Titelthema :: Seite 27
Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem
Dritten überlassen worden sind.“ B
GB § 110
Dieser Paragraph verpflichtet Eltern keineswegs
zum Taschengeld. Er sichert vielmehr Händlern und
Familien zu, dass es rechtlich zulässig ist, wenn
sich Max ein Eis kauft oder Marie eine Tüte Gum-
mibärchen. Das gilt allerdings erst für Kinder ab
sieben Jahren. Bis zum 7. Geburtstag sind Kinder
„geschäftsunfähig“, das heißt sie dürfen sich ohne
Zustimmung der Eltern im Grunde nichts kaufen,
weder Gummibärchen noch Eis. Im Alter von 7 bis 17
Jahren gilt der „Taschengeldparagraph“, allerdings
beschränkt auf „normale“ Konsumgüter. Zigaretten,
Alkohol, große Anschaffungen wie Autos und Ver-
träge (Handy, Zeitschrift…) sind davon ausgenom-
men und bedürfen weiterhin der Zustimmung der
Eltern.
Eltern müssen – rein rechtlich gesehen – also kein
Taschengeld zahlen. Warum sollten sie es dennoch
machen? Die wichtigsten Gründe: Kinder lernen
den Umgang mit Geld, sie übernehmen Verantwor-
tung, sie werden selbständiger. Taschengeld hat
also durchaus einen erzieherischen Wert. Wenn
die Kleinen regelmäßig Taschengeld zu ihrer freien
Verfügung erhalten, werden sie bald wichtige Lekti-
onen lernen: Sie müssen sich ihr Geld einteilen, sie
müssen mit einem bestimmten Betrag auskommen,
sie müssen für größere Wünsche sparen. Dadurch
dass sie jetzt ohne Betteln bei Mama und Papa ei-
gene Wünsche erfüllen können, werden sie selb-
ständiger und unabhängiger. Sie lernen den Wert
von Geld kennen. Sie merken, dass manche Dinge
viel kosten, andere wenig, was billig und was teuer
ist. Sie werden sinnvolle und scheinbar unnütze Sa-
chen kaufen, sie werden sich über Fehlkäufe ärgern
und über Schnäppchen freuen. Zugleich lernen die
Kinder, dass Geld nicht unbegrenzt zur Verfügung
steht. Den Goldesel gibt es eben doch nur im Mär-
chen. Haben sie große Wünsche, müssen sie sparen
oder vielleicht auch mal ganz verzichten. Taschen-
geld kann auch dazu beitragen, dass (ältere) Kinder
nicht ausgegrenzt werden. Wenn alle Freunde
Zum Geburtstag 50 Euro von Oma, zum
Schulanfang ein paar Geldscheine, das
Spielgeld im Kaufmannsladen – Kinder
kommen heute schon früh mit Geld in Berührung.
Im Kindergartenalter geschieht das noch spiele-
risch. Die Kleine darf die Münze fürs Eis selbst über
die Theke reichen. Der Große verlangt vom jünge-
ren Bruder Eintritt, bevor er ihn ins Puppentheater
im Kinderzimmer lässt: „Zwei Geld fünfzig, bitte!“
Wenn die lieben Kleinen dem Kindergartenalter
entwachsen, in die Vorschule kommen oder spä-
testens mit dem Schulanfang, beginnt für Eltern
ein neuer Aspekt der Erziehung: Taschengeld. Wer
dazu Rat sucht, findet im Internet zahlreiche Infor-
mationen oder erkundigt sich im Freundes- und Fa-
milienkreis: Wie wird das Thema Taschengeld dort
gehandhabt? Wer sich intensiver damit beschäftigt,
wird überrascht sein, was Eltern alles falsch ma-
chen können und was sie alles beachten sollten.
Taschengeld ist noch eine recht junge „Erfindung“.
In Deutschland setzte es sich ab Mitte der 1960er
Jahre in Folge einer Erziehungs- und Bildungsre-
form langsam durch. Selbständigkeit wurde ein
wichtiger Aspekt in der Erziehung und dazu gehörte
auch der selbständige Umgang mit Geld. Heute hat
sich Taschengeld etabliert, fast alle Kinder bekom-
men es regelmäßig ausgezahlt. Das gilt auch für an-
dere Länder, Unterschiede gibt es vor allem in der
Höhe des Geldbetrags. So bekommen beispielsweise
Kinder in Südeuropa, Frankreich oder Irland deut-
lich weniger Geld als die Deutschen. Kinder aus Ös-
terreich und Schweden wiederrum erhalten deutlich
mehr Taschengeld.
Sind Eltern verpflichtet, ihren Kindern Taschen-
geld zu zahlen? Nein. Als rechtliche Grundlage
wird dennoch gern der sogenannte „Taschen-
geldparagraph“ angeführt:
„Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als
von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die
vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm
zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem
Redaktion:
Anett Linke, Foto links: Steffen Schwenk
(light-impression.de)»
Her mit der Kohle
Ein Ratgeber rund um das Thema Taschengeld




