"Pink Vader"

Datum: Montag, 03. Dezember 2012 08:10


Was ist heute noch typisch Junge, typisch Mädchen?

Cover1Ball und Ballett

Blau vs. Rosa. Bagger vs. Barbie. Das eine ist für Jungen und das andere für Mädchen, das weiß doch jeder. Die einen spielen Fußball, die anderen tanzen Ballett. Typisch Mädchen und typisch Junge eben. Doch gibt es das wirklich, dieses Typische? Und was ist dann untypisch? Wie sollten sich Jungen und Mädchen verhalten und wieso sollten sie überhaupt? Und was machen Eltern, wenn sie der Meinung sind, dass irgendetwas untypisch ist? Sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern genetisch bedingt, hausgemacht oder nur in unserer Wahrnehmung vorhanden? Unzählige Wissenschaftler und Experten haben sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt. In den Sozialwissenschaften wurde dafür der Begriff der „Gender Studies“ eingeführt.

Gender... was?
Der amerikanische Psychologe und Sexologe John Money führte den Begriff Gender erstmals in die wissenschaftliche Auseinandersetzung ein. Gender beschreibt Geschlechtermerkmale in Abgrenzung zum biologischen Geschlecht, dem fachsprachlich sogenannten Sex. Das heißt, darunter fällt alles, was von der Gesellschaft in einem Kulturkreis als typisch männlich bzw. typisch weiblich angesehen wird. Beispiele dafür sind: Mädchen tragen Kleider und Röcke, Jungen nicht (abgesehen von den Schotten), Mädchen schminken sich, Jungs höchstens zum Fasching.


„Der Begriff Geschlechtsrolle (gender role) wird benutzt, um all jene Dinge zu beschreiben, die eine Person sagt oder tut, um sich selbst auszuweisen als jemand, der oder die den Status als Mann oder Junge, als Frau oder Mädchen hat.“ (Money, 1955)


Money wollte damit eine Begrifflichkeit finden, die das Erleben und Empfinden von Menschen beschreiben kann, die ohne ein eindeutiges biologisches Geschlecht geboren wurden. Mit diesem Fachbegriff sollte es möglich sein, dem einen oder dem anderen Geschlecht zugeordnet zu werden und sich dem zugehörig fühlen zu können.
Doch warum diese Unterscheidungen? Die rein biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind mehr als offensichtlich. Wenn in diesem Zusammenhang von „Typisch männlich und typisch weiblich“ die Rede ist, fallen äußerliche Merkmale wie der Bartwuchs oder Brüste ins Auge. Egal wie viel oder wenig von diesen Merkmalen beim jeweiligen Geschlecht gegeben ist, sie sind vorhanden und beim anderen im Regelfall nicht. Diese Unterschiede sind also gegeben und ohne (medizinische) Fremdeingriffe nicht veränderbar. Das erklärt aber noch nicht, warum Jungs vermeintlich lieber mit Baggern und Mädchen mit Barbies spielen. John Money ging davon aus, dass Kinder sich erst ab dem dritten Lebensjahr ihrem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen. Um diese Theorie zu beweisen, unternahm er ein ethisch äußerst fragwürdiges Experiment. Er ließ an einem fast zwei Jahre alten Jungen eine Geschlechtsumwandlung durchführen. Dem Kind wurde nichts von diesem Eingriff mitgeteilt und die Eltern zogen es als Mädchen auf. Dieses Experiment scheiterte jedoch auf ganzer Linie: Das Kind wollte sich einfach nicht wie ein Mädchen verhalten – es mochte Bagger, keine Barbies. In späteren Lebensjahren wurde es von seiner Geschlechtsumwandlung in Kenntnis gesetzt. Er änderte seinen Namen in einen Jungennamen und nahm sich im Alter von knapp vierzig Jahren das Leben. Dieses Experiment konnte also in keiner Weise die Theorie Moneys bestätigen und wirft generell viele Fragen auf. Was aber deutlich wird ist, dass es nicht einfach ist von „typisch Junge, typisch Mädchen“ zu reden.
Heutzutage wird weitestgehend davon ausgegangen, dass es sich bei der Typisierung von Geschlechtern nicht nur um den Einfluss von Genen oder der Entwicklung des Gehirnes, sondern in größtem Umfang um Sozialisationseinflüsse handelt, also die Prägung eines Menschen durch sein Umfeld.