Das Schlusslichtprogramm

Datum: Freitag, 28. Januar 2022 12:45


Das Erlebnistagbudget des Landes dürfte an mancher Schule nur für einen Mini-Floßbau gereicht haben. Foto: EvgeniiAnd, istock.

Schritt 1: 3.000 Euro für Wandertage

Im ersten Schritt erhielten alle Brandenburger Schulen pauschal 3.000 Euro, um damit Flöße zu bauen. Moment mal, wie bitte? Ja, tatsächlich ging es beim Aufholprogramm bis zum Herbst 2021 erst einmal um das soziale Miteinander aller Schülerinnen und Schüler. Schulen erhielten das Geld für Ausflüge oder Workshops, die die soziale Kompetenzentwicklung fördern sollen. Zu den Projekten zählten zum Beispiel „ein gemeinsamer Floßbau, der Besuch eines Gewaltpräventionstheaters, Teamtage oder ein Erlebniswandertag“, wie Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst mitteilte.
Das kann durchaus wertvoll sein – doch was kann mit 3.000 Euro im Maßstabb einer ganzen Schule schon Großartiges finanziert werden? An Schulen mit 150 Schülerinnen und Schülern entspricht das einem Budget von 20 Euro pro Kind, viele Schulen zählen mehr als 300 Schülerinnen und Schüler – hier könnte der Erlebniswandertag allenfalls aus einem Museumsbesuch oder kleinen Workshop vor Ort bestehen. Umso größer die Schule, desto kleiner die Möglichkeiten für jeden Einzelnen. Bei zwei- oder dreizügigen Schulen mit mehreren Hundert Kindern konnte so kein akzeptables Erlebnisangebot für alle finanziert werden. Entweder mussten die Eltern Geld zuschießen und/oder es konnten nicht alle Schülerinnen und Schüler beteiligt werden.

30 Prozent gingen leer aus!
Das war womöglich Anlass dafür, dass das Budget nicht von jeder Schule genutzt wurde, sondern nur von gut 70 Prozent aller Einrichtungen. Leider durften die Schulen von diesem Geld nicht selbst Projekte durchführen und umsetzen. Es war lediglich die Beauftragung externer Anbieter möglich. Für Schulen mit einem besonderen Konzept war durch diese Einschränkung möglicherweise kein geeignetes Angebot dabei. Die Ursache für diese Bedingung liegt darin, dass die Schulen keine Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind und daher keine Rechnungen stellen können.
Alles in allem wirken 3.000 Euro für jede Schule nett, doch aufgrund der pauschalen Aufteilung pro Schule profitieren kleine Schulen mehr als jene, die aufgrund hoher Schülerzahlen tendenziell stärker mit sozialen Defiziten zu kämpfen haben. Immerhin: Es konnte für einige Klassen schnell etwas bewirkt und ein gemeinsamer Ausflug finanziert werden.


Brandenburg: (fast) Bildungsschlusslicht: Im August 2021 veröffentlichte das Institut Neue Soziale Marktwirtschaft (INSW) den Bildungsmonitor 2021. Dieser verfolgt das Ziel, die Stärken und Schwächen einzelner Bundesländer herauszuarbeiten. Unter Einbeziehung zahlreicher Indikatoren vergab das INSW ein Gesamtrating für alle Länder: Brandenburg belegt den vorletzten Platz mit gewaltigem Rückstand auf die führenden Bundesländer Sachsen und Bayern. Interessant: In einer weiteren Befragung wurden die Lehrkräfte um eine Einschätzung des gegenwärtigen Leistungsstands der Schülerinnen und Schüler gebeten. Rund 47 Prozent sahen bei mehr als der Hälfte oder gar bei fast allen Schülerinnen und Schülern gravierende Lernrückstände. Der nächsten bundesweiten Vergleich der Bildungssysteme der Länder erwartet uns im Herbst 2022. Dann sollen die Ergebnisse vom IQB-Bildungstrend veröffentlicht werden. Der Schwerpunkt liegt auch hier darauf, wie sich die Pandemie auf die Lernstände der Schülerinnen und Schüler ausgewirkt hat. Erhoben wurden die Daten dafür kurz vor den Sommerferien 2021.