucher ohne Internet sind davon mehr oder weniger ausgeschlossen. Junge Familien dagegen sind einem Wechsel gegenüber aufgeschlossener. Aufgrund des hohen Energieverbrauchs lohnt sich ein Wechsel bei ihnen eher, weil die Ersparnis größer ist.
Worauf sollten sie achten, wenn sie den Anbieter wechseln wollen?
Der wichtigste Tipp: auf das Kleingedruckte achten! Welche Konditionen hat der neue Tarif? Da geht es um Punkte wie Vertragslaufzeit, Kündigungsfrist, Stromart. Die wichtigsten Konditionen sind bei den meisten Online-Vergleichsportalen mit aufgeführt. Vor dem Wechsel sollte man natürlich die mögliche Ersparnis prüfen, sich also die Frage stellen, ob der Wechsel überhaupt lohnt. Zudem sollte man die Angaben des Vergleichsportals noch mal direkt beim Anbieter abgleichen. Wer einen neuen Vertrag abschließt, sollte sich gleich die Kündigungsfrist notieren, damit man dann ggf. vor einen erneuten Wechsel rechtzeitig kündigt. Wer einen Vertrag übers Internet abschließt, sollte sein E-Mail-Postfach einschließlich spam-Ordner regelmäßig prüfen, damit kein Schriftverkehr verloren geht. Wer auf Nummer sicher gehen will, wählt den postalischen Schriftverkehr, der ist aber unter Umständen etwas teurer. In der Vergangenheit gab es unseriöse Anbieter, die Preiserhöhungen als Werbepost getarnt haben und die dadurch für den Verbraucher kaum zu erkennen waren. Daher rate ich mittlerweile: Egal, was Sie von Ihrem Anbieter zugeschickt bekommen: bitte gründlich lesen und aufbewahren.
Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp, wie man schon Kinder für das Thema Energiesparen sensibilisieren kann?
Wie bei vielen Themen, würde ich auch dieses Thema früh ansprechen, also Kindern schon von klein auf erklären, dass Energie wertvoll ist, und dass wir sparsam mit ihr umgehen sollten. Dazu gehört in meinen Augen auch, ältere Kinder, die bereits eigenes Geld verdienen, an den Kosten für Strom und Energie zu beteiligen, falls sie noch zu Hause wohnen. Hilfreich kann es zudem sein, das Thema Energie zu veranschaulichen. Der Strom kommt zwar aus der Steckdose, aber was passiert vorher? Wir haben beispielsweise ein „Energiefahrrad“ mit einem Generator. Wer sich darauf setzt und strampelt, merkt schnell, wie anstrengend es ist, Energie zu erzeugen.
Sie finden Martin Brandis im Checkpoint Energie in Berlin, der Repräsentanz der Energieberatung der Verbraucherzentrale in der Bundeshauptstadt. Neben der Energieberatung gibt es dort Veranstaltungen und Ausstellungen rund um das Thema Energie – auch speziell für Schulklassen. Infos und Anmeldung unter 030 25800-150 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!





