Das Aufholpaket

Datum: Donnerstag, 27. Mai 2021 16:31


Eltern sollten sich über neue Chancen für pandemiegeplagte Kids in den Ferien kümmern – das Aufholpaket macht viel möglich. Foto: freepik

Wie Eltern pandemiebedingte Defizite der Kinder in den Bereichen Bildung und Bewegung ausgleichen können.

Endlich: Die Sommerferien stehen vor der Tür – Wochen voller Spaß und Familienerlebnisse! Das ist für viele Familien nach zwei Schuljahren unter Pandemiebedingungen jetzt umso wichtiger. Das letzte Jahr hat bei vielen Kindern wie Eltern nicht nur zu enormen Belastungen geführt, sondern auch zu teils extremen Lernrückständen und motorischen Defiziten infolge des Bewegungsmangels. Um diese Defizite auszugleichen, hat die Bundesregierung ein sogenanntes „Aufholpaket“ im Wert von 2 Milliarden Euro beschlossen, das wir auf den folgenden Seiten näher erläutern. Kindern sollen dadurch schon in den bevorstehenden Sommerferien vielfältige Möglichkeiten von Ferienkursen über Feriencamps bis zu Schwimmkursen eröffnet werden.

Dass nunmehr 15 Monate Pandemie bei Kindern viele Spuren hinterlassen haben, beweisen viele Studien und Expertenbeiträge. Laut einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (COPSY-Studie) litt schon ein Jahr nach Beginn der Pandemie fast jedes dritte Kind an psychischen Auffälligkeiten. Die Ursachen sind vielseitig. Einerseits führten die Kita- und Schulschließungen, begleitet von der Überforderung vieler Eltern zwischen Homeoffice und Homeschooling zu Lernrückständen, andererseits verursachten Kontaktbeschränkungen und die Streichung vieler Freizeit- oder Vereinstätigkeiten physische sowie motorische Defizite. Der Anteil der Kinder mit Übergewicht und Adipositas hat selbst unter Klein- und Grundschulkindern stark zugenommen. Gleichzeitig hinterlässt die Trennung sozialer Kontakte bei heranwachsenden Kindern tiefe Spuren. Kinder- und Jugendärzte bewerten pandemiebedingte Folgen aus Bildungs-, Bewegungs- und sozialen Defiziten für Kinder deutlich gefährlicher als Folgen einer Covid-19 Erkrankung an sich. Aber auch viele Eltern, die Kinder rund um die Uhr beschäftigen mussten, fühlen sich erschöpft und aufgerieben. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts zeigt, dass diese mentale Überlastung der Eltern gleichermaßen auch auf die Kinder einwirkt.

Familien sollten also in den Sommerferien nach Möglichkeiten suchen, die Eltern Erholung verschaffen, während die Kinder ihre Defizite aufholen und soziale Kontakte mit Gleichaltrigen knüpfen können. Das Aufholpaket des Bundes kann mit Nachhilfeprojekten, aber auch vielfältigen Freizeitmöglichkeiten genau solche Lösungen bieten.

2 Milliarden – wofür?

Das Aufholpaket der Bundesregierung konzentriert sich auf vier Bereiche zur Förderung der kindlichen Entwicklung und Behebung pandemiebedingter Auswirkungen. Es startet bei der frühkindlichen Förderung in Sprach-Kitas. Weiterhin wird ein Nachhilfeprogramm in Kooperation mit außerschulischen Akteuren bezuschusst und in dem Zusammenhang die Mithilfe von Sozialarbeitern organisiert, um Kinder individuell zu unterstützen. Doch nicht nur der Lernrückstand soll aufgeholt werden, so werden auch die physischen und sozialen Defizite gemindert, indem Freizeitaktivitäten während der Ferien im vierten Bereich des Programms gestärkt werden. Das Aufholpaket soll Projekte, Organisationen und Verbände wie folgt fördern:

  • Zusätzliche Nachhilfeangebote (1 Milliarde Euro): Lernrückstände sollen gezielt aufgeholt werden, speziell die Kernkompetenzen der Hauptfächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen. Hierfür wird die Schule als zentraler Akteur gesehen, jedoch auch eine Vernetzung mit Angeboten durch lokale Anbieter ist möglich, welche auch während der Sommerferien Bildungsmöglichkeiten (Sommercamps oder Lernwerkstätten) bereitstellen.
  • Sprach-Kitas (100 Millionen Euro): Bundesweite Gründung von tausend neuen Sprach-Kitas für Kinder mit sprachlichem Förderbedarf, in denen die sprachliche Bildung in Zusammenhang mit Pädagogik und dem Umgang mit der Familie gefördert wird.
  • Bundesstiftung Frühe Hilfen (50 Millionen Euro): Informieren psychosozial belastete Eltern mit Kindern unter drei Jahren durch Angebote wie Elternkurse zur Sprach- und Ernährungsbildung.
  • Kinder- und Jugendplan (50 Millionen Euro): Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe, welches entsprechende Angebote lokaler Akteure unterstützt.
  • Familienferienstätten (50 Millionen Euro): Der Ferien-Aufenthalt für Familien in förderungsbedürftigen Lagen, von alleinerziehenden bis zu einkommensschwachen Eltern, wird bezuschusst.
  • Kinder- und Jugendfreizeiten (70 Millionen Euro): Hiermit können Vereine und Verbände mehr Freizeitangebote für Kinder- und Jugendbegegnungen anbieten und die eigene Infrastruktur stärken.
  • Programm „Kultur macht stark“ (50 Millionen Euro): Förderung außerschulischer Angebote im Bereich der kulturellen Weiterbildung für Kinder mit erschwertem Zugang.
  • Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (30 Millionen Euro): Bundesweite Unterstützung von ehrenamtlichen Projekten, speziell in Corona-Zeiten auch der Umstieg auf digitale Angebote.
  • Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus (10 Millionen): Die Arbeit der Mehrgenerationenhäuser soll beispielsweise mit Veranstaltungen das Wohn- und Lebensumfeld der jeweiligen Region attraktiver gestalten und sowohl den kulturellen als auch gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
  • Kinderfreizeitbonus (270 Millionen Euro): Kinder von Hartz-IV-Empfängern sollen einmalig 100 Euro zur Freizeitgestaltung erhalten.
  • Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (220 Millionen Euro): Unterstützung des Bildungssystems durch Zusammenarbeit mit verschiedensten gesellschaftlichen Institutionen und Begleitung der Kinder bei lokalen Bildungsangeboten.
  • Bundesfreiwilligendienst: Organisation von freiwilligen Helfern, welche die Kinder in der Schule oder in Projekten der Kinder- und Jugendhilfe lokal unterstützen und somit den Bildungsprozess begleiten.
  • Sozialarbeit, FSJ und FÖJ (220 Millionen Euro): Bereitstellung von Helfern, die die Kinder in der Schule oder anderen Bildungseinrichtungen individuell beaufsichtigen, damit sich Kinder beim Lernprozess nicht alleingelassen fühlen und ein weiterer Lernrückstand verhindert wird.
  • Schülerlabore (50 Millionen Euro): Förderung weiterer außerschulischer Angebote zur Weiterbildung in den Bereichen Technik, Sprachen, Wirtschafts- und Politikwissenschaften.


Durch das Aufholpaket wird also eine immense Vielzahl an Projekten bezuschusst, sodass es für Eltern aller sozialen Schichten nun auch lohnend sein kann, sich über Angebote – auch in den Sommerferien – zu informieren. Maßnahmen im Rahmen des Aufholpakets werden aktuell durch die jeweiligen Bundesländer erarbeitet, teilweise werden durch die Bundesländer zusätzliche Mittel bereitgestellt und unter Umständen weitere Maßnahmen ermöglicht. Im Ergebnis können sehr vielfältige Freizeitaktivitäten und Bildungsangebote für Kinder unterstützt und somit für Eltern vergünstigt werden. Bei vielen lokalen und regionalen Anbietern führt das Aufholpaket aktuell zur Planung neuer Vorhaben, sodass es sich durchaus lohnt, bei Jugendhilfe & Co., Lernwerkstätten, Schülerlaboren oder Sommer- und Feriencamps nach neuen Angeboten zu schauen, die nun zusätzlich durch das Aufholpaket angeregt werden. Am Ende des Beitrags verweisen wir auf ein neues Webportal, das für solche Angebote im Mai frisch ins Leben gerufen wurde.