Das Schlusslichtprogramm

Datum: Freitag, 28. Januar 2022 12:45

 

Schritt 2: „Individuelle“ Förderung

Im Dezember 2021 begann die zweite Stufe des Nachholprogramms. Jetzt geht es nicht mehr um das gemeinsame Erleben im Klassenverbund, sondern um die Förderung von Schülerinnen und Schülern in kleinen Lerngruppen. Nun bezahlt das Land auch keine pauschalen Summen mehr an alle Schulen. Stattdessen dienen die Lernstandserhebungen vom Schuljahresbeginn als Grundlage für die Mittelvergabe. Diese zeichneten ein ernüchterndes Bild: Etwa jede vierte Grundschule stellte erhebliche Wissensdefizite bei ihren Schülerinnen und Schülern fest. Betroffen waren vor allem die Fächer Deutsch und Mathematik. Auch in weiterführenden und Förderschulen konnte im Vergleich zum Vorjahr eine Wissenslücke ausgemacht werden.

Schulen meldeten ihre daraus resultierten Bedarfsumfänge bei den Schulämtern an. Gleichzeitig registrierten sich geeignete Nachhilfeträger und soziale Einrichtungen für das Programm. Bis zu den Osterferien können Schulen nun die verbleibenden Mittel aus dem 23,4 Mio. Euro-Topf nutzen, um Nachhilfeangebote für ihre defizitären Schülerinnen und Schüler zu organisieren. Das Programm soll anschließend über die Osterferien hinaus bis 2023 fortgesetzt werden. Die Verteilung der Mittel soll dann je nach Bedarf nachgesteuert werden.

Problem Nummer 1: Belastung der Schulen
Die Art der Organisation in Verantwortung von Brandenburgs Bildungsminietrin Britta Ernst bringt das erste Problem mit sich, denn die Last liegt bei den Schulen. Sie müssen zwischen Nachhilfeanbietern und Eltern bzw. Schülerinnen und Schülern vermitteln, um sinnvolle Lerngruppen zu bilden. Die Wirkung des Nachholprogramms wird daher maßgeblich dadurch mitbestimmt, wie sehr die einzelne Schule überhaupt Ressourcen zur Verfügung stellen kann bzw. will, sich dem einzelnen Schüler und der einzelnen Schülerin zu widmen. Das ist für Lehrerinnen und Lehrer Arbeitszeit, die nicht unbedingt vorgesehen ist. Ohnehin herrscht derzeit ein enorm hoher Krankenstand, der den schon traditionell obligatorisch hohen Krankenstand der überalteten Lehrerschaft Brandenburg weiter steigert. An einem Teil der Schulen geht das Programm möglicherweise völlig vorbei, weil sie es aufgrund einer angespannten Personallage nicht schaffen, daran teilzunehmen. In genau diesen Schulen könnten leider gleichzeitig auch die größten Wissenslücken bei den Kindern entstehen. Die Kinder wären doppelt benachteiligt, Eltern in der Folge als „Ausputzer“ ebenso.