
Unter anderem Apps können Kindern und Eltern bei der Bewältigung des Homeschoolings behilflich sein.
Homeschooling-Tools für Eltern
Bei den Tipps für Eltern richten wir uns nach den Herausforderungen der eingangs geschilderten Kompetenzfelder. So können Eltern für sich bewerten, in welchem Bereich sie bzw. ihre Kinder Stärken oder Defizite haben und wo neue Tools tatsächlich helfen können. Für einige Hinweise wird man sicher unterschiedliche Auffassungen finden, insofern wird hier praktisches Elternwissen bewusst vor manch pädagogischer Tradition der Vorzug gegeben.
Technische / Räumliche Kompetenzen
Als räumliche Umgebung wird in pädagogischen Empfehlungen immer ein separater Schreibtisch mit reichlich Armfreiheit, guter Ausleuchtung und möglichst wenig Ablenkung empfohlen. Eltern kennen ihre Kinder oft besser. Es nutzt nichts, ein Kind am Schreibtisch abzuparken, wenn es allein nichts macht oder ohne soziales Umfeld schlechter arbeitet. Es gibt inzwischen viele Konzepte mit bewegtem Lernen, die bei Kindern durchaus zu besseren Ergebnissen führen, wenn sie ihre Materialien in Nähe der Eltern auf dem Boden ausbreiten, sich zwischen verschiedenen Fächern und Aufgaben „bewegen“, auch mal auf den Balkon, auf die Terrasse oder in den Garten wechseln. Wichtig ist nur, dass vor und nach dem Lernen alles seinen Platz haben sollte: Bücher, Stifte, Material. Für Kinder, die sich leicht ablenken lassen und dann ihren Lernstoff nicht bewältigen, kann hingegen der Schreibtisch in ruhiger Umgebung die beste Lösung sein.
Bei technischen Kompetenzen sollten Eltern vor allem offen mit Lehrern und Schule umgehen. Wenn das Internet ruckelt, nur selten ein Rechner oder Laptop zur Verfügung steht, kein Drucker zum Ausdruck zugemailter Aufgabenblätter existiert – dann sollte man das nicht als persönliches Defizit empfinden, sondern offen mit der Schule darüber sprechen. Eltern sind nicht gezwungen, ihren Kindern ein eigenes Homeoffice einzurichten. Hier sind Lehrer und Schule konzeptionell gefordert. So kann es ein ebenso gutes Konzept sein, Aufgabenblätter per Papier zuzusenden oder zur Abholung in der Schule bereitzulegen und den regelmäßigen Austausch zwischen Lehrer, Schüler und Eltern per E-Mail und Telefon zu ermöglichen.
Pädagogische und fachliche Kompetenzen
Diese beiden Kompetenzfelder haben wir bewusst zusammengefasst. Hier geht es bei Eltern weniger um den eigenen Beitrag, wenn diese Kompetenzen für Lernsituationen der Kinder nicht ausreichend vorhanden sind. Spätestens, wenn Eltern bei Erklärungen genervt sind, laut werden oder mit ihren Kindern schimpfen, braucht es externe Hilfe. Es gibt inzwischen ausreichend Erkenntnisse, dass Kinder unter Druck schlechter lernen und eher nachhaltige seelische oder psychische Probleme aufbauen. Insofern können Eltern hier verschiedene externe Tools helfen:
Das Schulbuch: Oft lohnt ein Blick ins Schulbuch, viele von ihnen (aber beileibe nicht alle) sind besser als ihr Ruf. Vielleicht findet man die Dinge einfach und gut erklärt und geht mit seinem Kind selbst auf Entdeckungsreise? Das kann Kinder besonders anspornen – nichts wirkt mehr als das Vorbild der Eltern. Gemeinsame Erkenntnis kann zu doppelter Motivation führen. Zudem enthalten Schulbücher meist viele Sachaufgaben, die im Unterricht oft vernachlässigt werden. Dabei sind gerade diese Aufgaben wichtig für einen nachhaltigen und logischen Zugang zu vielen Themen.
Vernetzte Elternschaft: Oft gibt es in der Klasse oder im Bekanntenkreis Bezugspersonen mit besseren Kompetenzen – und wir erleben durch Corona Zeiten neuer Solidarität. Insofern kann man im ersten Schritt auch andere um persönliche Hilfe fragen.
Chats, Apps, Portale und Videos: Inzwischen steht für alle Alters- und Klassenstufen, vom Kleinkind bis zum Abiturient, ein umfangreiches Angebot an digitalen Helfern zur Verfügung. So können allein auf einer Plattform über 100 verschiedene Apps nach Fächern, Schulformen und Anwendungsbereichen gefiltert werden. Auf YouTube sind mehr Lehrer unterwegs als in mancher Großstadt. Einen kleinen Einblick über digitale Hilfen geben wir aufgrund ihres immensen Umfangs im folgenden separaten Abschnitt. Clevere Eltern und Schüler können auf jeden Fall fehlende pädagogische und fachliche Kompetenzen digital ersetzen.
Lerninstitute und Nachhilfen: Diese Möglichkeiten gibt es sowohl mit persönlichem Bezug bei regionalen Anbietern wie Studienkreis oder Schülerhilfe, aber auch bei vielen Onlineanbietern. In Zeiten der Kontaktbeschränkung bieten auch die regionalen Anbieter seriöse Onlinekurse an. Im Internet sollten Eltern vorsichtig sein: Hier gibt es sehr gute Lernplattformen, aber auch heftige Abzocke. Vor einem Abonnement also gut recherchieren – aber auch hierzu geben wir in unseren ausführlichen Informationen zu digitalen Helfern weitere Hinweise.
Organisatorische Kompetenzen
Hier können Eltern sicher am meisten Einfluss nehmen. Gemäß dem Spruch „Ordnung ist das halbe Leben“ kann gute Organisation auch das halbe Lernen sein. Im bisherigen Homeschooling gibt es für Wissenschaftler viele Hinweise darauf, dass genau jene Kinder besser klarkommen, die eine Arbeit mit freien Tages- und Wochenplänen gewohnt sind. Liebe Eltern, vergessen Sie den Stundenplan! Kinder, die sich daheim schwerfällig durch die Fächer gemäß der Schulstruktur schleppen, verlieren schnell die Motivation. Machen Sie stattdessen anhand der Lehrervorgaben mit ihren Kindern Wochenpläne, in denen die Lieblingsfächer ruhig etwas mehr Platz erhalten dürfen. Ist das Lernpensum an einem Tag früher absolviert, gibt es mehr Freizeit. Laut Prof. Felicitas Macgilchrist ist Homeschooling die Zeit, Stärken zu stärken. Vermeiden Sie, mit Ihrem Kind in Problemfächern durchs Tal der Tränen zu waten – hier sollte schon die pädagogische Kompetenz der Lehrer zum Zuge kommen. Folgende Aspekte können in die Planung einfließen:
Klar geregelter Tagesablauf: einfach in den Tag hinein zu leben, sollte vermieden werden. Stattdessen feste Aufstehzeiten definieren, möglichst zusammen frühstücken, Lernzeiten festlegen, Pausenzeiten berücksichtigen. Manche Schulen nehmen diesen Zeitplan den Eltern schon ab, indem sie Unterrichtszeiten für gestreamten Unterricht festlegen.
Ziele setzen: gemeinsam Lernziele setzen und auch Zeiträume einplanen, um Lernlücken zu schließen, wenn etwas mal nicht verstanden wurde. In diesen Zeiten sollten Eltern verlässlich ansprechbar sein.
Tipp für Eltern im Homeoffice: Fest vereinbaren, wann gemeinsame Lernzeiten stattfinden und sie angesprochen werden dürfen und wann sie Ruhe brauchen, um selbst konzentriert zu arbeiten. Zum Beispiel mit einer geöffneten oder geschlossenen Tür zum Arbeitszimmer: Ist die Tür offen, können die Eltern gern weiterhelfen. Ist die Tür zu, dann nur in absoluten Notfällen.
Eigene Projekte fördern: im täglichen Stundenplan können auch Zeiträume für die selbst gewählten Interessen der Kinder vorgesehen werden. Das trägt zur Motivation bei. Zum Beispiel Handwerken, ein Online-Programmierkurs oder ein Kochrezept lernen. Hauptsache, es macht dem Kind Spaß, wurde selbst gewählt und das Kind kann dabei etwas lernen.
Gemeinschaft ermöglichen: Soziale Kontakte stärken die Lernmotivation. Wenn Mädchen stundenlang am Smartphone chatten und persönliche Gespräche mit dem Erledigen des Lernstoffs verbinden, sollten Eltern diese Kommunikation keinesfalls unterbinden – selbst, wenn nur die Hälfte der Kommunikation mit der Schule zu tun hat. Hier sollten gerade für kontaktfreudige Kinder solche gemeinsamen Räume vorgesehen und nicht beschränkt werden – mit einem klar definierten Lernpensum wird das möglich. Es ist nicht schlimm, wenn das dann etwas länger braucht.
Der Bonus: Soziales Miteinander
Besonders wichtig, gerade wenn Kinder und Eltern viel zuhause sind, ist natürlich auch eine schöne, gemeinsame Zeit mit der Familie. Zeiträume, in denen das Lernen nicht im Fokus steht, sollten bewusst und gemeinsam gestaltet werden. Ob kochen, spielen, basteln, Filme gucken etc. – ein gutes familiäres Klima unterstützt den Lernerfolg immens. Viele Tipps hierzu finden Familien in der lausebande-Ausgabe April 2020 und auf www.lausebande.de.





