Spezial: Unser Kita- und Schulessen

Datum: Freitag, 26. Oktober 2012 13:38

Kann gutes Essen billig sein?
In Berlin hat der Sodexo-Skandal zwar noch deutlichere Spuren als in Brandenburg hinterlassen, dennoch haben unsere Nachbarn bei diesem Thema die Nase wenigstens ein bisschen vorn. So gibt es in Berlin einheitliche Qualitätsstandards für die Schulverpflegung, die allen Schulen vorgeschrieben sind. Doch auch dort regieren inzwischen Großanbieter mit Essenspreisen um die 2 Euro je Mahlzeit. Eine umfangreiche Studie im Auftrag des Berliner Senats hat nun festgestellt, welche Preise für ein Essen tatsächlich gezahlt werden müssten, das den Qualitätsstandards in der Schulverpflegung entspricht.

 


Die Ergebnisse nach Schularten:
Grundschulen: 3,17 bis 3,36 Euro
Gymnasien: 3,97 bis 4,25 Euro
Integrierte Sekundarschulen:
(ähnlich Gesamtschule) 3,14 bis 4,25 Euro


Die Ergebnisse lassen sich in etwa auf unsere Region übertragen und machen eines deutlich: im hiesigen Preisgefüge ist eine gesunde Ernährung unserer Kinder wohl kaum möglich. Selbst wenn Essensanbieter vorgeben, Qualitätsstandards einzuhalten, ist fraglich, ob sie das bei diesen niedrigen Preisen tatsächlich können. Solange wir Eltern diesem Spielchen zuschauen, kann sich da also auch nichts ändern: Denn den Preis macht die Sparpolitik in Land und Kommune.

Qualitätsstandards
Dabei gibt es klare Vorgaben, wie die gesunde Ernährung unserer Kinder in Kita und Schule aussehen sollte. Eltern können das anhand einfacher Checklisten sogar überprüfen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. hat über ihren nationalen Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ (www.in-form.de) unter anderem klare Vorgaben für die Qualität von Kitaessen und ebenso von Schulessen gemacht. Diese Initiative ist ein direktes Ergebnis eines Beschlusses im Deutschen Bundestag.


Für Kitas: Fit Kid
Die Internetseite www.fitkid-aktion.de richtet sich mit einem Qualitätsstandard eher an Verantwortliche für das Kita-Essen, bietet Eltern aber ebenso alle wichtigen Infos. Der „DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder“ ist dabei sehr umfassend und bietet neben dem Kernstück zur Gestaltung einer kindgerechten Verpflegung mit Angaben zu einer gesundheitsfördernden Lebensmittelauswahl, zur Speisenplanung und Speisenherstellung sowie zur Nährstoffzufuhr der 1- bis 3-Jährigen und 4- bis 6-Jährigen auch Informationen zum Umgang mit Süßigkeiten oder mit Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten. Auf der Internetseite finden sich aber auch viele Informationen zur ausgewogenen und vollwertigen Ernährung von Säuglingen, Kleinkindern oder Kindern.
Viele Kitas scheuen eine Zertifizierung nach diesem Qualitätsstandard aus Kostengründen oder verlassen sich darauf, dass der Essensanbieter entsprechend zertifiziert ist. Aber auch Eltern können das anhand einer Checkliste unverbindlich kontrollieren. Diese wird auf der Internetseite im Bereich „Qualitätsstandard“ unter den „Implementierungshilfen“ als Download zur Verfügung gestellt und umfasst auf drei Seiten einfache Fragen zu den Bereichen Lebensmittelqualität/Mittagsverpflegung, Speisenplanung & -herstellung sowie zur Lebenswelt. Eltern brauchen dazu nur einen Zyklus von 20 Verpflegungstagen (also die Kita-Speisepläne von vier aufeinanderfolgenden Wochen) und können dann zu insgesamt 53 Merkmalen ihrer Kita ein „erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ vermerken – und schnell einschätzen, wie es um die Ernährungsqualität ihrer Kleinen bestellt ist. Eine ausführliche Rezeptdatenbank schafft zudem Anregungen (und genaue Vorgaben) für eine gesunde Kita-Küche.


Für Schulen: Schule + Essen = Note 1
Für Schulen gibt es unter www.schuleplusessen.de ein identisches, aber auf die Verpflegung in Schulen abgestimmtes Angebot. Auch hier ist im Qualitätsstandard unter den Implementierungshilfen ein Fragebogen mit gleichem Umfang wie bei den Kitas zu finden, ebenso ist eine Rezeptdatenbank integriert.


Beide Angebote liefern einen klaren Fahrplan, wie gesunde Ernährung in Kitas und Schulen funktionieren kann. Es wird nur Zeit, dass sich auch mehr Eltern für dieses Thema interessieren.


Wo stehen wir?
Auch in unserer Region regieren Großanbieter wie Sodexo, appetito, Dussmann oder RWS das Geschehen in der Kita- und Schulspeisung. Das an sich stellt kein Problem dar, solange sich Schulen und Eltern auch für das Thema interessieren. Denn auch Großanbieter können vertraglich zu einem gesunden und ausgewogenen Essen nach entsprechenden Qualitätsstandards verpflichtet werden – aber auch das muss kontrolliert werden. In unserer Region scheint aber schon das Interesse der Schulen nicht sonderlich ausgeprägt. So beteiligten sich trotz der aktuellen Diskussionen nur acht Schulen aus den Landkreisen SPN, OSL und EE am 23. Oktober am diesjährigen „Brandenburgischen Tag der Schulverpflegung“ – der Akteure der Schulverpflegung informieren und vernetzen sowie die Öffentlichkeit für eine gesunde Schulverpflegung sensibilisieren soll. Aus Cottbus war sogar keine einzige Schule dabei. Das spricht für sich.


Fazit
Das Essen in Kitas und Schulen ist grundlegend für die körperliche und auch geistige Entwicklung unserer Kinder. Eltern haben sehr wohl Möglichkeiten, hier auch zu kontrollieren und Veränderungen zu bewirken. Man muss es nicht gleich angehen wie die schottische Schülerin Martha, die ihr Schulessen täglich fotografierte und über einen Blog weltweit Millionen Menschen erreichte – aber die Möglichkeiten in der modernen Medienwelt sind vielfältig, wenn man Missstände angehen möchte. Zuallererst sollten Eltern sich aber informieren, was ausgewogene und gesunde Ernährung für Kinder anbelangt – dazu haben wir nachstehend einige Tipps für gute Seiten im Internet zusammen getragen:
Die Internetseite des aid-Infodienstes bietet die wohl umfangreichste Informationssammlung rund um Ernährung, Ernährungsbildung, aber auch Verbraucherschutz und die Erzeugung von Lebensmitteln. Im aid-Shop (aid.de/shop) erhalten Eltern viele teils sehr günstige Broschüren mit verständlichen und sehr praktischen Informationen zur gesunden Ernährung.