Papa oder Daddy?

Datum: Mittwoch, 02. Mai 2018 16:40


Sprachenlernen im digitalen Zeitalter

Die digitale Welt verändert auch das Sprachenlernen ein Stück weit. Zum einen kommt man dank des Internets heute unkompliziert an Radiosender, Fernsehserien, Aufsätze in Englisch oder jeder anderen Sprache. Selbst Muttersprachler lassen sich auf diesem Weg für ein Online-Tandem gewinnen, falls man vor Ort niemanden findet.

Darüber hinaus gibt es heute Apps, Online-Lernportale und Vokabeltrainer. Einige der bekanntesten Anbieter sind Babbel, duolingo und busuu. Ganz gleich, für welche Variante man sich entscheidet: Sie können guten Englischunterricht an der Schule oder den sprachlichen Input, den ein Auslandsaufenthalt mit sich bringt, nicht ersetzen, nur ergänzen. Online-Lernportale sind eher für Erwachsene gedacht, die aus privaten oder beruflichen Gründen eine Fremdsprache lernen wollen.

Vokabeltrainer sind feine kleine Helfer, die teilweise so gut gemacht sind, dass den Kindern sogar das Vokabellernen Spaß macht. Die Auswahl ist riesig, Stiftung Warentest hat zuletzt 2011 Vokabeltrainer-Apps getestet. Die Ergebnisse sind überholt, nicht jedoch die Tipps, worauf man bei der Suche nach einer passenden App achten sollte:

  • Umfang. Umfasst der Vokabeltrainer mindestens 1.000 Vokabeln? Weniger sollten es nicht sein, wenn es um einen Grundwortschatz geht.
  • Zusammenhang. Sind die Vokabeln in Sätze und Wendungen eingebunden? Einzelne Wörter auswendig lernen, bringt wenig. Sprache lernt man besser im Zusammenhang.
  • Auswahl. Besteht der Wortschatz aus Verben, Substantiven, Adjektiven etc.? Ein guter Vokabeltrainer sollte verschiedene Kategorien von Wörtern anbieten und sich nicht nur auf Substantive konzentrieren.
  • Übungen. Gehen die Übungen über reines Vokabelabfragen hinaus? Abwechslungsreiche Aufgaben wie Lückentexte, Multiple-Choice- oder Übersetzungsübungen sind gefragt. Sonst wird es schnell langweilig.
  • Bild. Gibt es Bilder zu den Vokabeln? Das hilft beim Lernen. So prägen sich Wörter besser ein.
  • Ton. Werden die Vokabeln vorgelesen? Eine Audiofunktion ist sinnvoll, damit sich die richtige Aussprache einprägt. Im Idealfall gibt es eine Spracherkennung. Das heißt: Die App zeichnet Gesprochenes auf und bewertet die Aussprache.
  • Einstellungen. Gibt es die Möglichkeit, den Vokabeltrainer individuell einzustellen? Sinnvoll ist es, wenn der Nutzer zum Beispiel den Schwierigkeitsgrad oder Wiederholungsintervalle nicht gewusster Vokabeln selbst festlegen kann.
  • Handhabung. Lässt sich der Vokabeltrainer leicht bedienen? Er sollte ohne Handbuch erlernbar sein und wenig Einarbeitung erfordern.


Tipps für Eltern: So können Sie Ihr Kind unterstützen
Fast alle Kinder lernen als erste Fremdsprache Englisch, da können die meisten Eltern zumindest in den ersten Jahren noch mithalten. Um dem Kind das Englischlernen zu erleichtern, können sie die Sprache auch zu Hause im Alltag integrieren, einige Beispiele: Beim Tischdecken die Lebensmittel auf Englisch bezeichnen, Scrabble auf Englisch spielen, es gibt auch einfache Brettspiele auf Englisch. Klebezettel mit englischen Vokabeln an die entsprechenden Gegenstände und Möbel kleben. Einfache Unterhaltungen auf Englisch führen. Gehen Sie mit Ihrem Kind auf Entdeckungsreise und suchen Sie im Alltag nach englischen Begriffen, die Einzug ins Deutsche gehalten haben (z.B. E-Mail, Smartphone, cool, Highlight, Party). Je jünger das Kind ist, desto neugieriger ist es und desto eher lässt sich die Fremdsprache spielerisch in den Alltag einflechten – nutzen Sie das.
Wenn Eltern die Fremdsprache, die das Kind lernt, nicht oder kaum beherrschen, können sie bei praktischen Fragen oder Hausaufgaben nicht helfen. Was Eltern aber tun können und sollten, um den Nachwuchs zu unterstützen: ihn motivieren, Interesse zeigen und Tipps und Möglichkeiten aufzeigen, wie die Sprache schneller erlernt werden kann. Ist das Kind wirklich motiviert und möchte die Sprache gut sprechen, dann sollten die Eltern versuchen, ihm einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen – sei es eine zweiwöchige Sprachreise in den Ferien oder bei älteren Kindern ein Austauschjahr. Wenn es allen Familienmitgliedern passt, kann man auch überlegen, den nächsten größeren Urlaub in dem Land zu verbringen, dessen Sprache das Kind lernt. Darf bzw. muss der Nachwuchs dann den Dolmetscher auch für die Eltern geben, kann das nochmals den Ehrgeiz anstacheln.


Zweisprachige Kitas

Die meisten Kinder lernen Englisch oder eine weitere Fremdsprache ganz klassisch: In der Grundschule, spätestens ab der dritten Klasse, für ein bis zwei Stunden pro Woche bei einem Englischlehrer, der nicht immer, aber im Idealfall ein Muttersprachler ist. Dort erlernen sie die Fremdsprache strukturiert nach Regeln: Aussprache, Vokabeln, Grammatik.

Ganz anders funktioniert das Prinzip der Immersion. Der Begriff kommt vom englischen to immerse, was übersetzt eintauchen heißt. Bei Immersion ist der Kontakt zur Fremdsprache so intensiv, dass man von einem Sprachbad sprechen kann, die Kinder tauchen sozusagen in die neue Sprache ein. Konkret heißt das: Der Kita- oder Schulalltag findet komplett oder zu einem großen Teil in der Fremdsprache statt. Erzieher und Lehrer reden den ganzen Tag mit den Kindern Englisch, ganz gleich ob beim Essen oder Waschen, ob in Mathe oder Geschichte. Dieses Prinzip wird sowohl in Kitas als auch in Schulen umgesetzt. Der Gedanke dahinter: Das Sprachenlernen, die fremde Sprache steht nicht im Mittelpunkt, es werden keine Vokabeln oder Grammatikregeln gepaukt. Die Kinder eignen sich die Fremdsprache eher unbewusst an, so wie sie zunächst ja auch ihre Muttersprache nebenbei lernen. Zuerst verstehen sie, später sprechen sie auch selbst in der Sprache. Die Kinder werden anfangs vielleicht deutsch antworten, was sie auch dürfen. Das pädagogische Personal achtet aber darauf, nicht ins Deutsche zu wechseln. Stattdessen arbeitet es mit Mimik und Gesten, nutzt Bilder zur Veranschaulichung, spricht langsam und deutlich, wiederholt einzelne Wörter und Sätze bei Bedarf.

Wichtig ist, dass das Personal die fremde Sprache sehr gut beherrscht, im Idealfall ist derjenige Muttersprachler. Die Vorteile für die Kinder, die eine Immersionskita oder -schule besuchen, liegen klar auf der Hand.
Es gibt nur wenige Skeptiker, die sagen: Ein so früher und enger Kontakt zu einer fremden Sprache könnte das Kind überfordern und ihm in seiner Entwicklung schaden. Es ist zumindest hilfreich, wenn das Kind in seiner Muttersprache bereits gefestigt ist und diese zu Hause weiter konsequent hört und spricht. Da es aber nicht nur in Deutschland Kinder gibt, die zu Hause ohnehin mehrsprachig aufwachsen und weltweit sogar die Mehrzahl der Menschen mehrsprachig aufwächst, ist davon auszugehen, dass Immersion einem Kind nicht schadet – im Gegenteil. Durch Immersion haben die Kinder ausreichend Zeit, eine erste Fremdsprache zu lernen und können sich dann eher einer weiteren widmen.

Wichtig ist, dass Immersion ohne Druck und Zwang passiert. Pädagogen sollten die Kinder nicht drängen, in der fremden Sprache zu sprechen, wenn sie das noch nicht wollen oder können. Stattdessen arbeiten sie nach dem Prinzip des positiven Korrigierens, wie man es auch bei Kleinkindern machen soll, die etwas falsch sagen: Sagt das Kind z.B. „Ich habe Milch getrinkt.“, wiederholen die Eltern: „Du hast Milch getrunken? Hat sie dir geschmeckt?“ Nach dem gleichen Prinzip wiederholen die Erzieher deutsche Sätze der Kinder auf Englisch. Eltern, die ihr Kind in eine Immersionseinrichtung schicken, sollten ihren Nachwuchs nicht durch große Erwartungen unter Druck setzen. Besucht ein Kind eine bilinguale Kita oder Schule, müssen die Eltern weder die Fremdsprache beherrschen noch sie zu Hause mit dem Kind üben. Im Gegenteil: Zu Hause sollen sie weiter Deutsch mit ihm sprechen. Sie sollten aber Interesse an den Erlebnissen ihrer Kinder zeigen, dem Immersionsverfahren gegenüber positiv eingestellt sein und den Wert der Mehrsprachigkeit kennen und schätzen.
Sollten sich Eltern dafür entscheiden, ihr Kind in eine Kita mit bilingualem Angebot zu schicken, wäre es wichtig, dass sich das Angebot in der Grundschule fortsetzen lässt. Ansonsten kann es passieren, dass die erlernte Sprache bis zum regulären Beginn des Fremdsprachenunterrichts in Klasse 3 wieder verloren geht.

Die Zahl der Kitas und Grundschulen, in denen ein Teil des Tages bzw. des Unterrichts in einer Fremdsprache durchgeführt wird, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, fällt aber mit circa zwei Prozent an allen Kitas/ Grundschule noch immer sehr gering aus. Vor allem in den Großstädten ist das Angebot vergleichsweise groß.


Bilinguale Bildungseinrichtungen

In der Lausitz gibt es einige Kitas, die das Immersionsprinzip für Englisch umsetzen, sie arbeiten mit Muttersprachlern zusammen. Es gab bereits polnische Angebote in Grenznähe. Vor allem aber ist die Immersion in Lausitzer Kindergärten dank des Sorbischen stark verbreitet. Unter dem Konzept „WITAJ“ (dt. Willkommen) werden hier viele Kinder mit zwei Sprachen groß, selbst wenn zu Hause beide Elternteile nur deutsch sprechen.