Im Namen der Kinder!

Datum: Freitag, 25. August 2017 10:55

Kinderparlamente in der Lausitz

Die tatsächliche Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen passiert in der Regel auf kommunaler Ebene, also in ihrer Heimatstadt. Denn dort sind die Einrichtungen und Themen, die sie bewegen: Schule, Spielplatz, Kino, Freizeittreff. Einige Gemeindeordnungen ermöglichen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise in Form einer Jugendparlaments bzw. -rates. Die Schwierigkeit aller aktuellen und eingeschlafenen Initiativen: regelmäßig engagierte Mitstreiter finden. Dadurch dass die Vertreter schnell dem Jugend- und Schulalter entwachsen, braucht es immer wieder Neuwahlen, muss sich das Gremium neu finden. Daran sind schon einige der jungen Parlamente gescheitert. Wir haben bei Lausitzer Kommunen nachgefragt, wie sich Kinder und Jugendliche in die Gestaltung ihrer Stadt mit einbringen können.

Bautzen: In Bautzen hat man das Konzept einer eigenen parlamentarischen Jugendvertretung mangels Resonanz wieder aufgegeben. Stattdessen haben die Jugendlichen und Stadtoberen ein weniger technokratisches und weniger reglementiertes Format gesucht und gefunden: 2015 gründete sich eine lose Gruppe Jugendlicher unter dem Titel „Jugend-Ideen-Konferenz Bautzen“. Ein fester Kreis von 15 bis 20 Jugendlichen trifft sich wöchentlich im Steinhaus und diskutiert über die Themen, die Jugendliche bewegen. Aktuell befindet sich vor allem ein Projekt in Umsetzung: Die Gründung eines von Jugendlichen selbst verwalteten Jugendclubs in der Stadt. Ein bis zwei Mal im Jahr wird die Runde erweitert und zur Ideen-Konferenz mit Bürgermeister und weiteren Vertretern der Stadtpolitik geladen. Zuletzt kamen im Juni gut 100 Kinder und Jugendliche ins Steinhaus, um gemeinsam an Ideen für ihre Stadt zu arbeiten. Mitmachen können Kinder und Jugendliche aus Bautzen. Treffen: jeden Mittwoch 15.30 Uhr im Steinhaus.

Cottbus: Wie sehr die jüngsten Mitbürger auf ihre Rechte pochen, wurde im Sommer in Cottbus deutlich. Engagierte Kinder hatten dort einen offenen Brief an alle erwachsenen Cottbuser geschrieben, in dem sie von u.a. Eltern, Großeltern und Lehrern explizit die Beachtung ihrer Kinderrechte einfordern. So wünschen sie sich beispielsweise mehr Mitbestimmung bei der Gestaltung von Schulhöfen oder Projekttagen, weniger Müll auf Spielplätzen und mehr Hilfe vor allem für arme und geflüchtete Kinder. Der Brief ist im Nachgang zur dritten Kinderkonferenz der Stadt entstanden. Seit 2013 veranstaltet die Stadt jährlich im Wechsel eine Kinder- bzw. Jugendkonferenz, auf der sich die jungen Cottbuser mit ihren Wünschen und Visionen einbringen können. Zudem hat die Stadt vor sechs Jahren eine ehrenamtliche Kinder- und Jugendbeauftragte eingesetzt: Marianne Materna bietet ein Mal im Monat persönliche Sprechstunden für die Anliegen der Kinder und Jugendlichen an. Für ihre Beteiligungsstrukturen wurde die Stadt Cottbus 2015 im Rahmen des „Landeswettbewerbes Familienund kinderfreundliche Gemeinde“ ausgezeichnet. Mitmachen: Kinder und Jugendliche können sich aktiv an Gestaltungsprozessen der Stadt beteiligen, u.a. bei der Spielplatzgestaltung, bei den Planungen zum Cottbuser Ostsee oder bei der Planung von Freizeitangeboten.

Termine: Weltkindertag 21.09.2017, ab 14 Uhr, Stadthallenvorplatz, Motto: „ Kinder haben Rechte – Cottbus ist weltoffen und bunt“; Jugendkonferenz April 2018. www.kinder-jugend-cottbus.de

Forst: Ende letzten Jahres gab es in Forst erstmals eine Kinder- und Jugendversammlung. Dort hatten knapp 100 Schüler der Forster Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien gemeinsam mit dem Bürgermeister und weiteren Experten aus Politik, Unternehmen und vom Deutschem Kinderhilfswerk über jene Themen diskutiert, die zuvor über Befragungen ermittelt worden waren: u.a. Schwimmhalle, Spielplätze, Skaterpark, Partylocations, Freizeitangebote, Buszeiten, Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt, Kinder- und Jugendbeteiligung. Wünsche, Probleme und mögliche Lösungen wurden notiert. Um diese Themen kümmert sich jetzt der Kinder- und Jugendbeirat, welcher aus der Versammlung hervorging: 27 Kinder und Jugendliche sind durch die anwesenden Schüler gewählt worden. Im Nachgang bildete sich ein Vorstand zu diesem Beirat, der sich monatlich mit Verantwortlichen der Stadt trifft. Mitmachen können Kinder und Jugendliche aus Forst im Alter von 12 bis 20 Jahren.

Hoyerswerda: In Hoyerswerda vertritt der Jugendstadtrat die Interessen der jungen Stadteinwohner. Zur Zeit engagieren sich dort 13 Mitglieder. Die Vorsitzende Marija Skvoznikova bestätigt, dass es schwierig ist Mitstreiter zu gewinnen. Bei den meisten Jugendlichen fehle es an Zeit oder Interesse. Der Jugendstadtrat hält engen Kontakt zu Stadtratsmitgliedern, Rathaus-Mitarbeitern und Parteien. Seine Mitglieder haben ein Rederecht im Stadtrat und in den Ausschüssen. Der Jugendstadtrat trifft sich regelmäßig in internen Sitzungen und aller zwei Monate zur öffentlichen Sitzung. Seine jüngsten Projekte: Die Mitglieder organisieren ein Mal im Jahr einen Tag der Vereine, um jungen und junggebliebenen Hoyerswerdaern aufzuzeigen, welche Mitmach-Möglichkeiten sie in der Stadt haben. Zudem erstellen die Mitglieder eine Videoreihe: Mit Kurzfilmen, die u.a. auf Facebook und den Seiten der Schulen gezeigt werden sollen, wollen sie Hoyerswerdaer Jugendlichen ihre Heimat schmackhaft machen und ihnen zeigen, warum es sich lohnt, auch nach Schulabschluss in der Stadt zu bleiben. 

Mitmachen können Kinder und Jugendliche von Hoyerswerdaer Schulen ab Klassenstufe 7. Nächste öffentliche Sitzung: 13. November 2017, Neues Rathaus

Senftenberg: Die Stadt hat sich Kinderfreundlichkeit groß auf die Fahnen geschrieben. 2015 wurde sie von der Unicef als kinderfreundliche Kommune ausgezeichnet und ruht sich seitdem nicht auf den Lorbeeren aus, sondern setzt sich weiter für die Rechte und Mitbestimmung von Kindern ein. Dazu gehören ein Graffiti-Projekt ebenso wie Stadtteil-Spaziergänge mit dem Bürgermeister oder das Kinder- und Jugendparlament (KJP). Dort setzen sich bereits seit 1998 Vertreter der Senftenberger Schulen für die Interessen ihrer Altersgenossen ein, aktuell hat das KJP zehn Mitglieder, 30 könnten es sein, denn pro Schule stehen 2 Sitze zur Verfügung. Besonders stolz ist man beim KJP auf die Neugestaltung der BMX- und Skater-Anlage in der Stralsunder Straße, auf die Beteiligung am jährlichen Frühjahrsputz und am Kinderfest. Mitmachen können Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 27 Jahren.

Das Kinder- und Jugendparlament trifft sich jeden zweiten Dienstag im Monat, außer in den Ferien. Nächste Sitzung: 12. September, 17 Uhr

Spremberg: In Spremberg können sich Kinder und Jugendliche im Jugendbeirat engagieren und für ihre Interessen streiten. Dieser wurde 2009 etabliert und nach einer Ruhepause 2014 neu belebt. Aktuell umfasst der Beirat elf Mitglieder, der noch Vorsitzende Felix Matthies (Neuwahl im September) bestätigt, was auch die „Amtskollegen“ aus anderen Städten kennen: Die Mitgliedergewinnung ist nicht ganz einfach. Zuletzt versucht der Jugendstadtrat die Jugendlichen in Spremberg mit Podiumsdiskussionen stärker für Politik zu interessieren: Unter dem Motto „Jugend fragt...“ wurden sowohl die Bundestagsabgeordneten als auch die Bürgermeister-Kandidaten vor der Wahl befragt. Um ihre Interessen gegenüber den Stadtverordneten kundzutun, haben die Beiratsmitglieder Rederecht in der Stadtverordnetenversammlung und in den Ausschüssen. Wer künftig ebenfalls mitmischen will, meldet sich beim Jugendbeirat oder kommt zur nächsten Sitzung.

Mitmachen können Kinder und Jugendliche aus Spremberg bis 27 Jahre. Nächste Sitzungstermine: 1.September 15.30 Uhr, 3. November 15.30 Uhr Sitzungsort: Bürgerhaus Spremberg www.jugendbeirat-spremberg.de 

Weißwasser: Eine eigene Jugendvertretung gibt es nicht in der Stadt. Mehrere Versuche einen solche Beirat zu initiieren sind bisher ins Leere gelaufen, auch mangels Interesse der Jugendlichen. Wer sich als junger Mensch in Weißwasser engagieren möchte, hat dennoch Möglichkeiten. Zum einen ist beim Stadtverein Weißwasser das EU-Förderprojekt „Ort schafft“ angesiedelt, welches explizit auch Jugendliche zur Mitwirkung aufruft. Sie sollen Ideen für eine lebenswerte Umgebung entwickeln und umsetzen. Im Gespräch sind u.a. ein Jugendtreff und ein jährliches Kulturfestival. Darüber hinaus kümmert sich das Jugendzentrum Garage um die Themen, die Kinder und Jugendliche beschäftigen. Derzeit plant es eine Konferenz für den Herbst, in der Mitwirkungsmöglichkeiten für Kinder an Kitas und Grundschulen diskutiert werden sollen. Dem Verein liegen bereits 600 Fragebögen vor, in denen Kinder und Jugendliche aus Weißwasser beschrieben haben, was ihnen wichtig ist und welche Wünsche sie für ihr Wohnumfeld haben. Das Spektrum reicht von Spielplätzen über Konzerte bis zu Clubangeboten. Zudem engagieren sich über die Garage etwa 20 Jugendliche ehrenamtlich und unterstützen z.B. das Jugendprogramm beim Stadtfest.

Mitmachen können alle interessierten Kinder und Jugendlichen aus Weißwasser: www.garagewsw.de oder www.ort-schafft.eu.