Bierdeckel oder Roman?

Datum: Dienstag, 30. Oktober 2018 14:53

Lohnsteuerhilfeverein
Die meisten Familien mit einfachen Einkommensverhältnissen können sich beim Lohnsteuerhilfeverein beraten lassen. Hier ist die Beratung in der Regel preisgünstiger als bei einem Steuerberater. Für einen jährlichen Mitgliedsbeitrag kann man sich ganzjährig zu Steuerfragen beraten lassen und die jährliche Einkommenssteuererklärung vom Fachmann machen lassen. Die Vereine und ihre Beratungsstellen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um von der Finanzverwaltung anerkannt zu werden. „Beim Lohnsteuerhilfeverein ist alles mit dem jährlichen Mitgliedsbeitrag abgegolten: die Steuererklärung, Abwicklung des Schriftverkehrs mit dem Finanzamt, Errechnung des voraussichtlichen Ergebnisses, Prüfung der Bescheide, Portokosten, ggf. Kosten für die Einlegung eines Einspruchs. Unsere Berater stehen zudem ganzjährig für Fragen zu weiteren Themen wie zum Beispiel Steuerklassenwahl, Kindergeld, Lohnabrechnung, Altersvorsorgezulage oder Wohnungsbauprämie zur Verfügung. Auch diese Beratung ist im Mitgliedsbeitrag bereits inklusive“, wirbt BVL-Geschäftsführer Erich Nöll. „Sie wissen bereits am Jahresanfang, wieviel Sie die Steuererklärung kostet.“ Ein Steuerberater könne dagegen jede weitere Leistung einzeln abrechnen. Der größte Lohnsteuerhilfeverein im Bundesverband ist die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. (VLH) mit mehr als 950.000 Mitgliedern und bundesweit etwa 3.000 Beratungsstellen. Dort wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag fällig, der sich nach der Höhe des Einkommens richtet und zwischen 19 und 330 Euro liegt. Bei einem jährlichen Bruttoeinkommen zwischen 30.000 und 40.000 Euro zahlt man beispielsweise 127 Euro Mitgliedsbeitrag. Die Beiträge in den anderen Lohnsteuerhilfevereinen bewegen sich in ähnlichem Rahmen.
Einen Vor-Ort-Berater der Lohnsteuerhilfevereine findet man auf der Seite https://www.bvl-verband.de/lohnsteuerhilfevereine/beratungsstellensuche/. Zwischen Hoyerswerda und Lübben sind mehr als 100 Berater eingetragen, an die man sich als Mitglied wenden kann.

Steuerberater
Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Lohnsteuerhilfeverein nicht beraten, dann muss man zum Steuerberater: Das ist der Fall bei einer selbständigen Tätigkeit, auch wenn es nur ein geringer Nebenerwerb ist. Das gilt übrigens auch für Familien, die eine Solaranlage auf dem Dach haben und den Strom ins Netz einspeisen, wie Finanzexpertin Anja Hardenberg von Finanztest im Interview verrät. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen oder Mieteinnahmen, wenn diese über 26.000 Euro jährlich (bei Zusammenveranlagung) liegen, darf der Lohnsteuerhilfeverein ebenso wenig helfen. In diesen Fällen muss man selber ran oder zu einem Steuerberater. Um den passenden Berater zu finden, sollte man sich zunächst im Bekanntenkreis umhören. Gute Erfahrungen anderer sind eine hilfreiche Referenz. Alternativ kann man im Internet nach einer Kanzlei vor Ort suchen.

Suchservice des Deutschen Steuerberaterverbandes:

www.dstv.de/steuerberater-suchen 

Einen ersten Eindruck kann man sich bereits auf der Homepage der Kanzlei verschaffen. Zudem sollte man für sich festlegen, was einem wichtig ist, mögliche Kriterien sind:

  • Erreichbarkeit per Telefon und Mail
  • Nähe zum Wohnort
  • Größe der Kanzlei
  • Spezialisierung der Kanzlei
  • Bearbeitungszeiten
  • Transparenz bei der Rechnungslegung
  • Beratungskosten


Ein erstes unverbindliches Beratungsgespräch ist ebenfalls zu empfehlen. Ein Steuerberater erfährt mit der Steuererklärung so viele Details aus dem Familienleben wie kaum eine andere Person. Daher sollte man sich dort wohlwühlen und ein gutes Vertrauensverhältnis zu seinem Steuerberater haben. Dieses Bauchgefühl lässt sich in einem ersten Beratungsgespräch ganz gut erkunden. Vor dem Gespräch sollte man sich darüber im Klaren sein, welche Leistung der Steuerberater erbringen soll. Übernimmt er die komplette Steuererklärung oder prüft er nur die bereits selbst ausgefüllte Steuererklärung? Wird er einmalig oder jährlich in Anspruch genommen? Wird er vielleicht nur für einen Widerspruch zum Steuerbescheid gebraucht? Wenn man das vorher weiß, dann kann man klar über die voraussichtlichen Kosten reden und sich ggf. Vergleichsangebote anderer Kanzleien einholen. Ein erstes Informationsgespräch, bei dem noch keine Beratung erfolgt, sollte kostenfrei sein.

DStV-Steuerexperte Wolfgang Wawro verweist ebenfalls auf die amtliche Vergütungsordnung, aber auch auf die individuellen Voraussetzungen des Mandanten: „Der Gebührenrahmen orientiert sich an Grundlagen (Umsatz, Gewinn, Einkünfte) und dem Umfang der zu verarbeitenden Unterlagen, aber auch am Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung,“ so Wawro, der gleich mit einem Irrtum aufräumt: „Nicht aber – wie gelegentlich angenommen wird – am steuerlichen Ergebnis (Nachzahlung oder Erstattung).“ Ein Richtwert lasse sich schwer festlegen, so Wawro, da jede Steuererklärung individuell bearbeitet wird. Er nennt aber eine fiktive Beispielabrechnung: „Angenommen sei ein Arbeitnehmer mit Bruttoverdienst im Jahr von 35.000 Euro, geltend zu machenden Werbungskosten von 2.500 Euro sowie abziehbaren Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und haushaltsnahen Dienst- bzw. Handwerkerleistungen zusammen etwa 6.000 Euro. Die Steuerberatungsvergütung beträgt in solch einem Fall einschließlich der Mehrwertsteuer mindestens rund 180 Euro, kann aber auch etwa 440 Euro oder mehr ausmachen.“

Steuersoftware: Preiswerte & schnelle Helfer?
Zeit- und Geld-Ersparnis versprechen Online-Steuerprogramme. Die digitalen Helfer nehmen den Nutzer beim Ausfüllen der Steuerformulare an die Hand und rechnen bereits vorab die voraussichtliche Steuererstattung bzw. -nachzahlung aus. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Anbietern, bei einigen muss man sich die Software auf den Rechner herunterladen, andere bieten die Möglichkeit, das Formular online im Browser auszufüllen – und damit vom Smartphone aus ebenso wie vom stationären PC daheim. Die Kosten dafür liegen zwischen 15 und 40 Euro pro Jahr.
Die Zeitschrift Finanztest hat zuletzt im Frühjahr 2017 elf dieser Programme getestet, das Ergebnis zeigt: Die digitalen Helfer können gerade für Erfahrene eine gute Hilfe sein, Anfänger ohne Vorkenntnisse sind schnell überfordert. Wer Fragen wie „Haben Sie mehr als 1.000 Euro Werbungskosten gehabt?“ nicht sicher beantworten kann, ist bei einem persönlichen Berater vermutlich besser aufgehoben. Je nach Komplexität der persönlichen Situation, machten fast alle Steuerprogramme kleinere Fehler, die unter Umständen zu finanziellen Verlusten führen können. Das Fazit der Tester: „(…) kein Programm konnte die Laien an die Hand nehmen und am Ende ein richtiges Ergebnis liefern. Zum Teil lagen sie Hunderte Euro daneben.“ Weiter: „Wer sich aber ein bisschen mit Steuern auskennt, kann sich über Zeitersparnis und Bequemlichkeit gegenüber der Papiererklärung freuen.“ Immerhin: Beim Datenschutz schnitten alle getesteten Programme gut ab (s. auch Interview).

Für die Familien, die sich jährlich selbst auf das Abenteuer Steuererklärung einlassen, bieten wir auf den folgenden Seiten einen Überblick über die wichtigsten Fragen rund um die Steuererklärung und ein paar Spartipps.