Den ökologischen Fußabdruck berechnen
Ein erster grober Richtwert dazu, wie nachhaltig jeder von uns lebt oder auch nicht, bietet der CO2-Ausstoß. Es gibt verschiedene Methoden den jährlichen pro-Kopf-Ausstoß umweltschädlicher Emissionen zu berechnen, daher findet man auch verschiedene Statistiken. In einem aber gleichen sie sich. Erstens: Der weltweite CO2-Ausstoß hat in den vergangenen Jahren zugenommen, nicht abgenommen. Viele der reichen Industrienationen haben zwar tatsächlich CO2 eingespart im Vergleich zu 1990. Aber die weniger entwickelten Länder haben aufgeholt. Wohlstand geht immer auch einher mit zusätzlichem Energiehunger und damit CO2-Emissionen. China und Indien, die zwar pro-Kopf noch immer einen vergleichsweise niedrigen Ausstoß haben, gehören durch ihre riesige Bevölkerung zu den größten CO2-Emittenten weltweit. Auch in den Ländern südlich der Sahara lässt sich ein Anstieg der CO2-Emissionen beobachten – allerdings von einem nahezu lächerlich geringen Niveau aus. So stößt ein Mensch in Mali durchschnittlich 50 Kilogramm CO2 pro Jahr aus. In Deutschland sind es 8.500 Kilogramm. Das ist fast die 200-fache Menge! Die Pandemie hat höchstens für eine leichte Delle gesorgt, die sich bereits wieder glättet. Zweitens: Je reicher und besser entwickelt ein Land, desto höher der rechnerische pro-Kopf-Ausstoß an CO2. Wir haben uns die jährlichen Zahlen der EU-Kommission angeschaut, hier die Werte von 2019 – also noch ohne Corona-Einfluss:
Grafik: Jährlicher pro-Kopf CO2-Ausstoß in Tonnen in ausgewählten Ländern 2019, Quelle: EU, Fossil CO2 emissions of all world countries – 2020 Report
Das heißt umgekehrt: Wenn wir allen Menschen auf der Welt einen gewissen Wohlstand zugestehen wollen, dann bleiben uns folgende Möglichkeiten:
1) Wir in der westlichen Welt fahren unseren Lebensstil zurück. Das ist sehr unwahrscheinlich.
2) Die weltweiten CO2-Emissionen werden drastisch steigen. Damit wäre nach einhelliger wissenschaftlicher Meinung das Leben auf der Erde nicht mehr lebenswert.
3) Bleibt uns also nur noch die Möglichkeit, fossile Energieträger Schritt für Schritt, aber doch zügig, durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Das ist ein Punkt, an dem die Politik gefragt ist und bereits handelt. Was aber können wir im Kleinen tun?
Wer wissen will, wie viel Einsparpotenzial der eigene Lebensstil hat, der kann einen CO2-Rechner zu Rate ziehen. Dort beantwortet man einige Fragen zum persönlichen Alltag, beispielsweise zum Fleischkonsum, zur Nutzung von Auto und Flugzeug, zum Konsumverhalten und zum Energieverbrauch. Am Ende erhält man einen ökologischen Fußabdruck und kann diesen Wert mit dem Durchschnitt in Deutschland aber auch in anderen Ländern vergleichen. Wir haben einige dieser Rechner getestet und sind dabei von einer vierköpfigen Familie, die im Einfamilienhaus lebt, sich vorwiegend bio und regional ernährt, zwei Autos besitzt, davon einen Mittelklasse-Benziner und einen E-Kleinwagen, und in den letzten fünf Jahren zwei Mal in den Urlaub geflogen ist. Beim Strom- und Heizenergieverbrauch haben wir uns ebenfalls an Durchschnittswerten orientiert. Hier der Vergleich:
Umweltbundesamt CO2-Rechner:
Für den Schnellcheck reichen schon sehr wenige Angaben, um innerhalb von 30 Sekunden eine erste persönliche CO2-Bilanz zu erhalten. Da nur wenige Daten abgefragt werden, ist diese Berechnung nicht sehr aussagekräftig. Daher empfehlen wir, auch noch den zweiten Schritt zu machen und die detaillierte CO2-Bilanz auszufüllen, in der u.a. der Strom- und Heizverbrauch abgefragt werden. Dann zeigt sich für unser Beispiel auch schon ein deutlicher Unterschied.
Ergebnis Schnellcheck: 6,68 Tonnen CO2
Ergebnis CO2-Bilanz: 8,7 Tonnen CO2
deutscher Durchschnitt: 10,78 Tonnen
WWF-Klimarechner
Hier sind 35 Fragen zu beantworten, vor allem zu Mobilität, Konsum und Wohnen. Die meisten Antworten weiß man aus dem Kopf, bei einigen muss man eventuell nochmal in den letzten Abrechnungen nachschauen. Am Ende erhält man nicht nur den persönlichen CO2-Ausstoß, sondern auch den in unserem Beispiel etwas frustrierenden Hinweis: „Würde die gesamte Weltbevölkerung so leben, bräuchten wir 2,3 Planeten.“
Ergebnis: 9,74 Tonnen CO2
deutscher Durchschnitt: 12,37 Tonnen
weltweiter Durchschnitt: 6,41 Tonnen
myclimate Fußabdruck-Rechner
Hier kommt man mit nur acht Fragen zur CO2-Bilanz. Die Antwortmöglichkeiten sind stark vereinfacht, individuelle Werte lassen sich nicht eingeben. Daher dient der Rechner nur zur groben Orientierung.
Ergebnis: 9,9 Tonnen CO2
EU-Durchschnitt: 8,4 Tonnen
0,6 Tonnen sollte ein Mensch maximal verbrauchen, um den Klimawandel aufzuhalten
https://co2.myclimate.org/de/footprint_calculators/
Brot-für-die-Welt-Fußabdrucktest
Dieser Rechner ist optisch schön gestaltet und kann auch schon von älteren Kindern und Jugendlichen ausprobiert werden. Hier gilt es 13 Fragen aus den Bereichen Ernährung, Wohnen, Mobilität und Konsum zu beantworten. Als Ergebnis erhält man keinen CO2-Wert, sondern den ökologischen Fußabdruck, berechnet in der Maßeinheit globale Hektar gha. Dieser Wert wurde in den 1990er Jahren entwickelt. Er ist eine Art Buchhaltungssystem für die Umweltressourcen unserer Erde. Auf der Angebotsseite wird gemessen, welche Flächen der Planet hat: Wälder, Felder, Seen, Meere, Wüsten, Weiden, Steppen, Straßen und Städte. Auf der Nachfrageseite wird berechnet wie viel Kapazität die Menschen nutzen. Mit dem Ökologischen Fußabdruck kann man Angebot und Nachfrage vergleichen. Mit dem Ergebnis aus unserem Beispiel bräuchten wir 2,9 Planten.
Ergebnis: 4,6 gha
deutscher Durchschnitt: 4,7 gha
weltweiter Durchschnitt: 2,8 gha
nachhaltig: 1,6 gha
LUBW-Jugendrechner
Diesen CO2-Rechner, der extra für Jugendliche entwickelt wurde, haben wir in Süddeutschland entdeckt. Entwickelt wurde er von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Junge Leute ab etwa zwölf Jahren können hier Fragen zu ihrem Lebensstil beantworten. Es ist der einzige Rechner im Test, der die Lebenswirklichkeit von Jugendlichen zumindest teilweise abdeckt, indem er nach Shoppingtouren, Diskobesuchen und dem Schulweg fragt.
Die meisten der hier vorgestellten Rechner geben zusätzlich zur persönlichen Nachhaltigkeitsbilanz Empfehlungen, was man selbst konkret tun kann, um den ökologischen Fußabdruck weiter zu reduzieren. Zum Teil kann man gleich CO2-Kompensationszertifikate erwerben, wie es mittlerweile für Flugreisen gängig ist. Wie sinnvoll es ist, sich ein grünes Gewissen zu erkaufen, muss dabei jede Familie selbst wissen. Darüber hinaus gibt es noch spezielle Rechner, mit denen man bestimmte Bereiche abfragen kann. Einen guten Überblick über das grüne Level bei Heizung und Strom bekommt man auf www.co2online.de.
Unser Fazit: Auch wenn sehr unterschiedliche Daten abgefragt wurden, lag unsere erdachte Familie immer leicht unter dem deutschen Durchschnitt des jährlichen CO2-Ausstoßes. Und das immerhin trotz zweier Autos und Flugreisen. Das sagt schon viel über unseren Lebensstil und unseren Lebensstandard aus. Besonders deutlich wird das, wenn wir diese Werte mit den internationalen Durchschnittswerten vergleichen oder wie es zwei der Rechner formuliert haben: Würden alle Menschen auf der Erde so leben wie diese Familie, dann bräuchten wir noch ein bis zwei weitere Planeten. Wir verbrauchen einfach mehr Ressourcen, als uns die Natur zur Verfügung stellt.
Mit Kindern über Nachhaltigkeit reden
Wer sich das bewusst macht, kann leichter und realistischer darüber nachdenken, ob und wie er oder sie selbst nachhaltiger leben will. Gerade für Eltern ist das eine zentrale Frage. Denn unser Alltag hat Einfluss darauf, wie wir die Erde unseren Kindern hinterlassen. Sie sind die erste Generation, die im ständigen Bewusstsein des Klimawandels aufwächst. In Medien, Schulen und öffentlichen Diskussionen ist das Thema gefühlt dauerpräsent. Insofern kommen Eltern gar nicht umhin, auch zu Hause über das Thema zu reden. Das beginnt im Kleinkindalter damit, dass wir unseren Kindern erklären, warum wir Obst und Gemüse lieber auf dem Wochenmarkt als beim Discounter kaufen, warum wir das Licht ausschalten, wenn wir das Zimmer verlassen und warum wir das Fahrrad anstelle des Autos nehmen, warum wir Holzspielzeug bevorzugen. Je jünger die Kinder sind, desto einfacher sollten die Erklärungen sein. Dazu gehört es auch, Kindern altersgerecht Zusammenhänge und Hintergründe aufzuzeigen. Woher kommt das Schnitzel auf dem Teller? Was ist der Unterschied zwischen grünem Strom und fossiler Energie? Warum ist Autofahren schlecht für die Umwelt? Kindern im Kitaalter könnte man sagen: Die Abgase, die hinten aus dem Auto herauskommen, machen die Luft schmutzig und die schmutzige Luft wiederum macht Vögel, Bäume und Blumen krank. Im Schulalter kann man dann auch schon über CO2 und andere Emissionen reden und den Treibhauseffekt erklären.
Kleine Kinder finden alles spannend, was krabbelt und kriecht, flattert und fliegt, sie schnuppern an Blumen, sammeln Steine und Äste. Diese Begeisterung für die Natur kann man aufgreifen, viel Zeit mit ihnen draußen verbringen und so ein Bewusstsein für Umwelt und Natur schaffen. Wer Tiere und Pflanzen schon früh schätzen lernt, der wird später eher bereit sein, sie zu schützen.
Eltern können also in den ersten Lebensjahren einen Grundstein legen für Umweltbewusstsein. Wichtig dabei ist: Das sollte mehr oder weniger nebenbei passieren und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Kinder sollten nicht den Eindruck bekommen, alles Schöne wäre verboten. Genauso wenig sollte man Panik schüren, indem man ihnen mit Horrorszenarien erläuert, was alles passieren könnte, wenn wir nicht nachhaltiger leben. Eltern sind also gut beraten, wenn sie einen vernunftgeleiteten Mix aus Umweltaufklärung und grünem Wegweiser bieten.
Vorbild sein
Fast noch wichtiger oder zumindest effektiver als das Reden, ist das Vorleben. Denn machen wir uns nichts vor: Es ist wenig überzeugend, den Kindern ein grünes Gewissen zu predigen, aber jedes Jahr ans Mittelmeer zu fliegen und die Kids täglich mit dem Elterntaxi zur Schule und zur Musikschule zu chauffieren.
Daher sollte zunächst jede Familie für sich schauen: Worauf können wir verzichten? Vielleicht auf das zweite Auto oder sogar komplett aufs Auto? Was brauchen wir unbedingt? Das hängt nicht zuletzt von den persönlichen Lebensumständen ab. Wer sehr ländlich wohnt, wird kaum ohne Auto zurechtkommen. Jüngere Kinder orientieren sich stark an den Eltern: Was sie vorleben, wird verinnerlicht und als selbstverständlich genommen. Kinder im Kita- und Grundschulalter kann man noch gut über Mitmach-Aktionen für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit begeistern. Das können kleine Forschungsprojekte sein, Experimente oder Familien-Challenges.