Background Image
Previous Page  54 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 54 / 72 Next Page
Page Background

Kolumne :: Seite 54

lausitzDADDY

Innenansichten eines verzweifelten Vaters

Amkommenden Tag ging es dann auch gleich los. Wir

starteten an einer Almauf ca. 1.000 Höhenmetern und

wollten über eine Zwischenstation dann bis auf fast

1.600 Meter, wo man dann schon im felsigen Bereich

wandern konnte. Spannend sollte es laut Hotelchefin

an einem kleinen Steig werden, der aber problemlos

mit Seilen gesichert sei. Drei Stunden sollte unsere

Tour dauern. So wanderten und kletterten wir in die

Höhe. Junior stiefelte vorneweg – und ich spielte bei

jedem seiner Rückblicke mit entschlossener Miene

den Cliffhanger. Innerlich war ich aber schon nach

der Hälfte des Aufstiegs platt. Junior hüpfte hingegen

von Absatz zu Absatz und hatte offensichtlich einen

Weg gefunden, die Schwerkraft zu umgehen. Ich

schwitzte wie eine dicke Männerrunde in der Finnen-

sauna. Die Bergwacht hätte uns wahrscheinlich gleich

gestoppt, damit der ältere Flachlandhase mit den kör-

pereigenen Wassermassen keine Hangabrutschung

verursacht. Nach anderthalb Stunden erreichten wir

dann unser vermeintliches Abenteuer. Wir mussten

direkt im Fels eine kleine Bucht umrunden, der Weg

war so breit wie ein String-Tanga, von einem Seil nix

zu sehen. Nur hier und da, wo man den Weg mit der

Lupe suchen musste, war ein kleines Stück Seil im

Fels befestigt. Mir wurde schlecht. Der Cliffhanger in

mir wurde grün wie Hulk und klein wie Ant-Man. Ich

wünschte mich zurück an den Hotel-Pool und hoffte,

dass mein Junior das genauso sieht. Sofort redete ich

auf ihn ein: wenn er sich das nicht traue, sei das kein

Problem, wir können umkehren, er muss mir nichts

beweisen, und überhaupt, was sagt Mama zu diesem

Leichtsinn. Ichwar noch amPlappern, als er mit „Null

Problemo“ wie Spiderman am Fels entlangkrabbelte.

An einer Stelle hörte der Weg ganz auf, für die Füße

waren nur ein paar Steigbügel in den Fels gehauen,

darunter 100 Meter Abgrund. Ich schaltete auf Über-

lebensmodus und alterte mit jedem Schritt. Ich weiß

nicht wie, aber wir kamen heil auf der anderen Seite

an – und ich sah aus wie Heidis Alm-Ödi. Mein Junior

hingegen war tatsächlich hellauf begeistert. Den Rest

des Urlaubs täuschte ich lieber eine Bänderdehnung

vor – dann doch lieber relaxt am Pool. Mein Junior

moserte „... da kann ich ja gleich mit Opa in den Ur-

laub fahren“. Wie recht er doch hatte. Nächstes Jahr

gehts lieber wieder ans Meer, die Dünen schaffe ich

noch gerade so.

Euer lausitzDADDY

Spätestens nach diesem Sommer überlege

ich, diese Rubrik in lausitzOPA umzube-

nennen. So sehr wir Eltern uns anfangs

darüber freuen, wenn die Kleinen zu Jungs und Mä-

dels heranwachsen, so sehr möchte man sie dann

doch gern kurz vor der Pubertät im Alter und Ver-

halten einfrieren. Dabei geht es aber nicht nur um

die Macken, die unsere nicht mehr so Kleinen in

dieser Umbauphase manchmal entwickeln, es geht

auch um uns selbst. Denn wenn der Junior langsam

zum Junghirsch wird, dann wird uns greisen Vätern

auch das eigene Alter bewusst.

Bei mir passierte das schlagartig während des Som-

merurlaubs. Den verbrachten wir in Österreich, in

den Alpen, einer super Familien-Ferienregion. Kurz

vor der Abfahrt machte ich mit meinem 12-jährigen

Junior einen Fernsehabend, mit den Bergsteiger-

dramen „Nordwand“, „Cliffhanger“ und „Vertical

Limit“ stimmten wir uns auf die Alpen ein. Ja, wir

wollten die Berge bezwingen und ich freute mich

schon auf unsere „Männerausflüge“, während

meine bessere Hälfte mit unserer Kleinen am Pool

planscht. In Österreich angekommen, prangte auch

ein schöner Gebirgszug namens „Wilder Kaiser“

über dem Tal. Wir informierten uns bei der Hotel-

chefin über Bergwandertouren – und entschie-

den uns spontan für die „etwas anspruchsvollere

Tour, die für Ihren Junior auch mit einem kleinen

Abenteuer verbunden ist.“ Die Frage eines zufällig

lauschenden anderen Gastes, ob wir Flachlandha-

sen nicht lieber mit einer einfachen Tour beginnen

wollten, konterte ich mit „Nur weil Sie wie eine

Bergziege aussehen, müssen Sie noch längst keine

Ahnung vom Klettern haben.“ Mein Junior klatsch-

ta ab, der Berg rief.

Noch nicht genug gelacht?

Alle Kolumnen

zum Nachlesen unter

www.lausebande.de