Lausitz-Mummy: Leise rieselt der Sand

Datum: Montag, 28. April 2025 17:32

Als die Sonne im März ihre ersten warmen Strahlen zu uns schickte, zog es die Kinder zum Spielplatz wie die Bienen zu den Frühblühern. Der erste Spielplatz-Ausflug in diesem Jahr hat nicht lange gedauert – vielleicht eine viertel Stunde – doch seine Nachwirkungen finden sich noch immer bei uns zu Hause. Denn natürlich brachten die Kinder jede Menge Dinge mit, die nicht ihnen gehören. Und damit meine ich weder fremde Schippen noch Kekse oder Mützen. Nein: Wir wurden beim Ankommen zu Hause mal wieder um reichlich Sandkörner bereichert. Beim Ausziehen von Schuhen, Sonnenmütze, Jacke und Hose rieselten sie ungefragt und ungebeten aus eben diesen Kleidungsstücken. Ich bin mir sicher, ein paar von ihnen konnten dem Staubsauger erfolgreich entwischen und haben sich irgendwo hinter oder unter dem Schuhregal verkrümelt. Ich bin mir ebenfalls sicher, dass sie nicht mehr lange auf neue Gefährten warten müssen.

Wenn ich all den Sand, den unsere drei Kinder in den vergangenen 13 Jahren von diversen Sandkästen, Spielplätzen und Stränden unfreiwillig mitgebracht haben, zusammengeklaubt und aufbewahrt hätte, könnte ich mit der Menge vermutlich einen kleinen Sandkasten füllen. Ich frage mich, wie oft die Verwaltungsmitarbeiter der Rathäuser und die Hausmeister in Kitas und Schulen Sandnachschub kaufen müssen. Vielleicht wäre eine Sandsteuer die Lösung. Diese wäre von Familien mit Kindern zu entrichten. Mit steigendem Alter der Kinder sinkt sie, bis der Nachwuchs dem Sandkastenalter entwachsen ist. Von dem Geld könnten Sandkästen aufgefüllt und falls etwas drüber bleibt, gleich noch das Haushaltsloch gestopft werden, das sich offenbar ähnlich dynamisch verhält wie Kindersand.

Übrigens stehen Badbetreiber vor dem gleichen Problem wir Sandkastenbeauftragte: Jedes Kind nimmt beim Planschen ungefragt etwa die Menge Wasser mit nach Hause, die in drei Gläser passt. Herausgefunden wurde das in einem feuchtfröhlichen Experiment. Für die Sendung „Frag doch mal die Maus“ durften 100 Kinder zwei Stunden ausgiebig in einem 9.000 Liter fassenden Schwimmbecken toben. Anschließend fehlten 1.150 Liter. Eltern wissen das bereits, da die Tasche mit den Badesachen und Handtüchern auf dem Heimweg vom Strand/Spaßbad deutlich schwerer ist als auf dem Hinweg.

Übrigens erhalten zumindest die Kitas und Schulen im Gegenzug für den Sandraub Tauschware, die vermutlich deutlich mehr Wert ist als die kleinen Körner: Socken, Handschuhe, Shirts, Mützen, Trinkflaschen, sogar Schuhe. Beim Blick auf die regelmäßig gut gefüllte Fundgrube in Kita und Schule staune ich jedes Mal aufs Neue, was Kindern zwischen Spiel und Spaß so alles abhandenkommt und was sie offenbar auch nicht vermissen.

Vermutlich kann ich unsere Kinder da nicht ausnehmen. Dafür haben sie in den vergangenen Jahren andere Schätze mit nach Hause gebracht: Federn, Stöcke, Muscheln (im Urlaub) und Steine: große und kleine, helle und dunkle, runde und kantige. Wenn ich die Wahl hätte zwischen all den ungebetenen Mitbringseln, wären mir Steine deutlich lieber als der Sand. Dann kann ich immerhin behaupten, ich sei steinreich. Aber ich fürchte, der nächste Sandkastenbesuch wird nicht lange auf sich warten lassen.

Kolumne von Anett Linke, Redakteurin der lausebande