Wenn, dann richtig: Kitagebühren adé?

Datum: Montag, 27. Februar 2023 14:37


Foto: AJ_Watt, istock

Das Land Brandenburg kann eine einmalige Chance nutzen

Keine Kitabeiträge mehr für Geringverdiener, geringere Kosten für manche – rund zwei Drittel der Brandenburgischen Eltern müssen seit diesem Jahr nicht mehr die Standard-Sätze für die Betreuung ihrer Kids bezahlen. Warum dann nicht gleich die Beitragsfreiheit für alle umsetzen? Genau das schlägt der Landeskitaelternbeirat Brandenburg (LKEB) vor – und zeigt in einem Rechenbeispiel die Möglichkeiten auf. Wir gehen der Frage auf den Grund, ob und wie die Gratis-Kita für alle denkbar wäre.

Schrittweise Richtung Beitragsfreiheit

Schon seit 2018 ist das letzte Kitajahr in Brandenburg beitragsfrei. Am 1. August 2023 folgt das vorletzte und ein Jahr darauf das nächste, sodass Eltern zum Sommer 2024 nur noch für Kinder im Alter von 0 bis 3 zahlen. Hinzu kommt die Beitragsfreiheit für geringverdienende Familien, die bis 2022 für alle mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 20.000 Euro galt.

Infolge des Ukrainekriegs, der Energiekrise und den daraus resultierenden Mehrbelastungen für Familien kam Ende 2022 weitere Bewegung in die Sache. Die Brandenburgische Landesregierung schnürte das „Brandenburg-Paket“, bei dem auch Eltern mit Kita-Kids berücksichtigt wurden. Seit 2023 zahlen nun auch Haushalte mit einem Jahresnetto bis 35.000 Euro keine Gebühren mehr, zudem werden die Beiträge für alle mit mittleren Einkommen zwischen 35.001 und 55.000 Euro abgefedert und reduziert.

Beitragsfreie Kita auch für Sie? Hier nachrechnen! 

Brandenburg befindet sich also bereits auf dem Weg zur Gratis-Kita, wenngleich die Maßnahmen aus dem Brandenburg-Paket bis Ende 2024 befristet sind. Nicht berücksichtigt wurden beim aktuellen Paket jedoch die besserverdienenden Familien. Rund 39.000 Haushalte und damit fast ein Viertel der Eltern sind betroffen – sie leiden nun besonders stark unter der Energiekrise. Komplett beitragsfrei sind die Kitas bereits in Berlin sowie in Mecklenburg-Vorpommern, in Hamburg nutzen Kids die Einrichtungen für fünf Stunden am Tag kostenfrei.

150 Mio. Euro für den letzten Schritt?

Könnte Brandenburg weitere Mittel aus dem Brandenburg-Paket aufwenden und den Beispielen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern folgen? Der Landeskitaelternbeirat Brandenburg rechnet in einem offenen Brief vor:
„Die Gesamtkosten für eine Beitragsbefreiung aller Familien über 20.000 € Netto-Haushaltseinkommen belaufen sich für die kommenden zwei Jahre auf ca. 360 Mio. Euro. Berücksichtigt man die bereits eingeplanten 100 Mio. für den beitragsfreien Kindergarten (ab August 2023 bzw. August 2024) sowie die bereits im Brandenburg-Paket vorgesehenen 110 Mio. bleibt ein ergänzender Bedarf von ca. 150 Mio. Euro., welcher im Zuge der Entlastungen von Bürger*innen ebenso aus dem Hilfspaket abgedeckt werden kann.“ (vollständig nachlesen unter: www.lkeb.de/beitragsfreiheit-fuer-alle) 

Bestandteile des Brandenburger Entlastungspaketes – die Top 10

  • 190 Mio. Euro zur Krisenbewältigung der Krankenhäuser
  • 190 Mio. Euro für den Schienenpersonennahverkehr zur Kompensation höherer Energiekosten
  • 152 Mio. Euro zur Kofinanzierung des „Klimatickets“ (49-Euro-Ticket)
  • 116,3 Mio. Euro für die Ausweitung der Elternbeitragsfreiheit und -begrenzung in Kitas
  • 111,3 Mio. Euro für zusätzliche Ausgaben durch die Wohngeldnovelle
  • 98 Mio. Euro als Hilfe für Kommunen bei der Unterbringung Geflüchteter (7.000 neue Unterbringungsplätze)
  • 90 Mio. Euro zur Kompensation von höheren Energiekosten bei kommunalen Verkehrsunternehmen
  • 69,32 Mio. Euro für die Brandenburger Wirtschaft zur Transformation hin zu einer CO2-armen Produktionsweise
  • 60 Mio. Euro als Sozialkostenpauschale
  • 51 Mio. Euro zur Unterstützung der Kindertagesbetreuung wegen erhöhter Energiekosten


Hinzu kommen 64 weitere Maßnahmen, welche in Summe rund 650 Millionen Euro ausmachen.

Gesamtvolumen: 2 Milliarden Euro
Bisher bestätigte Investitionen: 1,778 Mrd. Euro
Rest: 222 Millionen Euro (Stand: 31.01.2023)

Tatsächlich sind es nach Angaben des Brandenburger Bildungsministeriums 116 Millionen Euro, die in die neuerliche Entlastung von Eltern mit Kita-Kindern fließen. Dennoch erscheint die Schlussfolgerung vom Landeskitaelternbeirat Brandenburg plausibel. Summiert man die bisher angekündigten Bestandteile des Entlastungspaketes, dann bleibt ein Rest von 222 Millionen Euro, der nach Ansicht des LKEB ausreichend wäre (Stand: 31. Januar 2023).
Den letzten, konsequenten Schritt zur Gratis-Kita für alle zu machen, fordern auch der Brandenburgische Städte- und Gemeindebund und die Partei DIE LINKE. Beide sprechen bei der aktuellen, schrittweisen Beitragsfreiheit von einem Bürokratiemonster, das für Unmut in der Elternschaft sorgt. Allein der administrative Aufwand würde bei der aktuellen Handlungsweise für viel Arbeit und hohe Kosten sorgen, zudem sei das Messen mit zweierlei Maß – also die Unterscheidung zwischen Gering-, Durchschnitts- und Besserverdienern – nicht vermittelbar.