Good Bye und alles Gute, tschüss Britta Ernst – und hallo, Steffen Freiberg!
Ministerin Britta Ernst dankt ab – doch die Herausforderungen bleiben bestehen.
„EsIstErnst“ tituliert eine aktuelle Petition, die im April von Eltern der Stadt Wittstock erstellt wurde und von der Landesregierung Brandenburg grundlegende Veränderungen der Kitalandschaft fordert. Im Kampagnenname steckt offensichtlich ein Wortspiel – und auch unsere Redaktion steckte Mitte April bereits die Köpfe zusammen, um in einer „nicht ganz Ernst gemeinten Ecke“ mit unterhaltsamer Wortakrobatik dem wachsenden Frust über die Brandenburger Kita- und Schulsituation und vor allem Ministerin Ernst Luft zu machen. Schon seit zwei Jahren haben wir ein gutes Dutzend Mal geschrieben, dass die Kanzlergattin ihren Stuhl räumen sollte. Was nur wenig später am 17. April passierte, hat uns dann aber doch überrascht: Britta Ernst trat von ihrem Posten als Landesministerin für Bildung, Jugend und Sport zurück. Hurra!
Zuletzt gab es von immer mehr Seiten Kritik an der Schul- und Kita-Politik der Bildungsministerin. Durch die Kita-Elternbeiräte vor allem wegen der verschleppten Reform des Brandenburger Kitagesetzes. Anfang April 2023 ließ das Ministerium in einer Pressemitteilung verlauten, die Reform könne endlich fortgesetzt werden, ließ aber konkrete Zeitpläne vermissen und stieß mit der Priorisierung des Themas „Datenschutz“ auf gänzliches Unverständnis bei Eltern und Kita-Trägern.
Ebenfalls als äußerst ungünstig erwies sich die Idee, 200 Planstellen für Lehrer für Verwaltungsfachkräfte und Schulsozialarbeiter umzuwidmen. Dadurch sollten in allen Schulen Ressourcen für Zusatzangebote wie Förder- und Ganztagsunterricht sowie Inklusion gekürzt werden. Weitere Beispiele, die für Druck im Kessel der Betroffenen von Ernsts Irrwegen sorgten, waren der brandenburgische Alleingang mit der Verbeamtung von Seiteneinsteigern mit Bachelor-Abschluss als Bildungsamtfrau bzw. -mann, das abgesagte Vorziehen des Einschulungsstichtages trotz Verankerung des Vorhabens im Koalitionsvertrag – sowie der Absturz in den Leistungen beim IQB-Bildungstrend.
Britta Ernst brachte in einer persönlichen Erklärung zum Ausdruck, dass es schwierig sei, Politik für Kinder und Jugendliche zu gestalten, und dass in der Corona-Pandemie ein besonderes Krisenmanagement gefragt gewesen sei, für das es kein historisches Vorbild gab. In den vergangenen Jahren hätte es dennoch viele Verbesserungen an den Schulen und Kitas, in der Jugendarbeit und im Sport gegeben. Sie identifiziert den Mangel an Lehrkräften als wachsende Herausforderung für das Schulwesen, welche uns in ganz Deutschland für die nächsten Jahrzehnte begleiten würde.
Im Spezial „Die große Le(e)hre“ gingen wir zuletzt dem Lehrermangel auf den Grund, die stundenmäßige Überlastung vieler Lehrkräfte ist beileibe kein Brandenburger Problem, sondern ein bundesweites. Allerdings ist die Überalterung der Lehrerschaft in Brandenburg besonders krass und auch hier hat Britta Ernst zu spät reagiert. Vor allem bei der Digitalisierung der Schulen und bei den Bildungsrankings zeigt sich regelmäßig, wie schlecht es um den Brandenburger Bildungsweg steht. Insofern besteht nun die Hoffnung, dass Steffen Freiberg als Nachfolger seinem Namen alle Ehre macht und Kitas wie Schulen in unserem Land trotz des Bergs an Problemen, den Britta Ernst hinterlässt, den Weg freiräumt.
Der 1981 in Rostock geborene Vater eines Kindes war zuvor Staatssekretär im Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, arbeitete unmittelbar mit Britta Ernst zusammen, ist mit den Abläufen innerhalb des Ministeriums vertraut und soll am 10. Mai vereidigt werden. Auf ihn wartet das Bildungssystem eines Landes, dem es an Lehrern fehlt und das in Ländervergleichen regelmäßig schlecht abschneidet. Zahlreiche Beteiligte, darunter Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter, boten ihm bereits Gespräche an, um entstandene Blockaden zu überwinden und einen neuen Kurs zu entwickeln.
Ralf Schneider (Elternbeirat Cottbus) über den Rücktritt von Britta Ernst:
„Der Schritt war lange überfällig und ermöglicht endlich einen Neustart. Ob diese Chance genutzt wird, liegt bei den handelnden Akteuren der Landesregierung. Frau Ministerin Ernst macht Platz für einen hoffentlich frischen Wind im Ministerium. Die Aufgaben und Probleme sind gewaltig, es braucht wieder mehr Mut, Engagement, frische Ideen und Freude am Amt, um die Fülle an Aufgaben zu bewältigen. Für die Zukunft wünschen wir uns im Brandenburger Bildungsministerium mehr Blick auf die Lebensrealität von Familien mit kleinen Kindern, das Wissen um die Bedeutung, Qualitätssteigerung in der frühkindlichen Bildung und vor allem die Dringlichkeit von Reformen. Wir wünschen dem künftigen Minister Steffen Freiberg viel Erfolg im Sinne unserer Kinder und sind bereit für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Frau Britta Ernst wünschen wir alles Gute für ihren weiteren Weg.“