Nur für Mama!

Datum: Donnerstag, 31. März 2016 10:19

 

Platz für Kunst
Wenn der Nachwuchs sein ganzes kreatives Können in ein kleines Kunstwerk investiert hat und dieses nun stolz Mama und Papa präsentiert, heißt es: Die Kunst braucht einen Platz. Die Bilder und Figuren der Kleinen sollten zumindest für einige Zeit gut sichtbar gewürdigt werden. Das kann das Fensterbrett sein, eine kleine Kommode oder ein Hocker, der extra für solche Kunstwerke aufgestellt wird – das Kinderzimmer eignet sich, aber auch der Flur oder die Küche. Für kleinere Geschwister, die das Werk noch nicht entsprechend zu würdigen wissen, sollte die Ausstellungsfläche idealerweise nicht erreichbar sein. Wenn die Kinder gern und häufig malen oder zeichnen, könnte eine ganze Wand im Kinderzimmer oder die Tür regelmäßig mit den Bildern bestückt werden. Wer keine Klebestreifenreste an der Tapete möchte, kann eine Holzleiste an der Wand anbringen. Dort können die Bilder angepinnt werden. Doch wie der „Bilderflut“ besonders kreativer Kinder Herr werden? Hier helfen Regeln: Für jedes neue Kunstwerk wird ein altes wieder weggeräumt/abgehangen. Auch dann stellt sich früher oder später die Frage: Wohin damit? Jeder Dachboden und jeder Keller sind irgendwann voll. Eine Möglichkeit: Besonders „schöne“ Bilder und Basteleien werden gesammelt und archiviert – für Bilder gibt es spezielle Sammelmappen, für Basteleien eignen sich große Pappkartons, die das Kind zuvor als Schatzkiste dekorieren kann. Zudem können Eltern und Kind die gesammelten Werke ein Mal im Jahr gemeinsam anschauen und überlegen, was aussortiert werden kann. Hilfreich fürs Sammeln und Aufbewahren: Markieren Sie die kleinen Kunstwerke an unauffälliger Stelle mit dem Datum des Entstehens. Der Nachwuchs wird es Ihnen in 20 Jahren danken.


Zeit für Kunst
Wieviele Kinder Kunst auch außerhalb der eigenen vier Wände zum Hobby machen, ist schwer zu fassen. Während es verlässliche Statistiken darüber gibt, wieviele Kinder regelmäßig Sport im Verein bzw. in ihrer Freizeit treiben, ist das kreative Freizeitangebot zu breit gefächert, um es in Zahlen zu pressen. Das Statistische Bundesamt erhebt alle zehn Jahre Statistiken, wieviel Zeit die Deutschen mit kulturellen Aktivitäten verbringen. Zuletzt wurden vor drei Jahren 11.000 Personen ab zehn Jahren dazu befragt. Demnach beschäftigen wir uns jede Woche im Schnitt gut 22 Stunden mit Kultur, wobei dieser Begriff sehr weit gefasst ist: Fast zwei Drittel dieser Zeit gehen fürs Fernsehen bzw. für DVDs drauf (14,5 Stunden). Mit reichlich Abstand folgt auf Platz zwei das Lesen mit knapp vier Stunden. Erst dann folgt Kultur im engeren Sinne: Besuch von Museen, Kunstausstellungen, Theater oder selbst künstlerisch aktiv sein. Dafür bringen wir im Schnitt zwei Stunden pro Woche auf, hochgerechnet ein Museumsbesuch pro Woche. Was auffällt: Während die Zehn- bis Zwölfjährigen im Schnitt gut eine Stunde pro Woche selbst künstlerisch aktiv sind, lässt das im Erwachsenenalter deutlich nach.
Eltern von jüngeren Kindern wurden auch zu deren Hobbys außerhalb von Kita und Schule befragt. 19 Prozent der unter Zehnjährigen singen oder spielen regelmäßig ein Musikinstrument, 8 Prozent tanzen oder spielen Theater und 7 Prozent malen oder basteln wenigstens eine Stunde pro Woche. Das Ergebnis bestätigt, dass das Interesse an Kunst und Kultur in jungen Jahren noch sehr groß ist, dann aber nachlässt.


Anlaufpunkt für junge Kunstinteressiere sind Jugendkunstschulen. Der Bundesverband der Jugendkunstschulen und Kulturpädagogischen Einrichtungen e.V. (bjke) vertritt bundesweit 400 Jugendkunstschulen und erreicht nach eigenen Angaben 600.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene über Kurse, Workshops, Projekte. Jeder zweite Nutzer ist zwischen sechs und 13 Jahre alt, mit 60 Prozent sind die Mädchen etwas stärker vertreten als die Jungen. Zu den Jugendkunstschulen des bjke gehören auch klassische Musikschulen. Um den Stellenwert von Kultur in unserer Gesellschaft zu erfassen, lohnt ein Blick aufs Geld: Die Kulturausgaben der Bundesländer belegen für Brandenburg 234 Millionen Euro (2011) und für Sachsen 667 Millionen Euro. Das umfasst u.a. die Unterstützung für Theater, Museen, Bibliotheken, Denkmäler, Kunsthochschulen. Das mag viel klingen, relativiert sich aber mit Blick auf den Gesamthaushalt. Da investiert die öffentliche Hand nicht mal 2 Prozent ihrer Ausgaben in Kunst und Kultur. Kunst und Kultur liegen Bund und Ländern durchaus am Herzen, ihr besonderer Schutz ist sogar in einigen Landesverfassungen festgeschrieben. Aber wenn die klammen Kommunen Geld einsparen müssen, dann muss oft die Kultur zuerst dran glauben – eine Bibliothek wird eher geschlossen als eine Schule, zwei Theater eher zur Fusion gedrängt als ein geplanter Straßenbau verschoben. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die wenigsten Museen und Theater durch Eintrittsgelder selbst refinanzieren können. Kultur rechnet sich selten, ist aber essentiell für lebenswerte Städte. Sie ist ein Zuschussgeschäft. Diese nötigen Zuschüsse übernimmt neben der öffentlichen Hand auch die private – in Form von Stiftungen, Organisationen oder ganz simpel durch den zahlenden Besucher. Deswegen: Jeder, der ins Theater oder Museum geht, trägt dazu bei, es zu erhalten. Einem gut besuchten Kulturhaus wird kaum die Schließung drohen, bei einem wenig attraktiven Museum ist das schon wahrscheinlicher.

Kunst in Kita und Schule
Wer das kindliche Interesse an Kunst und Kultur unterstützen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. In den ersten drei Lebensjahren reichen Mal- und Bastelangebote zu Hause durch die Eltern ergänzt mit Besuchen im Museum oder Puppentheater. Später wird das Angebot idealerweise durch die Kita und dann die Grundschule ergänzt. In fast allen Kitas gehören singen, musizieren, basteln und malen zum Standard-Repertoire, wobei die Qualität und Bandbreite je nach Einrichtung und Konzept stark variiert. Wem die künstlerische Ausbildung des Nachwuchses wichtig ist, der sollte sich vorab über entsprechende Angebote der Kindertagesstätten informieren.
Ab der Grundschule stehen regelmäßig Kunst und Werken auf dem Stundenplan. Das Problem: Ähnlich wie Musik und Sport haben diese Fächer einen geringen Stellenwert, die Lehrer sind teils unzureichend ausgebildet, unterrichten gerade an Grundschulen oft fachfremd. Hinzu kommt häufiger Unterrichtsausfall. In Sachsen haben Grundschüler eine Stunde pro Woche Kunst, ebenso viel Zeit ist für das Fach Werken und das Fach Musik festgelegt. In Brandenburg gibt es den sogenannten Lernbereich Ästhetik, die Fächer Kunst und Musik sind zusammengelegt, die Lehrer können entscheiden, was wann mit welchem Schwerpunkt unterrichtet wird. Etwa jede dritte Unterrichtsstunde in diesem Fach wird von einem fachfremden Lehrer unterrichtet, der nicht als Kunstpädagoge ausgebildet ist. Ein Grund für den Lehrermangel: In Brandenburg werden keine Lehramtsstudenten mehr in Kunst ausgebildet – so weit ist bisher kein anderes Bundesland in seinem Sparkurs gegangen. 2014 hat die Universität Potsdam die entsprechenden Studiengänge abgeschafft, seitdem wird Kunst für Lehramtsstudenten nur noch als Ergänzungsfach angeboten. Die Ursachen sind bekannt, die Folgen fatal, beklagt der Fachverband für Kunstpädagogik: Den Kindern werden elementare Kompetenzen nicht mehr vermittelt. Ihnen fehle die fundierte Auseinandersetzung mit Kunstwerken und mit anderen Kulturen und Geisteshaltungen. Kunst ist eben mehr als Zeichnen und Malen.
Brandenburg steht mit diesem Mangel nicht allein da. Vor zwei Jahren machte der Bundesverband für Kunstpädagogik mit einem Aktionstag auf die fehlende Wertschätzung von Kunstunterricht an Schulen aufmerksam. Unter dem Motto „Bildung braucht Bilder“ wurde mehr Geld, mehr Personal, mehr Qualität gefordert. Da unsere Gesellschaft zunehmend bilderdominiert sei, müsse dem Kunstunterricht eine besondere Bedeutung zukommen. Durch kreative Problemlösungen, ungewohnte Sehweisen und komplexe Gestaltungsformen vermittle das Fach die heutzutage viel geforderten Schlüsselkompetenzen. Da nicht in jeder Familie zu Hause gebastelt und gezeichnet werde, sei der Kunstunterricht an der Schule zudem die einzige Möglichkeit, allen Kindern – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft – kulturelle Bildung zuteil werden zu lassen.