Ein sehr verlässlicher Freund

Datum: Donnerstag, 30. Juni 2016 09:47

Interview mit Schauspieler und Musiker Axel Prahl
Axel Prahl zählt zu den bekanntesten deutschen TV-Gesichtern, vor allem durch seine Tatort-Rollen mit Freund und Kollege Jan Josef Liefers. Was viele nicht wissen, er ist auch ein ebenso begnadeter Musiker. Das sympathische Nordlicht lebt heute in Berlin, ist stolzer Vater von drei Töchtern und einem Sohn und in dritter Ehe verheiratet. In den vergangenen zwei Jahren lebte er seine komödiantische Seite auch als Synchronsprecher in Trick-Familienfilmen aus. Für den zweiten Mullewapp-Film, der schon am 14. Juli in den deutschen Kinos anläuft, lieh er Schweinchen Waldemar seine Stimme. Wir sprachen mit Axel Prahl übers Schweinsein und die Familie:

Mullewapp ist nach Ritter Trenk und Angry Birds innerhalb von nur zwei Jahren ihre dritte Trickfilm-Synchronisation, sind Sie auf den Geschmack gekommen? Ich habe ja auch schon früher synchronisiert, nur nicht in Trickfilmen. Insoweit ist das gar kein Neuland für mich. Dass es mit den Trickfilmen jetzt so geballt kommt, ist eher ein Zufall. Ich muss allerdings sagen, dass es mir schon eine Menge Spaß macht. Man entdeckt ganz neue Seiten an sich und kann hinterm Mikro nochmal ganz Kind sein oder auch so richtig die Sau, ähm das Schwein, rauslassen.


Nach den verrückten Vögeln aus der Gamerwelt folgt nun eine pädagogisch wertvolle Geschichte über Freundschaft – ist Mullewapp für Sie eher mit Spaß oder auch mit Werten verbunden?
Auch die anderen Filme haben Werte vermittelt. Ritter Trenk verstärkt bei Kindern das Bewusstsein, dass es Sinn ergibt, jemandem, der schwächer ist und im sozialen Abseits steht, auf die Beine zu helfen. Dieses Füreinander eintreten finde ich gerade in Zeiten von Pegida und neuer Ausländerfeindlichkeit wichtig. Angry Birds wiederum verbindet die ganze Familie bei einem gemeinsamen Erlebnis abseits von Tablet oder Konsole, und wirklich alle haben Spaß daran. Schon das ist für mich ein Wert, den nicht jeder Film vermittelt. Bei Mullewapp ist es die Verbindung aus Beidem: Es geht um das große Thema Freundschaft und darum, wie unterschiedliche Charaktere einander ergänzen und gemeinsam stark sind. Es ist aber auch verdammt lustig, und Eltern können gemeinsam mit ihren Kindern eine gute Zeit haben und viel lachen.


Sie übernehmen die Rolle des recht gemütlichen und stets ans Fressen denkenden Schweins Waldemar – mussten Sie sich da tatsächlich verstellen?
Lacht. Komisch, das mit dem Verstellen werden Schauspieler immer gefragt. In der Tat habe ich gerade zwölf Kilo abgenommen und eine Zeit hinter mir, in der ich sehr auf meine Ernährung geachtet habe. Das war auch zum Zeitpunkt der Synchronisation so. Im Gegenteil zu Waldemar bin ich also deutlich weniger geworden. Mein Äußerliches hat da wohl nicht den Ausschlag gegeben.


Außer Ihnen sprachen Ralf Schmitz, Michael Kessler, Christian Ulmen und Carolin Kebekus die Figuren ein – kann man in solch einer Runde überhaupt ernsthaft arbeiten?
Da hat man als Zuschauer sicher eine andere Vorstellung. Als Synchronsprecher steht man mit seiner Figur immer allein vor dem Mikro, die Kollegen trifft man leider kaum. Man lacht eher über die Kommentare aus der Tonregie und über das, was letztendlich auch im Film zu sehen ist. Ich habe lediglich Ralf Schmitz einmal getroffen, und den habe ich auch noch mit einem anderen Kollegen verwechselt. Das war tatsächlich lustig.


Was macht den Waldemar aus?
Er ist nicht der große Denker und agiert vornehmlich aus dem Bauch heraus. Wenn der mit Hunger blockiert ist, dann fällt ihm auch nichts ein. Er ist aber ein sehr verlässlicher Freund für Johnny Mauser und Franz von Hahn. Vor allem das macht diese Figur aus: Seine Freunde können bei jedem Abenteuer blind auf ihn vertrauen.


Warum sollten sich Familien Mullewapp unbedingt anschauen? Ich habe das Resultat in 3D selbst noch gar nicht gesehen, weiß aber, dass die Produktion vom Ergebnis selbst sehr beeindruckt und begeistert ist. Überdies ist es eine Geschichte, die ich als Vater von vier Kindern sehr schätze. Es gibt einen moralischen Anspruch, der mit Spaß vermittelt wird. Das war mir auch bei der Auswahl sehr wichtig. Die Kinder bekommen etwas mit auf den Weg. Wenn ich mit den Kindern ins Kino gehe, dann entscheide ich mich auch für Filme mit einer sinnvollen Geschichte und mit Werten. Ein solcher Film ist Mullewapp auf jeden Fall.


Wenn Sie wie Waldemar mit guten Freunden zu dritt auf ein Abenteuer aus wären, wer würde Sie begleiten? Ich würde vornehmlich darauf achten, meine Familie zusammenzuhalten. Wenn ich mit Freunden auf Tour gehen würde, wäre der Anlass entscheidend. Beim Besteigen des Kilimandscharo würde ich sicher andere Freunde wählen als bei einer Segeltour.


Haben Sie beste Freunde? Ich habe eine gute handvoll enger Freunde, auf die ich mich verlassen kann. Dazu zählt auch mein lieber Freund Jan Josef Liefers.


Mit Blick auf Waldemar sind auch Sie bekannt dafür, anderen gern zu helfen und schlecht „nein“ sagen zu können. Wie bewahren Sie sich davor, in Beziehungen ausgenutzt zu werden? Das ist manchmal schwierig. Ich denke aber: Geben ist seliger als Nehmen. Wenn ich merke, dass ich ausgenutzt werde, dann ziehe ich auch die Reißleine. Das dauert bei mir aber erfahrungsgemäß sehr lange, bis ich so etwas realisiere. Auf der anderen Seite lebt die Hoffnung in mir, dass dieses Konto aus Geben und Nehmen auf der anderen Seite auch wieder ausgeglichen wird.


Sie haben selbst vier Kinder, was sagen die eigentlich zu Ihrer kindlichen Filmseite? Meine zwei größeren Kinder sind ja schon erwachsen, die jüngeren Zwillinge sind jetzt zehn Jahre. Die schauen sich die Trickfilme zusammen mit ihrer Mutter an. Erfahrungsgemäß haben sie viel Spaß daran, wenn der Papa eine lustige Figur verkörpert. Wir thematisieren das aber nicht großartig. Ich nehme die Kinder auch nie mit zu den Premieren, dann wären sie dem Medientrubel und den vielen Fotoapparaten gnadenlos ausgeliefert. Davor möchte ich meine Kinder schützen.


Wie wichtig ist Ihnen die Meinung Ihrer Kinder zu Ihrer Schauspielerei? Es wäre sicher gelogen, dass mir das komplett egal ist. Ab einem bestimmten Alter grenzen sich Kinder aber gern von den Eltern ab. Das passiert vornehmlich mit der Pubertät und das war mit meinen größeren Kindern auch so. Somit grenzen sie sich auch zu dem ab, was die Eltern tun. Da gibt es dann keine objektiven Maßstäbe, die gibt es beim Film aber sowieso kaum. Das ist meist Geschmackssache. Insoweit höre ich mir die Meinung als Vater aufmerksam an, bewerte sie aber nicht über.


Dürfen Ihre kleinen Kinder auch Ihre Filme sehen, in denen Sie sonst eher gebrochene Rollen mit Hang zu Zigaretten und Alkohol verkörpern? Nein, die schauen auch noch keinen Tatort. Da ist mir die FSK schon wichtig, auch wenn die manchmal etwas fragwürdige Entscheidungen trifft.


Welche Rolle spielen Werte in Ihrer Erziehung und in Ihrer Familie? Da ich selbst mit moralischen Wertvorstellungen erzogen wurde, versuche auch ich, meinen Kindern bestimmte Werte weiterzugeben. Dazu gehört ein bewusstes soziales Verhalten, teilen zu können, Warmherzigkeit, ein Miteinander zu pflegen, Höflichkeit und Pünktlichkeit – das sind Eigenschaften, die ich wertschätze und meinen Kindern vermitteln will.


Sie haben einmal gesagt, dass Eltern Ihre Kinder ziehen lassen sollten – wie sehr können Sie bei Ihren Kindern loslassen? Das kann ich hoffentlich ganz gut. Eltern machen oft den großen Fehler, dass sie bei der Erziehung der Kinder ihre eigene Kindheit und Jugend mit all den Dummheiten und Schandtaten vergessen. Natürlich muss man seine Kinder vor Abwegen schützen, sie müssen aber auch eigene Fehler machen dürfen. Das können sie nur, wenn man sie ziehen lässt. Meine Empfehlung wäre es, Kindern ab 18 Jahren für einige Monate direkt zu untersagen, sich dem Zuhause mehr als zehn Kilometer zu nähern. Es ist eine wichtige Erfahrung, mit sich selbst über die Runden zu kommen. Ich habe in meinen jungen Jahren auf einer Tour als Straßenmusiker durch Spanien gelernt, dass es immer irgendwie weiter geht. Das hat mich geprägt und diese Erfahrung hätte mich zu Hause nie bereichert. So etwas macht Eltern wie Kindern im ersten Moment sicher Angst. Wenn man die Erfahrung aber gemacht hat, dann nimmt es beiden diese Angst auch wieder.


Laut dem Selbst-Interview auf Ihrer Homepage bügeln Sie Ihre Socken, haben Sie noch andere Schönheitsfehler? Da steht auch, dass ich mein letztes Glas Rotwein zuerst trinke und jeden Morgen ein rohes Ei mit Passionsfrucht esse. Das ist natürlich nicht ganz ernstgemeint und soll ja gerade verhindern, dass ich über meine wahren Schönheitsfehler reden muss.


Letzte Frage, noch einmal mit einem Blick auf den Waldemar in Ihnen: was ist in Ihrem Leben die Schoko-Sahne-Erdbeertorte, bei der jeder Widerstand zwecklos ist? Sehnende Kinderaugen. Da bin ich wohl wie jeder andere Vater auch.


Vielen Dank für das Interview.


www.axelprahl.de