„Eine Frage des Geschmacks und der Bequemlichkeit“

Datum: Freitag, 26. Januar 2024 15:10


© André Wagenzik/VZB

Warum Familien guten Gewissens Leitungswasser trinken können und sich Wasserfilter sparen können, verrät Annett Reinke im Interview. Sie leitet bei der Verbraucherzentrale BRB das Team Lebensmittel und Ernährung.

Trinkwasser gilt als eines der am besten überwachten Lebensmittel in Deutschland. Wie ist das in anderen europäischen Ländern? In welchen Ländern kann ich im Urlaub guten Gewissens Leitungswasser trinken oder wo eher nicht?

Das stimmt. Trinkwasser gehört zu den am häufigsten kontrollierten Lebensmitteln. In Deutschland hat Leitungswasser eine gute bis sehr gute Qualität. Sofern keine Bleileitungen im Haus verlegt worden sind, kann man es sich schmecken lassen. Das Trinkwasser in der EU ist von der Qualität unterschiedlich. In nördlichen Ländern kann man es in der Regel bedenkenlos trinken. Beispielsweise auf Inseln im Mittelmeerraum sollte man besser auf verpacktes Wasser zurückgreifen. Insgesamt gilt aber: vorher informieren. Auch das zählt zu einer guten Urlaubsvorbereitung.

Mineralwasser oder Leitungswasser? Ist das nur eine Frage des Geschmacks oder gibt es noch andere Gründe, die für abgefülltes Mineralwasser statt Leitungswasser sprechen?

Es ist eine Frage des Geschmacks und der Bequemlichkeit. Wer Wasser aus der Leitung trinkt, erspart sich das schwere Tragen nach Hause. Auch die Klimabilanz verbessert sich, weil kein Transport der Flaschen erfolgen muss. Wer mag, kauft sich noch einen Wassersprudler und ist immer bestens versorgt. Natürliches Mineralwasser stammt aus unterirdischen Wasservorkommen und enthält in manchen Regionen einige Mineralstoffe mehr. Dadurch ist der Geschmack unterschiedlich. Eine bestimmte Menge an Mineralstoffen muss das Wasser nicht enthalten, um „Mineralwasser“ heißen zu dürfen. Bei Leitungswasser gilt generell: ablaufen lassen, insbesondere, wenn es lange oder über Nacht in der Leitung stand. Am besten so lange laufen lassen, bis das Wasser merklich kühler aus dem Hahn kommt. Auch eine regelmäßige Reinigung des Wasserhahns ist wichtig, um einer möglichen Keimbelastung vorzubeugen.

Einige Menschen nutzen trotz der hohen Standards in Deutschland Wasserfilter. In welchen Fällen ist das sinnvoll und wann ist es überflüssig?

Wasserfilter sollen Leitungswasser noch besser machen, von Schadstoffen, Kalk und Bakterien befreien – so die Werbung der Anbieter. Untersuchungen zeigten, dass viele Filter die Qualität des Wassers verschlechtern können, weil sie beispielsweise nicht regelmäßig gewechselt werden. Die Stiftung Warentest hat in ihrer Ausgabe 6/2022 verschiedene Tisch-Wasserfilter mit Filterkartuschen getestet. Die Ergebnisse reichten von befriedigend bis mangelhaft, denn die Filter erbrachten kaum oder schon nach kurzer Zeit nicht mehr ihre Leistung.

Was kann ich tun, wenn ich sehr hartes Wasser habe? Ist eine Wasseraufbereitung dann notwendig?

Der Härtegrad von Wasser ist umso höher, je mehr Kalzium und Magnesium enthalten sind. Diese Mineralstoffe sind vor allem gesund. Geschmacklich unterscheidet sich hartes kaum von weichem Wasser. Das örtliche Wasserwerk gibt Auskunft über den Härtegrad. Der kann innerhalb einer Stadt verschieden sein. Im Haushalt kann hartes Wasser vor allem dann nervig sein, wenn Geräte verkalken. Zum Schutz der Maschinen enthalten Waschmittel bereits Enthärter gegen Kalk. Einfach die Dosierempfehlung für den Härtegrad des Wassers befolgen. Kleinere Geräte wie Wasserkocher lassen sich mit reiner Zitronensäure regelmäßig gut entkalken.

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Wasserfilter im Faktencheck der Verbraucherzentrale: Die Behauptungen der Hersteller

Leitungswasser sei schlecht, enthalte Keime und mache krank, also brauche man Wasserfilter – so jedenfalls argumentieren die Hersteller. Der Faktencheck:

„Unser Leitungswasser ist nicht so gut, wie immer behauptet wird.“

Das Leitungswasser in Deutschland unterliegt regelmäßigen strengen Kontrollen und ist von sehr guter Qualität. Auch die derzeitigen Grenzwerte sind völlig ausreichend.

„Leitungswasser kann krank machende Keime wie Legionellen enthalten.“

Das ist sehr unwahrscheinlich, denn die Qualität wird gut überwacht. Sollte Trinkwasser tatsächlich mal krank machende Keime enthalten, liegt ein Hygieneproblem im Rohrleitungsnetz vor, das nicht mit einem Filter behoben werden sollte.

„Trinkwasser kann Medikamente enthalten.“

Ja, aber die Menge ist so gering, dass für den Menschen dadurch nach Stand der Wissenschaft keine konkrete Gesundheitsgefahr besteht. Lediglich die moderne Analytik macht es möglich, geringste Spuren nachzuweisen, die ein Tausendfaches unterhalb der Mengen liegen, die in unserem Körper eine Wirkung entfalten könnten.

„Trinkwasser kann Nitrat enthalten.“

Grenzwertüberschreitungen von Nitrat im Trinkwasser sind sehr selten. Die meisten Wasserversorger unterschreiten den Nitratgrenzwert deutlich.

„Trinkwasserfilter helfen, den Körper zu entschlacken.“

„Schlacken“ gibt es nicht! Also ist auch keine derartige Hilfe möglich.

„Trinkwasserfilter können Blei herausfiltern, das in vielen Leitungen enthalten ist.“

Trinkwasserfilter sollten nicht verwendet werden, um Blei herauszufiltern. Häuser, die nach 1973 gebaut wurden, besitzen keine Bleirohre. Falls jemand vermutet, noch Bleileitungen im Haus zu haben, sollte er sein Leitungswasser untersuchen lassen.

„Wenn man ungefiltertes Wasser trinkt, drohen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.“

Leitungswasser in Deutschland ist von sehr guter Qualität und kann nicht für solche Erkrankungen verantwortlich sein.

„Durch 'Harmonisierung', 'Vitalisierung', 'Levitation', 'Energetisierung' oder 'Transformation' kann das Wasser in einen natürlichen oder ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden.“

All diese pseudowissenschaftlichen Aussagen können wissenschaftlich nicht belegt werden.

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