Luxusartikel Kind Teil 7

Datum: Mittwoch, 02. Mai 2018 16:10

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Aktuelles zum Essengeld und zum Fröbel-Hilferuf.

In der vergangenen Ausgabe der lausebande hatten wir über die positiven Entwicklungen beim Essengeld in Cottbuser Kitas berichtet. Die Eltern zahlen nun einheitlich 1,83€ pro Tag für die Mittagsverpflegung ihrer Kinder in Krippe oder Kindergarten bzw. 2,20€ für Hortkinder. Zudem muss in Cottbuser Kitas nun die Versorgung aller Kinder mit Frühstück, Vesper, Windeln und Co. sichergestellt werden, da diese laut Kitagesetz §17 Absatz 1 mit den Elternbeiträgen abgegolten ist. Ein toller Schritt für mehr Gleichberechtigung aller Cottbuser Kitakinder und derer Eltern. Wir sprachen mit Arlett Anderßen, Mitglied des Cottbuser Elternbeirats und Mitgründerin der Cottbuser Elterninitiative gegen die Erhöhung der Kitabeiträge über offene Fragen und darüber, ob dieses Beispiel auch in anderen Kommunen Schule machen kann.

Seit dem 1. Januar 2019 wurde das Essengeld in Cottbuser Kitas auf 1,83€ angeglichen, was der Höhe der im Durchschnitt ersparten Eigenaufwendungen entspricht. Doch was ist darunter zu verstehen?

Damit ist die häusliche Ersparnis gemeint, wenn das Kind in der Kita isst, statt zu Hause mit Mittagessen versorgt zu werden. Eine konkrete Definition dieses Begriffes gibt es in der Rechtssprache nicht, sodass Kommunen die Höhe der durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen selbst ermitteln müssen. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe wurden in der Stadt Cottbus so die Essengelder in Höhe von 1,83€ (Krippe und Kindergarten) bzw. 2,20€ (Hort) ermittelt.

Wenn mein Kind nur sechs Stunden betreut wird, also nur an Vesper oder Frühstück und nicht an beidem teilnimmt, muss ich dann die anderen Mahlzeiten für die anderen Kinder mitbezahlen?

Die Berechnung der Kitagebühren richtet sich nach der gebuchten Betreuungszeit, sodass Eltern, deren Kinder nur 6 Stunden betreut werden, weniger Gebühren zahlen als Eltern, deren Kinder mehr als 6 Stunden betreut werden. Die Vollverpflegung wird über die Kitagebühren umgelegt. Das heißt, wird ihr Kind kürzer betreut, wird auch nur ein Teil der Vollverpflegungskosten auf Sie umgelegt.

Was können Eltern tun, wenn sie in ihrer Kita trotzdem noch höhere Beträge für die Mittagsversorgung bezahlen?

Normalerweise müsste das Essengeld seit dem 1. Januar automatisch angeglichen worden sein. Auch Frühstück, Vesper, Windeln und weitere Verbrauchsgüter müssen bereitgestellt werden. Wenn das noch nicht der Fall ist, sollten sich Eltern an ihren Träger wenden und auf die Finanzierungsrichtlinie beziehen. Diese finden Eltern auf der Website www.cottbus.de.

Was können Eltern anderer Kommunen in der Lausitz oder im Spreewald tun, wenn sie das Gefühl haben, zu viel Essengeld zu bezahlen oder die Versorgung mit Frühstück, Vesper oder Verbrauchsgütern nicht sichergestellt wird?

Trommeln Sie weitere betroffene Eltern zusammen und wenden Sie sich beispielsweise an unseren Elternbeirat in Cottbus (s. Interview S. 34). Bauen Sie beim Jugendamt Druck auf, damit eine Arbeitsgruppe gebildet wird – falls diese schon vorhanden ist, sprechen Sie dort mit Ihrem Anliegen vor. Erstellen Sie eine Petition beispielsweise auf www.openpetition.de, wie auch wir es im Sommer 2016 gemacht haben, oder teilen Sie der regionalen Presse Ihr Anliegen mit. Auch Elterninitiativen können weiterhelfen. Zur Not hilft auch der Klageweg, vor allem wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben.


So kommen Sie an Ihr Essengeld

Bei Kitas in kommunaler Trägerschaft müssen die Eltern sich an die jeweilige Stadt oder Gemeinde wenden. Bei Kitas in privater Trägerschaft ist der jeweilige privatrechtlich organisierte Träger wie AWO, DRK, ASB oder ein entsprechender Trägerverein, der richtige Ansprechpartner.

Ein Musterformular zum Ausfüllen findet man auf www.tiny.cc/essengeld-antrag. Klicken Sie auf der Website auf den Link unter dem Absatz „Geltendmachung gegenüber anderen Trägern“. Daraufhin können Sie das Formular herunterladen. Das Formular ist aus dem Jahr 2016, daher müssen Sie zuerst das Datum aktualisieren. Tragen Sie nun den Namen Ihres betroffenen Kindes ein. Im nächsten Schritt müssen Sie den Zeitraum auf den aktuellen Stand bringen. Sie können eine Rückzahlung ab dem 1. Januar 2015 geltend machen, also für drei volle Jahre und das angebrochene Jahr 2018. Danach tragen Sie Ihre Bankdaten ein und gewähren dem Träger eine Frist von drei Wochen.

Füllen Sie im nächsten Schritt die Aufstellungen der einzelnen Abrechnungen aus. Hinweis: Die tatsächliche Essenanzahl kann von Monat zu Monat variieren. Wichtig ist, dass Sie mit entsprechenden Belegen nachweisen können, das Essengeld tatsächlich gezahlt zu haben (z.B. Kontoauszüge).

Drucken Sie zu guter Letzt das Formular aus, versehen Sie es mit Ort, Datum und Unterschrift und lassen Sie es Ihrem Träger zukommen. Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich an die Brandt Rechtsanwälte unter der Telefonnummer 03984 831973 wenden.

Betroffene Eltern sollten also so schnell wie möglich beim jeweiligen Kita-Träger die Erstattung der Beträge geltend machen. Sollten diese die Erstattung ablehnen oder innerhalb der gesetzten Frist gar nicht reagieren, empfiehlt es sich, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen. Aufgrund der Urteile sagen die meisten Rechtsschutzversicherungen die Kostenübernahme zu, so dass im Prinzip kein Kostenrisiko für eine Klage besteht. Aufgrund der guten Erfolgsaussichten einer Klage besteht ebenso die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen.


Beitragsfreies Kitajahr führt zu Problemen

Das beitragsfreie Vorschuljahr, das ab dem 1. August 2018 in Brandenburger Kitas eingeführt wird, bedeutet eine große Entlastung für Eltern – laut SPD-Landtagsabgeordneter und Sprecherin für frühkindliche Bildung Gabriele Theiß um durchschnittlich 1.320 Euro jährlich. Doch damit gehen auch einige Probleme einher, wie wir schon in der vergangenen Ausgabe der lausebande angedeutet haben. Konkret besteht die Befürchtung, dass durch das beitragsfreie Vorschuljahr mehr Eltern Betreuung in Anspruch nehmen oder die Betreuungszeit in einzelnen Fällen erhöht wird. Das führt zu einem tieferliegenden Problem: Betreuungszeiten, die 7,5 Stunden übersteigen, werden nämlich grundsätzlich nicht finanziert. In der Realität liegen diese bei über einem Drittel der Brandenburger Eltern bei bis zu zehn Stunden, in Cottbus sogar bei rund der Hälfte aller Eltern. In diesen Fällen müssen Kitaträger versuchen, diesen Mehrbedarf mit dem für eigentlich nur 7,5 Stunden finanzierten Personal abzudecken. Dabei noch den gesetzlich vorgegebenen Personalschlüssel von 1:5 (Krippe) bzw. 1:11,5 (Kita) einzuhalten, ist praktisch unmöglich – das zeigte auch der Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung, der die Personalschlüssel in Kitas untersuchte und beispielsweise Cottbus mit 1:7,2 bzw. 1:13,3 den bundesweit schlechtesten Wert einräumte. Die Stadt Potsdam löst dieses Problem seit dem 1. Januar, indem sie die Finanzlücke aus eigener Kraft schließt. Der Kita-Elternbeirat Potsdam begrüßt dieses Engagement, merkt aber an, dass alle Brandenburger Kinder ein Recht auf gute Betreuungsbedingungen haben sollten. Dies können aus ihrer Sicht nur das Land Brandenburg und der Bund sicherstellen. Sowohl die gebührenfreie frühkindliche Bildung als auch die Verbesserung der Betreuungsqualität seien elementare Forderungen der Eltern, die nebeneinander umgesetzt werden sollten, wie auch schon in vielen anderen Bundesländern in Deutschland.


3 Fragen an Annekatrin Augstein, Elternbeirat Cottbus

Im Elternbeirat der Stadt Cottbus engagieren sich 29 Elternvertreter aus Kindertagesstätten und Horteinrichtungen verschiedener Träger. Das Gremium wurde am 28. September 2017 im Stadthaus Cottbus gegründet und vertritt seitdem die Interessen der Einrichtungen, der Kinder und der Eltern. Vorsitzende und Sprecherin des Elternbeirats, Annekatrin Augstein, klärte uns über die genaue Funktion des Gremiums auf.

Welche Funktion hat der Elternbeirat?

Der Elternbeirat soll vom Jugendamt in allen wesentlichen Fragen, die die Kindertagesbetreuung betreffen, gehört werden. So haben Eltern die Möglichkeit, sich an der Entwicklung der Kindertagesbetreuung stärker zu beteiligen. Aus der Mitte des Elternbeirats kann zudem ein Vertreter gewählt werden, der in den Elternrat auf Landesebene entsendet wird und dort die Interessen von Eltern vertritt.

Was haben Sie bisher erreicht?

Allein die Tatsache, dass alle Elternvertreter durch ihr Engagement die Entstehung eines Elternbeirates in Cottbus erreichen konnten, ist eine tolle Sache. Gemeinsam stellen wir ein beratendes Organ im Jugendhilfeausschuss. Ich persönlich sehe die Entwicklung als Gewinn für Transparenz und bürgernahe Kommunikation. Aktuell wird nun die Legitimation eines Landeselternbeirates für Brandenburg angestrebt, dieses Vorhaben wird von unserer Bildungsministerin Britta Ernst begleitet.

Können interessierte Eltern auch an Sitzungen des Elternbeirats teilnehmen?

Wir begrüßen interessierte Eltern gern, Sie können an unseren Sitzungen teilnehmen. Es ist allerdings eine Anmeldung und Bestätigung erforderlich. Unter der E-Mail-Adresse Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erreichen Sie uns zur Voranmeldung!

Autor: Jonas Köhler