Titelthema :: Seite 29
zusammenkommt. Das ist nicht immer selbstver-
ständlich, wenn beide Eltern arbeiten, die Kinder
im Sportverein oder bei der Musikschule sind. An-
gesichts des eng getakteten Alltags in vielen Fami-
lien ist es umso wichtiger, dass sie sich eine Stunde
am Tag frei halten für eine gemeinsame Mahlzeit.
Umfragen zeigen, dass sich diese Familienmahlzeit
immer mehr auf den Abend verlagert. Wochentags
fehlt für ein ausgiebiges Frühstück oft die Zeit, das
Mittagessen nehmen die Eltern in der Kantine oder
im Büro zu sich, die Kinder in der Kita oder Schu-
le. Was bleibt, ist das gemeinsame Abendbrot. An
den Wochenenden versammeln sich Familien mit
älteren Kindern gern zu einem Brunch am Tisch,
der Frühstück und Mittag vereint. Es kommt auch
gar nicht so sehr darauf an, welche Mahlzeit nun
alle Familienmitglieder an den Küchentisch lockt.
Hauptsache es passiert überhaupt und halbwegs
regelmäßig. Von gemeinsamen Mahlzeiten profi-
tieren alle Familienmitglieder – große wie kleine.
Sie geben Sicherheit und Geborgenheit, sie bieten
Zeit und Raum für Beziehung und Erziehung.
Wie eng Essen und Erziehen miteinander verwo-
ben sind, zeigt ein Blick in die Sprachgeschichte:
In vielen westlichen Sprachen wurden die Wörter
„Ernährung“ und „Erziehung“ lange mehr oder
weniger synonym verwendet, hatte das Nähren
und Ernähren immer auch eine erzieherische Be-
deutung, im Begriff „Aufzucht“ wird das noch heu-
te deutlich. Erst im 18. und 19. Jahrhundert kamen
eigene Wörter für Erziehung auf und der Aspekt
der Ernährung verschwand aus der Wortbedeu-
tung. Noch heute belegen Redewendungen den
engen Zusammenhang von ernähren und erziehen:
den Wissensdurst stillen, die Weisheit mit Löffeln
fressen, Bücher verschlingen, jemanden mit Wis-
sen füttern, Wissen häppchenweise verabreichen.
Einfluss gemeinsamer Mahlzeiten auf die
Entwicklung von Kindern
Der Mehrwert ist in jedem Fall gegeben. Eine US-
amerikanische Studie von 2007 kommt zu dem
Warum wir uns wenigstens ein Mal am
Tag gemeinsam mit den Kindern am
Esstisch versammeln sollten. Ein Plä-
doyer für die Familienmahlzeit.
Um die Tischmanieren und die Kommunikation in-
nerhalb der Familie scheint es heutzutage schlecht
bestellt. Sogar Papst Franziskus bemerkt in seiner
jüngsten Veröffentlichung „Amoris laetitia“, dass
die Digitalisierung nicht nur Segen bringe. In Kapitel
7 zur Erziehung der Kinder mahnt er an, dass die ge-
meinsame Zeit der Familie leide, „wenn zur Essens-
zeit jeder mit seinemMobiltelefon herumspielt“.
In der Tat haben sich der Alltag und damit auch
die Mahlzeiten von Familien in den vergangenen
Jahrzehnten stark gewandelt. Der Snack zwischen-
durch ist so beliebt, dass eine ganze Branche da-
von leben kann. Die Reiswaffel im Buggy, die Pom-
mes beim Zoobesuch, das belegte Brötchen vorm
nächsten Geschäftstermin. Ist das schlimm oder
gar schädlich? Da sich kaum jemand ausschließ-
lich von Snacks und Fertigessen ernährt, braucht
man diese nicht per se zu verdammen. Problema-
tisch sind die beliebten Snacks aber aus zwei Grün-
den: Erstens sind es selten „gesunde“ Snacks wie
eine rohe Möhre oder ein paar Radieschen. Zwei-
tens braucht ein gesunder Erwachsener, der sich
nicht übermäßig viel bewegt, nicht mehr als drei
Mahlzeiten täglich. Kinder dagegen können die mit
der Nahrung aufgenommene Energie noch nicht
so lange speichern und können bis zu fünf Mahl-
zeiten täglich auf dem Speiseplan stehen haben.
In der Praxis heißt das: Für den Nachwuchs darf
es zum Vesper auch mal ein Kuchen oder eine Ba-
nane sein. Mama und Papa sollten auf den Kuchen
lieber verzichten oder aber ihn als Nachtisch nach
dem Mittag essen.
Aber da Essen heutzutage oft genug nur Neben-
sache ist, sollte es wenigstens ein Mal am Tag zur
Hauptsache werden – zur Familienmahlzeit. Sie
garantiert, dass die gesamte Familie ein Mal täglich
Redaktion:
Anett Linke
»
Backe backe Kuchen ...
Alles rund um die gesunde Familien-Mahlzeit.




