Abstillen

Datum: Montag, 28. April 2025 16:07

Stilldauer allgemein

Das natürliche Abstillalter liegt beim Menschen zwischen 2,5 und 7 Jahren. In vielen menschlichen Gesellschaften wurden/werden die Kinder 3 bis 4 Jahre gestillt. Bis in die 2000er-Jahre hinein gab es hierzulande aufgrund mangelnder Informationen oft nur eine kurze Stilldauer von nur wenigen Monaten. Heute stillen immer mehr Mütter aufgrund der enormen gesundheitlichen Vorteile (u.a. Stärkung des Immunsystems für das Kind, Reduktion des Krebsrisikos für die Mutter) oft zwei Jahre oder länger, wie auch von der WHO empfohlen. Im Idealfall beenden Mutter und Kind im gegenseitigen Einvernehmen die Stillbeziehung.

Gründe fürs Abstillen

Irgendwann steht jede Mutter vor der Entscheidung, wann und wie sie abstillen möchte (Unterscheidung zwischen natürlichem, langsamem und plötzlichem Abstillen). Manche Frauen treffen ihre Entscheidung aufgrund persönlicher Gründe bereits vor der Geburt und sollten dies in der Klinik angeben, um direkt nach der Geburt eine Abstilltablette zu erhalten. Bei manchen Frauen klappt das Vollstillen nicht zu 100%, lohnt sich das Teilstillen trotzdem noch? Ja, das tut es und auch teilstillende Mütter können zusammen mit ihrem Baby auch eine wunderschöne Stillzeit genießen. Anders ist die Situation vielleicht z. B. wenn schon viele Stillversuche trotz eingehender Beratungen oder Behandlungen von Mutter und Kind überhaupt nicht gelingen (z. B. ständig wiederkehrende Brustentzündungen) und die Stillprobleme eine zu große psychische und körperliche Belastung darstellen.

Wenn die Beikost eingeführt wird (Die WHO empfiehlt Vollstillen für 6 Monate.) und das Baby feste Nahrung kennenlernt (z. B. über Baby-led-weaning (BLW)), wird genaugenommen schon langsam der Abstillprozess eingeleitet, der sich aber noch ein paar Monate oder sogar Jahre hinzieht, bis das Kind von allein das Interesse an der Brust verliert.

Lehnt ein Baby für ein paar Tage die Brust ab, kann dies durch einen Entwicklungsschub hervorgerufen sein oder durch einen Infekt, durch das Zahnen oder durch ein neues Parfüm der Mutter. Dies ist nicht als Abstillwunsch seitens des Kindes zu werten. Im Halbschlaf lassen sich Babys im Stillstreik häufig sehr gut an die Brust anlegen und i.d.R. nach ein paar Tagen ist auch diese Phase überstanden.

Manche Mütter etwas älterer Babys (z. B. fast einjährige Kinder, die nachts stündlich wach werden und wobei das Wiedereinschlafen nur mit Stillen gelingt) möchten evtl. nur nachts abstillen oder einfach längere nächtliche Schlafphasen, um erholter zu sein. Hierbei ist eine Beratung mit einer Still/Schlafberaterin zu empfehlen, die Wege erklären kann, wie das Baby nicht mehr so häufig aufwacht und die Nächte für die Mutter erholsamer sein können, ohne gleich komplett abzustillen. Wenn der Wiedereinstieg in den Beruf oder die Eingewöhnung in die Kita oder die Hochzeit der besten Freundin, bei der man mal wieder mit einem halben Glas Sekt anstoßen möchte, bevorsteht, muss deswegen nicht automatisch abgestillt werden. Im Gegenteil, Stillen ist auch mit veränderten Lebenssituationen vereinbar; kurze Stillpausen über ein paar Stunden können eingelegt werden.

Auch eine erneute Schwangerschaft kann, muss aber kein Abstillgrund sein; die Mutter und ihre Kinder praktizieren dann nach der 2. Geburt das sogenannte Tandem-Stillen. Letzten Endes müssen sich beide Seiten mit dem Stillen wohlfühlen. Manchmal machen es jedoch gesundheitliche (z.B. Chemotherapie) oder andere persönliche Gründe mitten in der Stillzeit erforderlich, plötzlich abzustillen.

Wie geht man beim Abstillen vor?

Dann können Stillmahlzeiten nach und nach entweder durch Flaschenmilch oder durch Beikost (nach dem 6. Monat) ersetzt werden, so dass sich die Brust an die verminderte Nachfrage gewöhnen kann.

Begleitend kann die Brust gekühlt werden. Bei Bedarf kann zur Vermeidung eines Milchstaus etwas Muttermilch von Hand gewonnen werden. Das Baby sollte nach dem Abstillen mit einem Muttermilchersatz (z. B. PRE-Milch) per Flasche gefüttert werden; hierbei ist auch eine bedürfnisorientierte Fütterung (nach Bedarf, Haut-zu-Haut-Kontakt) empfohlen. Muss die Mutter sehr plötzlich abstillen, kann sie sich von ihrer/m Gynäkolog*in beraten lassen und eine Abstilltablette erhalten.

Reaktionen und Folgen auf das Abstillen

Das Baby kann auf den Abstillwunsch der Mutter stark emotional reagieren und das Stillen vehement einfordern. Hier ist es ratsam, viel zu kuscheln, das Baby zu tragen und Körperkontakt zu ermöglichen. Eventuell kann ein Schnuller das starke Saugbedürfnis des Babys stillen. Nach dem Abstillen stellen die Brüste die Milchproduktion nach einem Monat komplett ein. Die Mutter kann ebenfalls nach dem Abstillen aufgrund der starken Hormonschwankungen verschiedene körperliche und psychische Folgen spüren: Manchmal kommt es zu Hautunreinheiten, Haarausfall, Schweißausbrüchen etc. – und zu Stimmungsschwankungen aufgrund des Abfallens der Wohlfühlhormone. Dies ist von Frau zu Frau verschieden. Mütter, die z.B. wegen einer OP oder Erkrankung abrupt mit dem Vollstillen aufhören müssen, haben meist schneller und stärkere Probleme.

Bei aufkommenden Fragen oder einer eventuellen Depression sollte Rat bei der Hebamme oder bei der/dem Gynäkolog*in eingeholt werden.

Eine Hebamme/Still-/Formulaberaterin kann in Bezug auf das Abstillen individuell beraten. Gern geben die Regionalnetzwerke Gesunde Kinder vor Ort weitere Auskunft oder Informationen über Beraterinnen in der Region.

Text: I. Gündel (Netzwerk Gesunde Kinder Dahme-Spreewald/DAIS-Stillbegleiterin)
Illustration: © Makiko/ Netzwerk Gesunde Kinder
Quelle: Reich-Schottky, Utta und Rouw, Ellien: Stillwissen – Theorie und Praxis; E.-Staude-Verlag, 2021

Neugierig geworden?

Dann besuchen Sie doch mal das Netzwerk Gesunde Kinder bei Ihnen vor Ort.

www.netzwerk-gesunde-kinder.de

www.still-lexikon.de/der-abstillprozess