Titelthema :: Seite 30
wenn man die Zutaten vermengt. Dass Äpfel am
Baum wachsen, Johannisbeeren am Strauch und
Kartoffeln unter der Erde. Dass Birnen erst reifen
müssen und nur wenige Wochen im Jahr frisch zur
Verfügung stehen. Dass aus einem kleinen Samen-
korn bei richtiger Pflege ein Radieschen wird.
Wer einen Garten oder Balkon hat, kann gemein-
sam mit den Kindern Erdbeeren, Tomaten, Peter-
silie anpflanzen. Wem der Garten fehlt oder nur
der grüne Daumen, der kann im Kleinen zeigen,
wie aus einem Samenkorn etwas zu essen wird:
Kresse kann jeder pflanzen – ganz ohne Geschick
und sogar ohne Blumenerde, dafür mit Gelingga-
rantie. Einfach ein paar Samen auf Küchenkrepp
verteilen, regelmäßig gießen und schon nach einer
Woche kann die Beilage für Suppen, Kräuterbutter
oder Salat geerntet werden. Darüber hinaus kann
man den nächsten Familienausflug zum Tag der
offenen Tür auf dem (Bio-)Bauernhof, in der Mos-
terei, beim Imker, in der Molkerei oder beim Bäcker
planen, um zu zeigen: So entsteht, was später auf
dem Teller landet.
Das gemeinsame Am-Tisch-Versammeln stärkt die
Familienbindung, das Zusammengehörigkeitsge-
fühl. Wer von früh an die Geborgenheit am Famili-
entisch kennen und schätzen gelernt hat, wird sie
auch im Teenager-Alter noch suchen. Eine Studie
zur Jugendesskultur von 2011 zeigt, dass Jugendli-
che sich auch dann noch zu einem gemeinsamen
Mahl dazu setzten, wenn sie satt waren. Sie such-
ten diese Gemeinsamkeit und die Kommunikation.
In der Studie steht auch: Etwa jeder zweite Jugend-
liche setzt sich mindestens ein Mal zur Familie
täglich an den Esstisch. Das heißt aber auch, dass
knapp die Hälfte der Jugendlichen nur gelegent-
lich oder gar nicht mehr (2%) an Familienmahlzei-
ten teilnimmt. Da das Essen häufig für Gespräche
genutzt wird, stärkt die Familienmahlzeit sogar
die Redegewandtheit der Kleinen. Schlussendlich
kann das tägliche Abendbrot um halbsieben ein
Ankerpunkt im Alltag der Kinder sein, denen feste
Tagesabläufe und Strukturen gut tun, sie geben ih-
nen Halt und Orientierung,
Zahlen zum Thema
Drei von vier Familien bauen einen solchen Anker
in ihren Alltag ein. 2008 befragte Forsa im Auf-
Ergebnis: Kinder, deren Familien häufig gemein-
sam Mahlzeiten einnehmen, sind seltener überge-
wichtig und greifen im Teenageralter seltener zu
Zigaretten und Alkohol. Zudem ernähren sie sich
insgesamt ausgewogener und gesünder. Das liegt
zum einen daran, dass bei gemeinsamen Familien-
mahlzeiten meist gesündere Lebensmittel auf den
Tisch kommen, als in der Kantine oder beim Sna-
cken zwischendurch. Zum anderen legen Eltern,
denen gemeinsame Mahlzeiten wichtig sind, auch
sonst Wert auf eine gesunde Lebensweise, was
sich im Idealfall auf den Nachwuchs überträgt.
Wenn Kinder von Beginn an lernen, wie man ge-
sund und lecker kocht, ist die Wahrscheinlichkeit
höher, dass sie als Teenager und Erwachsene nicht
zu oft zur Tiefkühlpizza oder Fertiglasagne greifen.
Der Mehrwert für die Gesundheit ist ein wichtiger
Aspekt von Familienmahlzeiten. Ein zweiter Plus-
punkt: die sozialen Effekte. Kinder lernen am Ess-
tisch auch Ess-, Gesprächs- und Alltagskultur. Die
ganz Kleinen lernen durch das Abgucken von den
Großen grundlegende Dinge, wie das Benutzen
von Messer und Gabel.
Durch die Familienmahlzeiten können wir unse-
ren Kindern Werte vermitteln. Kinder lernen den
Wert von Lebensmitteln kennen und schätzen.
Gerade für jüngere Kinder ist es wichtig, dass sie
vom Einkauf bis zum Abräumen miteinbezogen
werden. Sie lernen dabei fast nebenbei, was es
mit Ernährung und Lebensmitteln auf sich hat. Sie
lernen, wie sie sich bei Tisch zu verhalten haben,
wie Lebensmittel zubereitet und gegessen werden,
wie wir mit Pflanzen und Tieren umgehen wollen,
was Lebensmittel kosten, dass Essen und Gesund-
heit eng miteinander zusammenhängen. Dass die
Art des Anbaus von Gemüse oder die Haltung von
Tieren Einfluss auf die Qualität der Lebensmittel,
auf unsere Gesundheit und auf die Umwelt hat. Sie
erfahren, dass die Milch nicht aus dem Tetrapack
kommt. Dass Wasser blubbert und irgendwann
verdunstet, wenn es kocht. Dass Brot aus Mehl ge-
macht wird und Mehl aus Getreidekörnern. Dass
man Sahne schlagen muss. Dass man Eier rühren,
braten, kochen, backen, stocken, pochieren kann.
Dass man nicht nur mit Salz und Pfeffer dem Essen
die richtige Würze geben kann. Dass Dill anders
schmeckt und aussieht als Petersilie. Dass Nudeln
gekocht besser schmecken als roh. Dass aus Ei-
ern, Mehl und Butter ein geschmeidiger Teig wird,




