Lausitz Originals

Datum: Dienstag, 28. März 2023 15:01


In Witaj-Kitas werden Kinder spielerisch an die sorbische Sprache und Kultur herangeführt. Foto: Witaj-Sprachzentrum

Witaj – sorbische Bildungslandschaft

Eines der bisher wichtigsten und wohl auch erfolgreichsten Projekte für die Förderung der sorbischen Sprache ist das Witaj-Konzept. Es wurde vor 25 Jahren in der Lausitz etabliert. „Witaj“ ist sorbisch und heißt „Willkommen“. Mit Witaj lernen Kinder in Kitas und Schulen die sorbische Sprache – unabhängig von ihrer Muttersprache. Wie intensiv sie die Sprache lernen, hängt vom Konzept der Einrichtung ab. Es gibt Kindergärten, deren Alltag komplett in sorbischer Sprache stattfindet und Kindergärten, bei denen nur einzelne Gruppen sorbisch sprechen. Die Pädagogen sind entweder sorbische Muttersprachler oder haben die sorbische Sprache erlernt. In Kitas wird häufiger das Immersionsprinzip angewandt. Sorbisch ist in diesen Einrichtungen Alltagssprache, die Kinder lernen die Sprache spielerisch nebenbei, nicht verschult wie im klassischen Fremdsprachenunterricht. Sie eignen sich die Sprache so an, wie sie als Kleinkind ihre Muttersprache erlernt haben, durch beobachten, hören und selbst sprechen. Derzeit lernen etwa 5.000 Kinder in Kitas und Schulen sorbisch. Damit sind alle Kinder gemeint, die Sorbisch entweder auf muttersprachlichem Niveau oder Sorbisch nur als Fremdsprache lernen. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren erfreulicherweise stabil geblieben, obwohl die Bevölkerungszahlen rückläufig waren.

Eine große Herausforderung für das Witaj-Konzept ist der Mangel an Lehrkräften, der natürlich auch den Sorbisch-Unterricht betrifft. Dawid Statnik: „Klar ist: ohne sorbischsprachige Lehrerinnen und Lehrer gibt es keine sorbischen Schulen. Das gleiche gilt für den Bereich der Kitas. Demnach ist das eine der größten Herausforderungen, mit denen wir derzeit zu kämpfen haben.“ Er hat mehrere Stellschrauben im Blick, an denen gedreht werden müsste: So könnte man die Studienprogramme an den Universitäten noch stärker unterstützen. Bereits heute gibt es Erleichterungen für Studienbewerber, die Sorbischkenntnisse vorweisen können. In der Fachsprache nennt man das „positive Diskriminierung“. Damit versucht der Staat bewusst Gruppen zu fördern, die es sonst durch Quoten oder Einstellungstests schwerer haben. Doch Statnik weiß auch: „Natürlich funktioniert das nur, wenn man auch genügend Bewerberinnen und Bewerber hat, die die sorbische Sprache beherrschen. Hier haben wir zweierlei Herausforderungen: Sowohl den Fachkräftemangel, als auch den Mangel an genügend Sprecherinnen und Sprechern.“ Daher müsse noch mehr im Bereich des Spracherwerbs unternommen werden, einerseits an den Schulen. Darüber hinaus müssten aber noch mehr Angebote für all jene geschaffen werden, die die sorbische Sprache erst später erlernen. Hier sind in den vergangenen Jahren viele neue digitale Angebote entstanden. Auch Sprachkurse haben zugenommen. „Wir stellen fest, dass hier viel Bereitschaft herrscht, uns aber die Angebote fehlen“, so der Domowina-Vorsitzende: „An sich ist das kein rein sorbisches Problem. Auch andere Regionen und Minderheitensprachen stehen vor diesen Herausforderungen. Wichtig ist hierbei den Blick zu weiten und zu schauen, was hat wo funktioniert.“


Die Witaj-Einrichtungen vermitteln alles rund um Trachten und Traditionen der Sorben. Foto: Witaj-Sprachzentrum

Besonders viele Witaj-Einrichtungen gibt es in der sächsischen Oberlausitz, seinen Ursprung hat das Konzept aber in Brandenburg: Im Cottbuser Ortsteil Sielow wurde 1998 die erste zweisprachige Kita der Lausitz etabliert. Zunächst begann man mit einer sorbischen Kindergruppe, heute wird an der gesamten Einrichtung mit allen Kindern sorbisch gesprochen. Mittlerweile gibt es in der Lausitz mehr als 40 Kitas und ebenso viele Grundschulen mit sorbischsprachigem Angebot. Ergänzt wird das um etwa ein Dutzend weiterführende Witaj-Schulen. So wird es Kindern im Idealfall ermöglicht, vom Krippenalter bis zum Schulabschluss zweisprachig aufzuwachsen. Da Witaj-Einrichtungen keine besonderen Zugangsvoraussetzungen haben und anderen Kitas und Schulen rechtlich gleichgestellt sind, stehen sie allen Sorbisch-Interessenten, Sprachbegeisterten und natürlich Muttersprachlern offen.

Zum Witaj-Konzept gehört neben dem Vermitteln der Sprache auch die Kultur. Die Kinder lernen die sorbischen Bräuche kennen, studieren die Vogelhochzeit ein, tragen sorbische Gedichte und Lieder vor, lernen die sorbischen Trachten kennen.