"Die tun doch nix"

Datum: Montag, 01. Oktober 2012 08:43


Wie heißt das Zauberwort? – Nein.
InnenGrenzen zu setzen und Nein zum Kind zu sagen, fällt vielen Eltern nicht leicht. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Manche Eltern streben nach einem freundschaftlichen Verhältnis zu ihren Kindern und vermeiden deshalb, Grenzen zu setzen. Andere Eltern sind schlichtweg zu bequem. Das Kind ist schließlich vor dem Computerspiel gut beschäftigt. Wieder andere denken, dass sie so die Freiheit und Entwicklungsmöglichkeiten einschränken. Und so weiter und so fort. Erziehung ist nicht einfach und Grenzen sowie klare Regeln und Strukturen sind unverzichtbar. Das soll nicht bedeuten, dass im Kinderzimmer Zucht und Ordnung herrschen sollen. Es ist nicht Sinn und Zweck der Sache, alles zu verbieten und das Kind in Grenzen einzuzementieren. Der Schlüssel zu einer gelungenen und funktionierenden Grenzsetzung ist die Liebe für das Kind. Das Baby hat gerade gelernt, sich an Möbeln hochzuziehen und möchte das Können jetzt auch am Herd ausprobieren? Hier sollte dringend eine Grenze gezogen werden. Sie lieben Ihr Kind und wollen es schützen? Dann ziehen Sie eine Grenze zwischen ihm und der Herdplatte. Das hört sich banal an, ist aber wichtig. Derartige Beispiele finden sich in zahlreichen Situationen in jedem Alltagsgeschehen. Wenn Ihr Kind früh in die Schule muss, ist es sinnvoll, ihm nicht noch 23 Uhr eine DVD einzulegen. Hier deutet sich bereits an, dass verschiedene Kinder in verschiedenem Alter auch verschiedene Grenzen benötigen. Es gibt nicht die eine Pauschalregel, die universell auf alle Kinder anzuwenden ist. Jedoch kann man sagen, dass man Grenzen auf das Kind und die jeweilige Situation abstimmen sollte. Ein Beispiel: Ihr Kind möchte bei seinem Freund oder seiner Freundin übernachten. Während der Schulzeit wird hier wohl meist eine Grenze gezogen und ein Nein ausgesprochen. Das ist legitim, da es ja am nächsten Tag in der Schule konzentriert sein soll. Am Wochenende gestaltet sich die Situation anders. Stehen keine anderen Bedenken im Wege, ist einer Übernachtung nichts entgegenzusetzen.
Wie bereits erwähnt helfen Grenzen auch, sich in der Welt zurechtzufinden. Wenn ein Kind ständig besserwisserisch ist und Widerworte am laufenden Band gibt, mögen das manche als genialen Ausdruck eines intelligenten Geistes halten. Die meisten werden auf dieses Verhalten jedoch nicht sehr positiv reagieren. Grenzen setzen heißt also auch, dem Kind zu erklären, wie es sich zu verhalten hat und was andere von ihm erwarten.

 


Mal Hü mal Hott
Doch wie schafft man es, Grenzen zu setzen, die das Kind auf all diese Sachen vorbereitet und ihm zeigen, dass man sich sorgt? Wie bereits erwähnt, sind die Liebe zum Kind und das Erkennen seiner Bedürfnisse ganz wesentliche Kriterien, um Grenzen erfolgreich zu beschreiben. Doch hat man eine Grenze für sich selbst gefunden, heißt das noch lange nicht, dass das Kind diese auch einhält. Woran das liegt, kann viele Gründe haben:


Das ist wohl ein Witz: Sie und Ihr Kind toben gerade miteinander und lachen. Dabei sagen Sie „Heute bleibst du nicht bis um neun wach.“ – Das kann Ihr Kind nur für einen Spaß halten. Schaffen Sie einen angemessenen Rahmen, wenn Sie Grenzen kommunizieren. Klare Regeln sollten auch klar übermittelt werden, dann gibt es am Ende auch keine Missverständnisse.


Das sehe ich gar nicht ein: Das Referat muss erst in einem Monat fertig sein und Sie sagen Ihrem Kind, dass es die Hausaufgabe noch heute fertig stellen soll? Kein Wunder, dass Ihr Kind mit Unverständnis reagiert. Setzen Sie nicht willkürlich Grenzen. Wenn Sie merken, dass Ihr Kind den Sinn hinter einer Grenze nicht versteht, dann erklären Sie ihm, warum Sie so handeln. Es ist durchaus legitim, mit Ihrem Kind über Grenzen zu reden und diese unter Umständen auch zu verhandeln. Was vorher geklärt wurde, spart hinterher Nerven. Sie können sich zum Beispiel auch ein Belohnungssystem ausdenken: Für jedes Mal abwaschen bekommt Ihr Kind fünf Punkte und zwanzig Punkte bedeuten eine halbe Stunde Fernsehen.

 

Die anderen dürfen das aber auch: Sie sagen Ihrem Kind, dass es 18 Uhr vom Spielplatz nach Hause kommen soll. Die Reaktion, die Sie bekommen lautet: Aber Lukas darf viel länger draußen bleiben. Dieser Satz wird Sie so oder so ähnlich verfolgen, bis Ihr Kind auszieht. Hier ist die Frage: Ist Lukas der Bruder oder irgendein Kumpel? Handelt es sich um einen älteren Bruder, sollten Sie Ihrem Kind erklären, dass es auch mehr darf, je älter es wird. Ist Lukas aber der gleichaltrige oder gar jüngere Bruder, der mehr darf, dann sollten Sie zunächst überlegen, warum Sie ihm unter gleichen Bedingungen mehr erlauben und dann weiter handeln. Für ein gleichaltriges Geschwisterkind ist das in den meisten Fällen nur schwer verständlich. Ist Lukas das Nachbarskind, wägen Sie zunächst für sich ab, ob Lukas wirklich länger spielen darf und ob Sie den Spielraum für Ihr Kind erweitern möchten. Wenn Sie zum Beispiel 18 Uhr zusammen mit der ganzen Familie zu Abend essen, ist die Situation eine andere, als wenn das erst 20 Uhr stattfindet. 


Was kümmern mich heute die Grenzen von gestern? Gestern sollte Ihr Kind noch Punkt 18 Uhr am Essenstisch sitzen, heute ist Ihnen aber auch 20 Uhr angenehm und morgen wäre es am Besten, wenn alle 17 Uhr zusammen essen? Wenn Sie Grenzen setzen, dann sollten diese Hand und Fuß und vor allem Bestand haben. Wenn Sie jeden Tag neue Grenzen definieren, können Sie weder von Ihrem Kind, noch von allen anderen, die gemeinsam mit Ihnen essen, erwarten, dass sie wissen, wann Sie eigentlich essen wollen.


Ein starkes Team: Wenn Sie Grenzen festlegen wollen, besprechen Sie diese mit Ihrem Partner. Damit können Sie die Situation vermeiden: „Wenn Mama Nein sagt, frage ich eben Papa.“ Eltern sollten sich einig sein, dann fällt es dem Kind auch einfacher, Grenzen zu akzeptieren und auch
einzuhalten.


Der Ton macht die Musik: Auf Aktion folgt Reaktion. Wenn Sie mal eben nebenher ein „Nein“ gelangweilt vor sich hinmurmeln, wird das genauso wenig Erfolg haben wie ein geschrienes „Nein“. Wenn Sie ein „Nein“ und somit eine Grenze aussprechen, sollten Sie es auch so meinen und es dementsprechend übermitteln. Reden Sie sachlich und direkt mit Ihrem Kind. Sorgen Sie dafür, dass alle Ablenkungen in diesem Moment ausgeschalten sind. Hier, wie auch in jedem anderen Aspekt des menschlichen Miteinanders, gilt die Goldene Regel „Was du nicht willst, was man dir tu´, das füge keinem anderen zu.“


Das Stellvertretersyndrom: Sie haben die vorherigen Punkte gelesen und denken sich „Das habe ich alles ganz genau richtig gemacht“? Und trotzdem will Ihr Kind partout nicht auf Sie hören? Es ist möglich, dass nicht Sie das Problem sind, sondern lediglich der Puffer für ein anderes Problem. Möglicher Weise fühlt sich Ihr Kind in der Schule überfordert oder hat Probleme mit seinen Freunden. Sie als erste Bezugsperson sind dann eine gefundene Fläche, um diese Probleme abzuladen. Auch in dieser Situation sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Kind suchen.