Die Monster unterm Bett

Datum: Samstag, 01. Oktober 2022 10:36

Alle Menschen haben sie schon mal erlebt – Angst. Natürlich bleiben davon auch Kinder nicht verschont. Jedes Alter bringt bestimmte Ängste mit sich, die mit den entsprechenden Entwicklungsstufen einhergehen. Sie gehören zu einer gesunden Entwicklung mit dazu. Bereits von Geburt an hat der Säugling Angst vor dem Kontaktverlust zu den Bezugspersonen. Ab dem 6. Monat tritt die typische „Fremdelphase“ auf. Jetzt kann das Kind zwischen vertrauten und fremden Personen besser unterscheiden und verspürt Angst oder Unsicherheit bei nicht vertrauten Personen. Zeitgleich wird das Baby in dem Alter langsam mobiler und möchte seine Umwelt erkunden und entdecken, das bringt natürlich Gefahren mit sich. Die Natur hat es sehr clever eingerichtet, dass sich gerade in dieser Zeit die Trennungsangst entwickelt. Sie dient zum Schutz, damit sich Kinder nicht zu weit von ihren Eltern/ Bezugspersonen entfernen, sondern wie ein unsichtbares Band miteinander verbunden sind. Wenn Eltern an einem sicheren Ort und entspannt sind, können sie ihren Nachwuchs ermuntern, die Umgebung zu erkunden. Falls dieser jedoch ängstlich reagiert, sollte nichts erzwungen werden. Aufmerksamkeit und Hilfe in Form von Körperkontakt und direkter Ansprache können bei der Überwindung der Angst helfen.

Im dritten Lebensjahr setzt das „magische Denken“ ein. Dies kann bis zum 6. Lebensjahr anhalten. Dabei sind Realität und Phantasie oftmals eng miteinander verwoben und lassen sich nicht voneinander trennen. Durch das „magische Denken“ ist alles möglich: Spielsachen werden lebendig, Dinge können schrumpfen oder wachsen, Kinder haben Superkräfte, der Sog des abfließenden Wassers in der Badewanne kann das Kind durch den Abfluss reißen, Glaube an Weihnachtsmann und Osterhase…. Verständlicherweise kann das alles nicht nur faszinieren, sondern auch ängstigen. In dieser Phase entstehen häufig Ängste vor Monstern, Ungeheuern, Hexen und Gespenstern, die in der Kinderwelt sehr real sind.

Kinder können noch nicht wissen, dass es sich bei Ängsten um Gedanken und Gefühlseindrücke handelt und diese auch steuerbar sind. Für sie ist es etwas Wesentliches (z. B. das Monster unter dem Bett), nicht Kontrollierbares und es ist nicht verhandelbar, ob es Angst hat oder nicht.

Um mit Ängsten umgehen zu können, benötigen Kinder Unterstützung von ihren Eltern, so dass sie eigene Selbstheilungskräfte bilden. Ein Kind mit seinen Ängsten alleine zu lassen, führt dazu, dass es kein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten entwickelt. Kinder brauchen einen „sicheren Hafen“, um mit Stress, Ängsten und Unsicherheiten umgehen zu können. Sie brauchen das Gefühl, dass sie mit ihren Gefühlen wahrgenommen und gehört werden. Nur so können sie wachsen und Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten gewinnen.

Wie können Eltern ihre Kinder bei Ängsten begleiten?

Die Ängste müssen von Eltern ernst genommen werden. Auch wenn sie für Erwachsene völlig unlogisch erscheinen, sind sie in den Augen der Kinder real. Es hilft auch nicht, Ängste zu negieren oder zu beschwichtigen, wie „Monster gibt es nicht“ oder „Du brauchst keine Angst zu haben“. Alle rationalen Argumente prallen einfach ab. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber. Auch bei realen Ängsten, wie z. B. Einbrechern oder Feuer, ist es besser, wenn Eltern anstatt eine Notlüge zu erfinden, die Realität in Abhängigkeit des Alters in dosierter Form mit einbeziehen.

Dem Kind die Ängste nehmen, können Eltern in der Regel nicht, aber sie können ihm beistehen und gemeinsame Lösungsstrategien entwickeln. Ein oft genutztes „Werkzeug“ ist das Monsterspray, das unter dem Bett, an der Tür oder vor dem Schrank versprüht wird, um das Ungeheuer zu verscheuchen. Kinder entwickeln mit ihrer Phantasie oftmals selbst sehr kreative Lösungsstrategien. Entweder wird ein feuerspeiender Drache aus Pappe gebastelt, der das Monster hinter dem Vorhang vertreibt, Hexen werden mit Hilfe von Gummibärchen aus dem Kinderzimmer gelockt, Stoppschilder versperren den Weg oder ein Zauberspruch hält das Wesen fern. Der Phantasie sind dort keine Grenzen gesetzt. So lernen Kinder Strategien kennen, wie sie mit Ängsten oder Unsicherheiten umgehen können. Man gibt dem Kind eine Art Werkzeug in die Hand, um das Problem selber lösen zu können.

Im Spiel verarbeiten Kinder ihre Erlebnisse. Eltern können ihre Kinder im freien Spiel beobachten und werden feststellen, welche Themen, Wörter und Gefühle immer wieder zum Ausdruck gebracht werden. Häufig spielen Kinder, die sich gerade mit Ängsten auseinandersetzen, den Auslöser nach. Mit Hilfe von Rollenspielen, Malen oder Kneten die Angstsituationen nachzuspielen, hilft, sich damit auseinanderzusetzen und die Angst zu überwinden.

Eine Kindheit ohne Angst ist nicht erstrebenswert. Angst ist ein Schutzmechanismus, der uns Menschen vor zu großen Risiken schützt. Ängste treten meist auf, wenn eine neue Entwicklungsphase eintritt – haben also etwas mit Fortschritt zu tun. Der Nachwuchs lernt, dass Angst zum Leben dazu gehört und wie damit umzugehen ist und kann daraus Selbstvertrauen gewinnen.

Sprechen Sie auch mit Ihrer Familienpat*in des Netzwerkes Gesunde Kinder über dieses Thema.

Quellen:
www.kindergesundheit-info.de 
www.eltern.de 
Elternzeitschrift „babyinfo“ 01/2019
Begleitheft zum Familienhandbuch des Netzwerkes Gesunde Kinder für ehrenamtliche Familienpatinnen und –paten

www.netzwerk-gesunde-kinder.de

www.kindersicherheit.de