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Interview :: Seite 43

kennen, ist sehr hilfreich. Spätestens mit dem Thema

der Diplomarbeit war übrigens auch klar, dass ich für

einen normalen Beruf schon lange verloren gewesen

bin. Mich hat immer nur die Unterhaltung interessiert.

Apropos Unterhaltung: bei der Serie „The Mentalist“

hilft mit Patrick Jane quasi ein Bruder in Ihrem Sin-

ne bei der Aufklärung von Verbrechen. Wurden Sie

schon einmal von der Polizei um Hilfe gebeten?

Ich

bin schon oft um Hilfe gebeten worden. Das hat in

den letzten zwei bis drei Jahren aber abgenommen,

weil ich eine solche Polizeiarbeit kategorisch ab-

lehne. Was ich mache, gehört auf eine Bühne, auch

wenn das in einer TV-Serie anders dargestellt wird.

Man muss auch sagen, dass die TV-Serie ungefähr

so realistisch ist wie James Bond. Das ist eben auch

pure Unterhaltung. Ich wurde allerdings schon öf-

ter für Vorträge bei Polizei oder Spezialkräften der

NATO gebucht. Letzteres war für mich eine ganz be-

sondere Erfahrung. Die Vorträge drehten sich meist

um Konfliktvermeidung, wie man also durch die

richtige Wortwahl Konflikte erst gar nicht aufkom-

men lassen oder sich in entsprechenden Situationen

richtig verhalten kann. Das fand ich sehr spannend.

Mich hat stark überrascht, dass die Methoden aus

der Zauberkunst oder der Alltagspsychologie, mit

denen ich mich auseinandergesetzt habe, bei vielen

Spezialisten der Polizei und Bundeswehr nieman-

dem bekannt waren. Ich dachte, ich erzähle denen

längst bekannte Sachen. Dabei kam nach einem

Vortrag ein Unterhändler zu mir, der in Extremsi-

tuationen wie Geiselnamen die Verhandlungen am

Telefon führt, und fand meine Ausführungen total

spannend. Das hat mich überrascht und gleichzeitig

inspiriert, davon mehr in den Vorträgen zu erzäh-

len. Ich bin heute nicht nur mit meiner Show auf der

Bühne unterwegs, sondern halte auch viele Vorträge

vor Unternehmen, der Polizei oder der Bundeswehr.

Das hat sich auch in den Büchern niedergeschlagen.

Warum nennen Sie sich eigentlich Gedankenle-

ser und nicht Mentalist?

Es ist schwer, überhaupt

einen passenden Begriff zu finden. Zu sagen, das

wäre nur Körpersprache oder nur Hypnose oder nur

Mentalist – welchen Begriff auch immer sie neh-

men wollen, das wäre immer am Thema vorbei. Es

gibt keine Schublade für das, was ich mache. Ich

empfinde das als große Freiheit. Außerdem konnten

die Menschen damals mit „Mentalist“ noch gar

Sie spielen in Ihrer Show mit der Überraschung und

auch dem scheinbar Übersinnlichen, dem in vielen

anderen Bereichen ein Hauch Scharlatanerie anhaf-

tet. Wieviel Gaukelei steckt denn in Ihrer Gedanken-

leserei?

Es geht in meiner Show um Unterhaltung.

Ich habe nie vorgegeben, übersinnliche Kräfte zu

haben. Ganz im Gegenteil. Es hat ja auch nicht alles,

was ich mache, nur mit Körpersprache zu tun. Man

kann es aber auch nie auf einfache Tricks reduzie-

ren, denn es steckt viel Wissen und Methodik dahin-

ter. Das gebe ich den Leuten auch mit, ohne durch

einige Einblicke die Überraschung zu verderben.

Diese Mischung macht den Reiz aus. Das Ergebnis

sind zwei Stunden mit viel Staunen, in denen man

sich in eine andere Welt entführen lassen kann.

Begonnen haben Sie im Jugendalter mit der Zaube-

rei. Hätte Ihr Bruder Ihnen damals keinen Zauber-

kasten hinterlassen, was wäre dann aus Ihnen ge-

worden?

Musik hat mich immer sehr interessiert und

auch die Schauspielerei zählte lange zu meinen Be-

rufswünschen. Es ist aber schwer zu sagen und rein

hypothetisch, was ohne den prägenden Tod meines

Bruders und die Beschäftigung mit seinen Zauberei-

Utensilien aus mir geworden wäre. Vielleicht wäre

ich auch wie mein Vater Zahnarzt geworden.

Was zum Entertainment passt: Sie haben neben dem

Studium der Sprachwissenschaften auch eine Come-

dy-Diplomarbeit zum Thema „Wissen und Witz“ ge-

schrieben, was steckt denn dahinter?

Das hat mich

damals einfach interessiert. Ich habe während mei-

nes Studiums in Amerika die Sitcom „Seinfeld“ gese-

hen und fand sie unglaublich lustig. Ein Jahr später

sah ich das bei uns auf Deutsch und habe gemerkt,

dass es überhaupt nicht komisch war, obwohl die

Übersetzung durchaus passte. Es lag nämlich daran,

dass man es gar nicht übersetzen kann. Das fand ich

sehr spannend und wollte wissen, warum man ge-

wisse Dinge nicht einfach von einer Kultur auf eine

andere übertragen kann. Das führte mich zu einer

Diplomarbeit, die sich mit der Funktion von Humor,

seinen Hintergründen und verschiedenen Wirkungs-

mechanismen auseinander setzte.

Hilft Ihnen heute das Wissen, wie Humor funktio-

niert?

Na klar. Man kann natürlich ganz anders da-

mit spielen. Man muss sich nicht immer nur auf sein

Bauchgefühl verlassen. Prinzipien und Regeln zu

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