
Return of Willi in the Kitchen: Interview mit Welterforscher, Kochbuchautor und Familienvater Willi Weitzel
Mit seiner Sendung „Willi wills wissen“ hat der Moderator und Abenteurer Willi Weitzel über Jahre Kinder (und ihre Eltern) klüger gemacht. Seit 2018 informiert er mit dem neuen Format „Gut zu wissen“ die ganze Familie über aktuelle Themen. Aktuell ist das vor allem Corona, das auch den Familienalltag im Hause Weitzel kräftig durcheinander wirbelt. Wir sprachen mit Willi über den neuen Alltag und darüber, wer in Zeiten von Homecooking zu Hause kocht und über eine mögliche Fortsetzung seines Buches „Willi kocht“.
Sie haben 2012 erstmals ein Kochbuch veröffentlicht, das mittlerweile in der 5. Auflage erschienen ist. Wie oft haben Sie selbst schon in das Kochbuch geschaut?
Wir haben in der Speisekammer ein kleines Bücherregal mit Kochbüchern und da wird es sehr oft rausgeholt. Ich habe ja damals schon gesagt, quasi als Hinweis für die Leser: Das ist ein Arbeitsbuch. Das ist nicht gemacht, um in der Ecke zu verstauben. Wenn da Flecken raufkommen oder Notizen drin stehen, dann ist das ganz in meinem Sinn. Das ist bei unserem Exemplar nicht anders. Aber mittlerweile sind uns so viele Rezepte in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir das Buch gar nicht mehr brauchen.
Welches zum Beispiel?
Das Ratatouille ist sehr beliebt. Auch die K.O.-Suppe (Karotten-Orangen-Suppe, Anmerkung der Red.) steht bei uns hoch im Kurs.
Bei unserem letzten Interview war Ihre Tochter vier und half gern in der Küche. Mittlerweile haben Sie drei Töchter (3, 5 und 12) – ist das gemeinsame Kochen da immer noch so entspannt?
Naja, das habe ich damals relativ entspannt sagen können, denn da musste ich ja nur auf ein messerschwingendes Kind achten. Die Große ist mittlerweile zwölf und da lässt das Interesse am Kochen etwas nach, es sei denn, sie hat die Küche für sich allein. Die Mittlere wiederum steht auch total gern allein in der Küche und kocht dann nach ihrer Fantasie. Sie weiß zum Beispiel, dass man für Pfannkuchen Milch, Mehl und Eier braucht. Die rührt sie dann nach Gefühl zusammen. Und überraschenderweise schmecken diese Zufallskuchen dann auch noch richtig gut.
Weist die Familienküche Weitzel eine besondere Ausstattung auf, damit die Kinder mitkochen können?
Tatsächlich etwas Besonderes ist der Medizinball, der nun schon seit Jahren zur Grundausstattung unserer Küche gehört. Ursprünglich war er mal zum Sport machen gedacht. Aber dann haben ihn die Kinder als Fußhocker genutzt. Dort stellen sie sich bis heute drauf, um an die Arbeitsplatte zu kommen. Mittlerweile sieht er dank zahlreicher Pudding- und Soße-Flecken aus wie so ein altes Exemplar aus einer Sporthalle. Außerdem hat jedes Kind ein eigenes Messer und Kochlöffel in seiner Größe. Zum Essen sitzt jedes Kind auf seinem eigenen Trip-Trap-Stuhl – jeweils in unterschiedlichen Farben.
Wie bekommt man die unterschiedlichen Essensvorlieben von fünf Familienmitgliedern unter einen Hut bzw. auf einen Tisch?
Es ist ein Spagat. Unsere Große zum Beispiel möchte, seit sie ein Aquarium hat, dass kein Fisch mehr auf den Tisch kommt. Es gibt keine „Extrawurst“, wir kochen zu jeder Mahlzeit nur ein Gericht, aber dieses besteht in der Regel aus mehreren Komponenten, die – ganz wichtig: nicht vermischt – auf den Tisch kommen und dann kann sich jeder nehmen, was er mag. Und wenn trotzdem partout nichts dabei ist, dann gibt’s halt ein Butterbrot.
Sie kennen also auch die Mäkelphasen, in denen es nur Nudeln geben darf?
Ja, das ist bei uns nicht anders als in anderen Familien. Ich glaube, da hilft nur Geduld. Zum Glück haben wir Kinder, die den Mut haben, wenigstens mal zu probieren, auch wenn sie es dann gleich wieder angewidert aus dem Mund schieben.
Und worauf können sich alle einigen?
Das sind – wie vermutlich in fast allen Familien – die Nudeln. Das wurde noch befördert durch die Corona-Krise. Als es losging, saßen wir in Togo fest und wussten nicht, wann wir ausfliegen könnten. Auf den Rat der deutschen Botschaft hin haben wir uns dort mit Nudeln bevorratet und davon zehren wir bis heute.
Wie läuft denn eine typische Familienmahlzeit bei Ihnen ab – sind die Tischregeln eher locker oder eher streng?
Es gibt die Regel, dass wir unsere Mahlzeit mit einem Tischgebet beginnen. Gerade aktuell ist das für unsere Mittlere ein wichtiger Anker, weil sie das aus dem Kindergarten kennt. Eigentlich soll das Essen erst nach dem Tischgebet beginnen. Das klappt aber nicht mit drei Kindern am Tisch, die sich wie die Hyänen aufs Essen stürzen. Außerdem sind wir etwas spießig und achten darauf, dass keine Ellenbogen auf dem Tisch sind und dass beim Essen niemand aufsteht. Aber das klappt leider auch nicht so ganz.
Was ist Ihr Lieblings-Familien-Rezept?
Für mich ist das Sellerieschnitzel eine ganz tolle Entdeckung. Das schneide ich mit dem Messer oder der Brotschneidemaschine in Scheiben, paniere es, brate es in der Pfanne und lasse es dann noch 15 bis 20 Minuten im Ofen durchgaren. Das ist für mich ein total leckeres Erlebnis, auch weil ich versuche, Fleisch aus unserer Küche zu verdrängen. Und die Kinder mögen es.
Obwohl es aus nicht aus Fleisch, sondern aus Sellerie ist?
Das wissen sie nicht und das merken sie auch gar nicht.
Wer räumt nach dem Kochen die Küche auf, Sie, Ihre Frau oder die Kinder?
Unser Ritual ist es, dass abends einer die Küche aufräumt und einer die Kinder ins Bett bringt. Das ist für mich nur im Wechsel zu ertragen, weil ich nicht gerne aufräume. Wenn Sie meine Frau gefragt hätten, dann würde sie vermutlich antworten, dass sie meistens die Küche aufräumt.
Ist Ihnen ein Gericht auch einmal völlig misslungen?
Ja, das passiert mir regelmäßig. Ich liebe zwar das überraschende Kochen, das Ausprobieren neuer Rezepte. Aber im stressigen Alltag setze ich das dann doch nur selten um. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich ganz der Ernährer-Mentalität verhaftet bin, meiner Familie eine gute Beute liefern zu müssen. Wenn meine Frau am Tisch sitzt und sagt: „Das schmeckt überhaupt nicht“, geht das an mein Ehrgefühl. Und es ist auch nur ein schwacher Trost, wenn meine Frau auf meine Ausrede „Mein Schatz, isch bin so verliebt in disch, dass isch es versalzen `abe.“ nur müde lächelt.
Und gibt es andererseits ein Gericht, bei dem Sie die Begeisterung Ihrer Familie überrascht hat?
Meine große Stunde schlägt, wenn meine Frau in den Kühlschrank guckt und sagt: „Heute gibt’s nichts zu essen, es ist nichts mehr da.“ Dann zaubere ich quasi aus Nichts doch noch etwas.
Verraten Sie uns Ihren Zaubertrick?
Durch einen afrikanischen Freund habe ich gelernt, mit Ingwer und Knoblauch in der Küche zu hantieren. Dieser Geschmack schafft eine Grundstimmung, in der jedes Essen schmeckt.
Viele Familien müssen derzeit täglich kochen. Was empfehlen Sie, damit aus Kochlust nicht Kochfrust wird?
Ich glaube, das wichtigste ist es, fünfe gerade sein zu lassen und wenigstens ein Mal pro Woche zum Lieblingsitaliener zu gehen und sich dort etwas abzuholen. So machen wir es im Moment. Manchmal durchbreche ich den monotonen Alltag durch verrückte Aktionen wie Piratenschmaus. Ich verkrieche mich dann mit den Kindern unter Deck, also unterm Küchentisch und dort essen wir dann eine Tüte Backerbsen auf. Oder Brot mit Zatar. Das ist eine Mischung aus wildem Thymian, geröstetem Sesam und Olivenöl, die ich mal aus dem Libanon mitgebracht habe. Ich will damit nur zeigen, dass man nicht jeden Tag aufwendig kochen muss und trotzdem tolle Erlebnisse schaffen kann. [...]
Aktuell kochen Familien wieder mehr miteinander – ist eine Fortsetzung Ihres Kochbuchs geplant?
Spannende Frage. Vielleicht ist das ja eine gute Idee: Der Return of Willi in the Kitchen. Der Verlag hat schon angefragt, ob nicht noch ein Backbuch drin wäre. Ich finde das eine gute Idee, weil bisher wenig Ofenrezepte drin sind. Aber wahrscheinlich braucht das noch ein paar Jahre, bis die Jüngste größer ist. Im Moment fehlt mir einfach die Zeit dafür.
Wie sehr hat Corona Ihren Familienalltag in den letzten Wochen verändert?
Wir haben im Januar begonnen, einen Kinofilm zu drehen. Jetzt im Mai und Juni wäre ich also viel für Dreharbeiten in Deutschland und Amerika unterwegs gewesen. Außerdem hätte ich Vorträge gehalten. So bin ich aber nun viel zu Hause. Zum Glück habe ich im Bayrischen Rundfunk meine regelmäßige Sendung „Gut zu wissen“. Dafür bin ich gerade sehr dankbar. Gern würde ich mich zwischendurch aufs Sofa legen und eine Corona-Depression ausleben. Aber sobald ich mich aufs Sofa lege, turnen mindestens zwei Kinder auf mir herum.
Wie erklärt Willi, der alles wissen will, Kindern das Virus?
Selbst ich habe da ehrlich gesagt Schwierigkeiten. Ich versuche es als ansteckende Krankheit zu erklären, vor der wir uns schützen müssen. Andererseits ist derzeit nichts, so wie es war und das ist für Kinder schwer greifbar. Das sehe ich an unserer Mittleren: In den Augen einer Fünfjährigen ist die Welt aus den Fugen geraten. Vielleicht sollten wir nicht so sehr betonen, was uns genommen wurde. Derzeit ist es wichtiger, das Gute aufzuzeigen: Wir haben jetzt nämlich ganz viel Zeit als Familie.
Sie sind Vater von drei Kindern und haben in den vergangenen Jahren dennoch weitere Sendungen und Projekte angestoßen – sehnen Sie sich manchmal nach Entschleunigung?
Ich bin ein langsamer Mensch. Insofern bin ich froh, dass derzeit alles etwas langsamer läuft. Schnell kochen geht ja auch nicht. Wenn ich die Herdplatte gleich auf 9 stelle, ist das nicht das selbe, wie sie für fünf Minuten auf Stufe 5 zu stellen und die Pfanne gleichmäßig zu erhitzen. Insofern genieße ich die Zeit ein Stück weit und mache mir Gedanken, was ich im Leben eigentlich will und brauche. Zugleich sehe ich aber im Freundeskreis, wie die wirtschaftliche Krise Existenzen bedroht.
Wenn Sie sich zum Abschluss ein 3-Gang-Menü wünschen dürfen, was können wir servieren?
Seit einer Indien-Reise liebe ich indisches Essen. Insofern würde ich als Vorspeise Papadam (Fladenbrot mit Soße) oder Dal (indische Linsensuppe) wählen, als Hauptspeise indisches Curry, gern vegetarisch, denn das können die Inder besser, und als Nachspeise kandierte Fenchelsamen, dazu am liebsten ein Mango-Lassi.
Vielen Dank für das Gespräch.
Willi kocht – das Familienkochbuch

Während sich die meisten Kochbücher an Erwachsene oder Kinder richten, gelingt es Willi Weitzel, beliebte Familienrezepte so darzustellen, dass Groß und Klein in der Küche mithelfen können. Gemeinsam mit Profikoch Jürgen Füssl sind tolle Schritt-für-Schritt-Anleitungen entstanden, die es ermöglichen, den Nachwuchs spielerisch und altersgerecht einzubinden.
Willi kocht: Kinderleichte Rezepte für Groß und Klein, 128 Seiten, mit ca. 40 Farbfotos,
18 €, ISBN: 978-3-517-08785-6
Verlosung: Wir verlosen fünf Kochbücher von Willi auf unserer Facebookseite:





