Leistungssport oder Breitensport?
Für die meisten Kinder ist und bleibt der Vereinssport ein schöner Ausgleich zur Schule, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, eine gute Möglichkeit, um in Bewegung zu bleiben. Für manche aber steht der Leistungsgedanke im Vordergrund. Wenn Kinder das Talent, das Interesse und die Leistungsbereitschaft dafür zeigen, spricht nichts dagegen, den Sport auf Profiniveau zu betreiben. Das heißt ganz praktisch: vier bis sechs Mal pro Woche Training, regelmäßige Teilnahme an Meisterschaften, Wettkämpfen und Turnieren – auch weiter weg und im Ausland. Wenn das Kind diesen Weg wählt, muss die ganze Familie dahinter stehen. Die Eltern müssen die regelmäßige Teilnahme am Training und an Wettkämpfen ermöglichen, andere Hobbys nebenher sind dann kaum möglich. Auch die Zeit für Treffen mit Freunden außerhalb des Vereins ist begrenzt, gemeinsame Familienausflüge müssen hinten anstehen. Der Verein wird zur zweiten Familie. Umso wichtiger ist es, dass Schutz- und Präventionskonzepte im Verein umgesetzt werden. Hier sollten Eltern konkret nachfragen. Denn eben weil Kinder im Leistungssport so viel Zeit im Verein und abseits anderer sozialer Bereiche verbringen, ist hier das Risiko für Missbrauch tendenziell höher. Damit die schulischen Leistungen nicht leiden, sind Absprachen bzw. Kooperationen zwischen Schule und Verein möglich und bei Vereinen mit Leistungssportlern und Kaderathleten üblich.
An folgenden Kriterien erkennen Eltern eine gute Talent- und Leistungsförderung:
- systematische Talentsichtung und Talentförderung
- ausgebildete Trainer und Trainerinnen
- Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie Schulen
- soziale und pädagogische Maßnahmen bzw. Projekte
- sportmedizinische und Ernährungsberatung
- Missbrauchs- und Dopingprävention
Der jüngste Kinder- und Jugendsportbericht, der 2020 veröffentlicht wurde, beklagt eine Tendenz hin zu weniger Leistungsanspruch. Der Leistungsgedanke im Kinder- und Jugendsport gehe zunehmend verloren, so die Autoren. Stattdessen seien gesundheitliche Aspekte für Eltern wichtiger. Etwa ein Drittel der Sportvereine im Kinder- und Jugendbereich engagiert sich im Leistungssport und in der Talenteförderung, wobei Sachsen und Brandenburg mit 30 Prozent eher im unteren Bereich liegen. Spitzenreiter sind Baden-Württemberg und Bremen mit 40 Prozent. In der Regel kostet der Mitgliedsbeitrag in diesen Vereinen etwas mehr, da durch Wettkämpfe und intensiveres Training deutlich mehr Kosten anfallen. Wer sich für Leistungssport entscheidet, ermöglicht seinem Nachwuchs exklusive Erfahrungen wie das Messen mit Kindern und Jugendlichen aus aller Welt, sportliche Erfolge, den Umgang mit Niederlagen, die Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen.
Auch im Breitensport können Kinder Medaillen und Pokale gewinnen, sich über Erfolge freuen. Die meisten Sportvereine beteiligen sich am Ligaspielbetrieb, an Wettkämpfen und Turnieren – nur eben auf regionaler Ebene und nicht auf nationaler oder gar internationaler. Und dafür reicht es dann, wenn nur zwei bis drei Mail wöchentlich trainiert wird.
Wie finden wir den passenden Sportverein?
Neben der Frage, welche Sportart es sein soll und ob es zum Leistungs- oder zum Breitensport geht, spielen folgende Aspekte eine wichtige Rolle, wenn es um die Suche nach dem passenden Sportverein geht: Zum einen soll das neue sportliche Hobby Spaß machen. Es ist eine Aktivität in der Freizeit, die je nach Alter und Intensität bis zu fünf Nachmittage pro Woche in Anspruch nimmt. Daher ist es wichtig, dass das Kind Freude daran hat, kurzzeitige Phasen der fehlenden Motivation mal außen vor gelassen. Ob der gewählte Sport Spaß macht, zeigt sich unter Umständen nicht erst nach zwei oder drei Schnupperstunden, sondern vielleicht erst nach einem halben Jahr, wenn erste Wettkämpfe absolviert und vielleicht verloren wurden, das Training auch mal bei schlechtem Wetter stattfand oder für das Turnier ein geplanter Familienausflug ins Wasser gefallen ist. Wenn das Kind dann trotzdem noch mit Eifer dabei ist, dann hat es offenbar den richtigen Sport und Verein gefunden. Wenn die Lust aufs Training dann deutlich nachlässt, sollten Sie gemeinsam nach Alternativen schauen.
Zweitens sollte es menschlich passen. Ein gutes Miteinander unter den Vereinskameraden, aber auch zwischen Trainern und Kindern ist wichtig, damit das Kind dauerhaft dran bleibt. Training und Wettkämpfe funktionieren nur, wenn alle Kinder ordentlich mitmachen, sich an die Regeln halten und sich kameradschaftlich verhalten. Insofern ist es ganz normal und wichtig, wenn die Trainerin streng ist und klare Ansagen macht. Allerdings kann und sollte das mit Empathie für die Kinder einhergehen. Wir empfehlen, dass Sie als Eltern gelegentlich beim Training zuschauen, dort bekommen Sie einen guten Eindruck vom Miteinander im Verein. In manchen Vereinen und Trainingsgruppen sind Eltern auf der Zuschauerbank nicht erwünscht. In diesem Fall können Sie um eine Ausnahme bitten oder öffentliche Wettkämpfe und Turniere nutzen. Gut aufgestellte Vereine lassen ihre Trainerinnen und Übungsleiter regelmäßig qualifizieren und realisieren einen konsequenten Kinder- und Jugendschutz über ein entsprechendes Konzept bzw. eine verantwortliche Person im Verein.
Drittens muss die Logistik berücksichtigt werden. An welchen Tagen ist Training, wie oft sind Wettkämpfe bzw. Turniere, wie kommt das Kind dort hin? All das muss mit den Terminen der Eltern und vielleicht auch der Geschwister koordiniert werden. Insbesondere wenn die Kinder noch jünger sind und nicht allein zum Training fahren können, braucht es hier Unterstützung. Nicht zuletzt begrenzt die Zahl der Angebote im Heimatort die Auswahl des Sportvereins. Wenn es unbedingt Basketball sein soll, das aber nur im 20 Kilometer entfernten Nachbarort angeboten wird, müssen Sie als Familie abwägen, ob Sie die weite Anfahrt in Kauf nehmen oder nach einer Alternative suchen.
Um herauszufinden, ob es für alle Seiten passt, sollten Familien unbedingt das Angebot des Schnuppertrainings nutzen. Das bieten im Grunde alle Vereine an, die meisten kostenfrei, manche gegen Gebühr. Idealerweise kann das Kind drei bis vier Einheiten zum Probetraining kommen, bevor es in den Verein eintritt.
Keine Lust mehr? Wie man trotzdem dranbleibt
Das Phänomen kennen vermutlich viele Eltern: Erst ist das Kind mit Begeisterung dabei und schon nach ein paar Wochen heißt es: „Ich hab keine Lust mehr.“ Zum Trost: Das kann Ihnen bei jedem Hobby passieren, nicht nur beim Sport. Dass Kinder nicht jede Woche hochmotiviert zum Training gehen, sondern auch mal eine Phase haben, in der die Lust aufs Nichtstun überwiegt, ist ganz normal. Wenn die Phase nur ein oder zwei Wochen anhält, können Sie getrost darüber hinweg sehen. Wichtig ist aber, dass das Kind trotzdem zum Training geht. Denn auch das lernen Kinder beim Sport: Disziplin und Verbindlichkeit. Hält die Unlust über mehrere Wochen an, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Kind suchen und nachfragen. Liegt es am Trainer, an den Mitspielern, gab es vielleicht eine Serie von Misserfolgen? Ist das Kind mit neuen Übungen oder Trainingseinheiten überfordert, ist es vielleicht unterfordert? Macht der Wechsel in eine neue Altersklasse oder Trainingsgruppe Sorgen? Suchen Sie am besten das Gespräch unter sechs Augen – gemeinsam mit dem Trainer oder der Trainerin. Statt gleich das Handtuch zu werfen, können Sie gemeinsam einen überschaubaren Zeitraum vereinbaren, in dem das Kind weiter trainiert, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird. Vielleicht liegt dem Junior eine andere Sportart besser. Kinder sollen sich ausprobieren und verschiedene Hobbys testen. Studien belegen, dass vor allem Jugendliche relativ häufig den Verein wechseln und neue Sportarten ausprobieren. Damit trotzdem eine gewisse Verbindlichkeit für alle gegeben ist, könnten Sie folgende Vereinbarung mit Ihrem Kind treffen: Du bleibst jetzt mindestens ein halbes (oder ein ganzes) Jahr in dem Verein. Wenn du dann wirklich nicht mehr willst, suchen wir gemeinsam etwas Neues. Druck und Zwang werden auf Dauer nicht funktionieren. Wenn das Kind wirklich nicht von sich aus möchte, wird es keine guten Leistungen bringen und nur widerwillig am Training teilnehmen.
Kosten & Ausrüstung
Je nachdem für welche Disziplin sich der Nachwuchs entscheidet, wird das Hobby das Familienbudget mehr oder weniger stark in Anspruch nehmen. Zum einen wird ein monatlicher Mitgliedsbeitrag fällig, einige Vereine verlangen zudem eine einmalige Aufnahmegebühr. Die Mitgliedsbeiträge machen bei Sportvereinen gut die Hälfte aller Einnahmen aus, sind somit die wichtigste finanzielle Einnahmequelle. Damit finanzieren die Sportvereine die Miete bzw. den Unterhalt für die Sportstätte, die Fahrten zu den Wettkämpfen und Turnieren, die Trikots und Sportgeräte und nicht zuletzt Schiedsrichter und Trainerin, von denen sich viele ehrenamtlich engagieren. Der Mitgliedsbeitrag liegt bei mindestens 5 bis 10 Euro pro Monat, kann aber je nach Sportart deutlich höher sein. Einige Sportvereine bieten einen Geschwisterrabatt an. In Brandenburg zahlen Kinder und Jugendliche im Schnitt 5 Euro monatlich, Erwachsene 10 Euro.
Dazu kommen eventuell noch die Kosten für die Fahrten zum Training, beispielsweise fürs Busticket oder die Spritkosten fürs Elterntaxi. Ein ebenfalls nicht kleiner finanzieller Posten sind die Ausgaben für die Ausrüstung: Das kann das Vereinstrikot sein, das Tutu, der Bogen, der Handball, die Reitstiefel, der Hockeyschläger. Teilweise werden diese Dinge vom Verein gegen eine geringe Leihgebühr gestellt oder man muss sie selbst anschaffen. Da Kinder noch wachsen, fallen diese Kosten immer wieder dann an, wenn eine neue Kleider- bzw. Schuhgröße notwendig ist. Hier kann es sich lohnen, nach gebrauchter Ausrüstung zu schauen. Die finden Eltern im Internet, auf Flohmärkten oder am einfachsten im Verein. Dort gibt es jede Menge andere Eltern, die ebenfalls regelmäßig aussortieren müssen. Manche Vereine organisieren Tauschbörsen.
Familien mit kleinem Budget können bei der Familienkasse der Arbeitsagentur einen Antrag auf Kinderzuschlag stellen. Wer den bekommt, hat auch Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes. Darin wird unter anderem auch eine monatliche Pauschale gezahlt, wenn das Kind im Verein ist.





